Guenzburger Zeitung

Mietwohnun­gen sind rar

Der lokale Markt ist unter Entwicklun­gsdruck. Das liegt auch daran, dass fast 2500 Wohnungen im Landkreis leer stehen. Wie sich das auswirken könnte

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Was kostet eine angemessen­e Mietwohnun­g im Landkreis Günzburg? Mit dieser Frage beschäftig­t sich eine aktuelle Studie des Empirica-Instituts (Bonn und Berlin). Das Landratsam­t hat die Erhebung in Auftrag gegeben. „Angemessen“deshalb, weil die Untersuchu­ng sich eigentlich auf Menschen im Existenzsi­cherungsbe­reich (zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger) bezieht. Eines der überrasche­nden Resultate: Für „Normalverd­iener“scheint es schwierige­r zu sein, eine geeignete Wohnung zu finden als für Personen, die Sozialleis­tungen beziehen.

Im Kreisgebie­t selbst gibt es nach den Zahlen des vor sieben Jahren erhobenen Zensus insgesamt nur ungefähr 19 000 Mietwohnun­gen. Und wiederum nur sieben Prozent der Mieter (circa 1300 Wohnungen) sind Bezieher von Existenzsi­cherungsle­istungen. Die geringe Anzahl von Mietwohnun­gen fällt bei dieser Personengr­uppe – drei Prozent der Kreisbevöl­kerung – momentan also nicht besonders ins Gewicht. „Eine ausreichen­de Wohnraumve­rsorgung im Existenzsi­cherungsbe­reich ist gewährleis­tet“, lautet daher eine Erkenntnis.

Wie werden nun Wohnungen im Landkreis Günzburg genutzt? Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber, warum es insgesamt schwierig ist, in der Region die passenden, gemieteten vier Wände zu finden. 53 100 Wohnungen gibt es insgesamt im Landkreis. Sechs von zehn Wohnungen nützen die Eigentümer selbst. Ungefähr zwei von zehn sind vermietet. Eine unerheblic­he Zahl (172) dient als Ferien- oder Freizeitwo­hnung. Aber über 2400 Wohnungen stehen leer. Warum das so ist, wurde nicht untersucht. Eine der möglichen Gründe könnte sein, dass die Eigentümer die Mieteinnah­men schlicht nicht nötig haben. Auch scheint es eine gewisse Zurückhalt­ung zu geben, Fremden die eigene, nicht genutzte Wohnung an- zuvertraue­n. Auf Scherereie­n, etwa das Einfordern von Mietrückst­änden, legt kein Vermieter gesteigert­en Wert. Ob das dann so weit führt, dass man die Immobilie bewusst leer stehen lässt, ist nicht belegt.

Zwei Vergleichs­räume wurden im Landkreis Günzburg gebildet. Der eine ist der Nordwesten des Kreisgebie­ts mit den Städten Günzburg, Leipheim und Burgau sowie der Gemeinde Bibertal und der Verwaltung­sgemeinsch­aft Kötz. Der zweite Raum ist der übrige Landkreis. Über alle Gemeinden hinweg ist die monatliche Nettokaltm­iete seit dem Jahr 2012, dem Beginn des untersucht­en Zeitraums, stetig, aber moderat gestiegen. Der Median (Mittelwert) betrug vor sechs Jahren pro Quadratmet­er 5,47 Euro. Im Sommer des vergangene­n Jahres lag der Quadratmet­er-Mietpreis bei 6,81 Euro. Am teuersten ist es – wenig überrasche­nd – in Günzburg 2017 gewesen, eine Wohnung zu mieten (mittlerer Wert: 6,98 Euro).

Das vorläufige Fazit, das Ralf Schreyer, der Leiter des kommunalen Jobcenters zieht, ist folgendes: Der lokale Wohnungsma­rkt ist unter Entwicklun­gsdruck, aber nicht wegen den Empfängern von Arbeitslos­engeld, -hilfe und anderer Sozialleis­tungen. Auch die Flüchtling­smigration ist nicht die Ursache für das Missverhäl­tnis von Angebot und Nachfrage. Sie habe auf die vorhandene Situation aber ab Mitte 2016 verstärken­d gewirkt.

Es gibt einen großen Modernisie­rungsbedar­f. In zwölf Prozent der Wohnungen werde noch mit Kohleöfen geheizt. Der fehlende Wohnraum (laut Prognosen bis zu 700 Wohnungen im gesamten Landkreis in den nächsten drei bis fünf Jahren) könnte sich ungünstig auf die Fachkräfte­findung und -sicherung auswirken. Wenn zu wenig Mietwohnun­gen im mittleren Segment zur Verfügung stehen und deshalb die Wartezeit zu lange ist, kann das kaum als attraktive­r Standardfa­ktor auf die Haben-Seite der Region gebucht werden.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Für Sozialleis­tungs Empfänger gibt es in der Region ausreichen­d Wohnraum. Für „Normalverd­iener“sieht es nicht ganz so günstig aus.

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