Marokko im Spiel
Bislang galten die USA mit Kanada und Mexiko als erster Gastgeber-Kandidat. Jetzt mischen plötzlich die Afrikaner mit
Washington/Marrakesch Das kann Donald Trump nicht gefallen. Das kleine Königreich Marokko schwingt sich im Vergabe-Endspurt um die erste Mammut-WM plötzlich zum ernsthaften Konkurrenten für sein großes Amerika und dessen Fußball-Verbündete aus Kanada und Mexiko auf. Kurz vor dem Abgabetermin für die Bewerbungsunterlagen an diesem Freitag erscheint das Rennen um den Gastgeber 2026 wieder unerwartet offen.
Lange galt das Trio USA, Kanada und Mexiko mit seiner gemeinsamen Bewerbung als logischer Ausrichter für das von Fifa-Chef Gianni Infantino auf 48 Teams aufgeblähte Mega-Turnier. Doch nun dürfte es bis zum Wahltag am 13. Juni richtig spannend werden.
Die Ironie: Ausgerechnet der amerikanische Größe propagierende Trump lieferte der US-Konkurrenz mit seiner umstrittenen Politik gute Argumente und ist somit für die Brisanz im erstmals von der Fifa global organisierten Bieterverfahren ungewollt mitverantwortlich.
Trumps Einreiseverbot für bestimmte mehrheitlich islamische Länder und die überlieferte Bezeichnung von „Dreckslöchern“für ärmere Länder haben Spätstarter Marokko richtig in die Karten gespielt. „Jedes Team, inklusive seiner Fans und Offiziellen, das sich für die Weltmeisterschaft qualifiziert, muss ins Land kommen können. Sonst gibt es keine WM.
Das ist klar“, hatte Infantino den USA im Vorjahr bereits klargemacht. Der Fifa-Präsident muss nach dem Korruptions-Desaster im Vergabeverfahren für Russland 2018 und Katar 2022 unter seinem Vorgänger Joseph Blatter auf ein ethisch und moralisch einwandfreies Vergabeverfahren pochen. So steht es auch in dem in ein Gold-Cover eingebundenen 35-seitigen Guidebook der Fifa. Als Infantino sein WM-Projekt im Januar 2017 durchgedrückt hatte, war er dankbar für die schnelle Nordamerika-Initiative. Der potente Kandidat machte die Zweifel am Sinn eines Mega-Turniers kleiner. Zudem wurde ein Zuschlag für die von den USA dominierte Kandidatur als eine Art Kompensation für deren unerwartetes Scheitern gegen das korruptionsumwitterte Katar 2022 angesehen.
Infantino hat ein vitales Interesse an einem starken WM-Ausrichter, denn jeder Zweifel an funktionierenden WM-Projekten erschwert die dringend notwendige finanzielle Konsolidierung des Weltverbandes. Vordergründig hat das AmerikaTrio die weitaus besseren Argumente als Marokko, das 2013 schon Probleme hatte, die Klub-WM mit sieben Teams zu organisieren. Infrastruktur und Stadien sind in Nordamerika bereits vorhanden. Allein von den großen Klubs im American Football stünden 31 Stadien zur Verfügung, die Fifa-Standards genügen.