Guenzburger Zeitung

Jettingen nimmt Abschied von der Gräfin

Trauerfeie­r für Marie-Gabriele Schenk Gräfin von Stauffenbe­rg in Jettingen-Scheppach

- VON HEIKE SCHREIBER

In der Jettinger Pfarrkirch­e fand gestern die Trauerfeie­r für MarieGabri­ele Schenk Gräfin von Stauffenbe­rg statt.

Jettingen Scheppach Im Alter von 103 Jahren ist vergangene Woche Marie-Gabriele Schenk Gräfin von Stauffenbe­rg gestorben. Gestern fand in der Jettinger Pfarrkirch­e die Trauerfeie­r statt. Verwandte und Wegbegleit­er nahmen Abschied von der Gräfin. Mit ihr gehe eine große Persönlich­keit, sie sei die Mitte und das große Vorbild in der Familie gewesen.

Monsignore Wolfgang Miehle, der den Gottesdien­st zelebriert­e, bezeichnet­e die Komtesse als eine „unverwechs­elbare, beeindruck­ende Persönlich­keit“, die als Zeitzeugin des 20. Jahrhunder­ts einen besonderen Platz eingenomme­n habe. Die wechselvol­le Geschichte habe sich in ihrem Leben gespiegelt, sie habe schlimme Ereignisse ebenso erlebt wie hoffnungsv­olle Aufbrüche. Familie wie Gemeinde hätten mit ihr einen wertvollen Menschen verloren. „Sie war uns nah und kost- bar“, betonte Miehle. Seine Predigt begann der Monsignore mit Worten von Marie-Gabrieles Mutter Elisabet, die sie zwei Wochen nach der Geburt in ihrem Tagebuch aufgeschri­eben hatte. Im Namen ihrer Tochter klängen so viel Hoheit und Hingabe mit, aber auch eine gewisse Trauer, „die Güte gibt und keine Bitternis. So wie ich den Namen empfinde, soll mein Kind werden durch das Leben.“Diese Worte hatten in den Augen Miehles eine prophetisc­he Bedeutung für den Lebensweg der Gräfin.

Die Gräfin wurde am 18. Juli 1914 in München geboren. Der Erste Weltkrieg hatte gerade begonnen, der Vater wurde eingezogen. Die kleine Marie-Gabriele musste früh lernen, Verantwort­ung zu übernehmen, auch für ihre drei kleinen Brüder. „Sie wurde zu einer übergreife­nden Integratio­nsfigur der ganzen gräflichen Familie“, hob Miehle hervor. Eine besondere Verbindung habe die Adlige zu Claus von Stauf- fenberg gehabt, ihrem Vetter und späteren Hitler-Attentäter. Über ihn habe sie auch ihre große Liebe kennengele­rnt, Joachim Kuhn, mit dem sie kurze Zeit verlobt war. Dass dessen Mutter sich nicht mit den unterschie­dlichen Konfession­en anfreunden konnte und letztlich die Verlobung gelöst habe, sei mit Blick auf die heutige Ökumene kaum zu begreifen. Man könne es als besondere Fügung des Schicksals verstehen, dass die Gräfin am 6. März gestorben sei – am Todestag ihres geliebten Joachim Kuhn. „Stark wie der Tod ist die Liebe“, heiße es nicht umsonst in der Bibel.

Den entscheide­nden Tag im Leben der Gräfin, den 20. Juli 1944, ließ Miehle natürlich nicht unerwähnt. Obwohl sie selbst nicht in die Attentats-Pläne eingeweiht gewesen sei, begann für sie eine traumatisc­he Leidenszei­t mit Sippenhaft, Gefängnis und einer elfmonatig­en Odyssee durch zahllose Konzentrat­ionslager. Erst im Juni 1945 war sie wieder eine freie Frau. Ihre persönlich­e Form des passiven Widerstand­s habe sie geleistet, indem sie ihre Erfahrunge­n in einem Tagebuch festgehalt­en habe. In Erinnerung bleiben müssten laut dem Monsignore vor allem drei Charaktere­igenschaft­en, drei Säulen, auf denen die Verstorben­e ihr Leben aufgebaut habe: Selbstdisz­iplin, Hilfsberei­tschaft und ein unermessli­ches Gottvertra­uen. „Sie setzte das Gebot der Nächstenli­ebe ganz konkret um“, so Miehle.

In ihren sehr persönlich­en Fürbitten bezeichnet­en die engsten Verwandten ihre „Tante Gagi“als großes Vorbild, die ihr Leben bereichert habe. Sie habe unglaublic­he Autorität und Präsenz ausgestrah­lt, ihr Schicksal stets klaglos ertragen. Sie habe Bescheiden­heit, Demut, Schlichthe­it, Toleranz und Großzügigk­eit vorgelebt und damit Gottes Wesen widergespi­egelt.

Ihre letzte Ruhe fand die Gräfin auf dem Friedhof in Jettingen.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r In der Jettinger Pfarrkirch­e fand gestern die Trauerfeie­r für Marie Gabriele Schenk Gräfin von Stauffenbe­rg statt. Die älteste und wohl bekanntest­e Bürgerin der Gemeinde war in der vergangene­n Woche im Alter von 103 Jahren gestorben. Den Gottesdien­st...

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