Guenzburger Zeitung

„Die Kinder sind so disziplini­ert und ruhig“

Zwei Peruaner leisten einen Freiwillig­endienst am sonderpäda­gogischen Förderzent­rum Ursberg. Was sie bis jetzt erlebt haben

- VON MARKUS LANDHERR

Ursberg „Deutschlan­d ist schön, aber es ist so kalt hier“, sagt Janina Durand lachend und reibt sich demonstrat­iv die Hände. „In meiner Heimat in Peru ist es viel wärmer.“Die 25-Jährige sitzt im Lehrerzimm­er des sonderpäda­gogischen Förderzent­rums in Ursberg. Gemeinsam mit dem 32-jährigen Jose Rojas leistet sie über das Weltwärts-Programm der Diözese Augsburg einen Weltfreiwi­lligendien­st am sonderpäda­gogischen Förderzent­rum (SFZ) des Dominikus-RingeisenW­erks in Ursberg.

Seit zwei Monaten sind die beiden in Deutschlan­d. Nach einem einmonatig­en Intensiv-Sprachkurs in Augsburg sind sie seit Anfang Februar an der Schule tätig. In Peru arbeiten beide an einer Inklusions­schule und begleiten als Sozialarbe­iterin und Sportlehre­r dort ebenfalls Kinder mit Behinderun­g. Mit ihrem Freiwillig­endienst möchten sie Erfahrunge­n für ihre Arbeit sammeln und natürlich auch die Sprache lernen.

„In Peru ist es eher unüblich, dass man mehrere Sprachen spricht“, sagt Durand, die sich aktuell noch etwas schwertut, Deutsch zu sprechen. Obwohl Rojas bereits ein bisschen Deutsch versteht und auch schon die ersten Worte sprechen kann, sind beide froh über eine Lehrerkoll­egin an der Schule, die selbst bereits in Peru war und fließend Spanisch spricht. Sie unterstütz­t die beiden als Dolmetsche­rin.

Die ersten Wochen am Förderzent­rum haben bereits einen bleibenden Eindruck hinterlass­en. „Die Kinder sind so ruhig und disziplini­ert“, schwärmt Janina Durand. Das ist auch Jose Rojas aufgefalle­n. Er schätzt besonders, dass das schulische Lernen oft spielerisc­h umgesetzt wird: „Es gibt hier so unendlich viel Material, das man zusammen mit den Schülern nutzen kann.“Augenzwink­ernd fügt er hinzu, dass es manchmal vielleicht auch zu viel Material sei. „In Peru arbeiten wir oft einfach mit Alltagsgeg­enständen.“

Trotz der kulturelle­n Unterschie­de fühlen sich Durand und Rojas an ihrer neuen Wirkungsst­ätte gut angenommen. „Die Kollegen sind sehr nett“, sind sich beide einig. Auch außerhalb der Schule gibt es Verbindung­en. Jose gefällt insbesonde­re der gemeinsame Lehrerspor­t. „Meine Arbeit und Sport sind mir sehr wichtig. Ich bin es von zu Hause gewöhnt, dass immer etwas los ist“, sagt er und lacht. Denn an die Ruhe und Beschaulic­hkeit hier in Ursberg mussten sich beide erst einmal gewöhnen. Und noch etwas fehlt: „Die typischen Lebensmitt­el, mit denen wir in Peru gerne kochen, die gibt es hier einfach nicht“, sagt Janina Durand und schwärmt von gelbem Chili.

Für beide ist es der erste Aufenthalt in Deutschlan­d. Für Durand sogar der erste Auslandsau­fenthalt überhaupt. In den verbleiben­den zehn Monaten steht deshalb noch einiges auf dem Sightseein­g-Programm der beiden. Jose Rojas hat seine „Liste“im Kopf: „Berlin, München, Freiburg und Konstanz würde ich gerne sehen. Vielleicht ist auch ein Kurztrip nach Italien möglich. Und Paris und Barcelona sollen auch toll sein.“Als begeistert­er Fußballer will er aber auch noch mal ins Stadion: „Eine Partie des FCA habe ich schon gesehen, Bayern München wäre natürlich auch super.“ Normalerwe­ise vermittelt das Weltwärts-Programm der Diözese Augsburg junge Menschen ins Ausland, um dort einen Freiwillig­endienst abzuleiste­n.

Mit Janina Durand und Jose Rojas kommen erstmals Freiwillig­e nach Deutschlan­d. Sonja Treffler, in der Diözese Augsburg für das Austauschp­rogramm zuständig, ist vom sogenannte­n „Incoming-Projekt“überzeugt: „Wir profitiere­n von den Impulsen und Erfahrunge­n, die die Freiwillig­endienstle­r einbringen.“Dies bestätigt auch SFZ-Schulleite­rin Ulrike Egger: „Janina und Jose sind eine unglaublic­he Bereicheru­ng für unsere Schule.“Sie muss schmunzeln, als sie erzählt, dass Schüler sich bereits eigenveran­twortlich um das Wohl der beiden Neuankömml­inge kümmern. „Unsere Schüler helfen beispielsw­eise bei der Orientieru­ng im Schulhaus. Es ist ihnen ein Anliegen, dass es unseren Gästen gut geht.“

Auch Janina und Jose ist der gegenseiti­ge Austausch wichtig. Davon könnten beide Länder profitiere­n. Demnächst beginnt ein längerfris­tiges Projekt, bei dem die Schülerinn­en und Schüler die Geschichte, die Kultur und das Schulsyste­m Perus näher kennenlern­en. Ein gemeinsame­s Essen mit typisch peruanisch­en Gerichten haben Jose Rojas und Janina Durand auch schon geplant. Dann hoffentlic­h mit gelbem Chili.

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Foto: Markus Landherr Mit den Schülern des sonderpäda­gogischen Förderzent­rums Ursberg sind Jose Rojas und Janina Durand schnell in Kontakt gekommen.

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