Glück ist ansteckend
Während in Finnland die zufriedensten Menschen leben, sehen Forscher in Deutschland Nachholbedarf. Warum Auswandern eine Möglichkeit für mehr Glück sein kann
Augsburg/Rom Ist es der raue Nordwind? Die wohlige Wärme der angeblich drei Millionen Saunen im Land? Der viele Kaffee? Studien zufolge wird europaweit nirgendwo mehr von der schwarzen Bohnenbrühe getrunken als in Finnland. Oder liegt es an einer besonders ausgeprägten Form von SLC6A4 – dem Gen im menschlichen Körper, das Forscher als Schlüssel zum Glück ausgemacht haben?
Man weiß es nicht so ganz genau, warum es diesmal die Finnen im „World Happiness Report“zum glücklichsten Volk der Welt geschafft haben. Im Auftrag der Vereinten Nationen haben Wissenschaftler die Zufriedenheit der Menschen auf der ganzen Welt abgefragt – und nach Norwegen und Dänemark holte sich zum dritten Mal in Folge ein skandinavisches Land den Spitzenplatz. Die Forscher haben vor allem Faktoren wie Einkommen, sozialer Zusammenhalt, Gesundheit und Freiheit als Ursachen des persönlichen Glücks ausgemacht – und diese sind offenbar im Norden Europas besonders ausgeprägt.
Deutschland verbesserte sich um einen Platz auf Rang 15, liegt aber hinter Ländern wie Israel oder Costa Rica. „Für Deutschland ist noch Luft nach oben bei der Entwicklung der Zufriedenheit“, erklärte Martijn Hendriks von der Erasmus-Univer- sität in Rotterdam, einer der an der Studie beteiligten Wissenschaftler. Dass ein wohlhabender Staat wie Deutschland nicht unter den Top Ten sei, liege möglicherweise auch daran, dass viele Deutsche bei Befragungen „zu harsch“mit sich seien.
Zum ersten Mal wurde in dem Glücksbericht auch die Zufriedenheit von Einwanderern näher beleuchtet. Dabei stellten die Forscher fest, dass Glück offenbar ansteckend ist. Menschen, die in fremde Länder ziehen, passen sich laut der Studie dem dort herrschenden Glücksgefühl an. Die zehn glücklichsten der insgesamt 156 untersuchten Länder belegen auch beim Glücksempfinden von Migranten die vorderen Plätze. Dass Deutschland in dieser Kategorie lediglich auf Rang 28 liegt, sehen die Autoren der Studie als Beweis dafür, dass es bei der Integration von Einwanderern noch Verbesserungsbedarf gibt.
Muss also, wer auf der Suche nach besonders viel Glück im Leben ist, nach Skandinavien ziehen? „Es würde helfen. Aber wir können uns auch hier Glück erarbeiten“, sagt Karlheinz Ruckriegel, Glücksforscher an der Technischen Hochschule in Nürnberg: „In Deutschland müssten wird damit anfangen, jedem Menschen und jedem Kind die gleichen Entwicklungschancen zu ermöglichen, gerade im Bereich der Bildung. Dann wäre schon viel gewonnen.“
Während Deutschland den Erkenntnissen der UN-Forscher nach in den vergangenen zehn Jahren glückstechnisch zugelegt hat, gibt es auch prominente Verlierer. So sank beispielsweise der Glücksindex der USA in diesem Zeitraum deutlich, sie fielen dieses Jahr von Platz 14 auf Platz 18 zurück. US-Ökonom Jeffrey Sachs, einer der Autoren des Weltglücksberichtes, bezeichnete bei dessen Vorstellung gestern im Vatikan in Rom Übergewicht, Drogenmissbrauch und unbehandelte Depressionen als „Epidemien“, die maßgeblich für das schlechte Abschneiden der Vereinigten Staaten verantwortlich seien.