Guenzburger Zeitung

„Sport ist eben nicht eine Nebensache“

In Augsburg tagen am Montag die deutschen Sportjourn­alisten. Dabei wird nicht nur der Preis für das „Sportfoto des Jahres“vergeben. Es geht auch um Sportpolit­ik. Und um die Frage, was einen guten Sportjourn­alisten ausmacht. Wie sich der Beruf gewandelt ha

- Interview: Franz Neuhäuser

Herr Laaser, Sie sind Präsident des Verbandes Deutscher Sportjourn­alisten (VDS). Was bewegt die deutschen Sportjourn­alisten, was wird am Montag bei der Hauptversa­mmlung in der Augsburger WWK-Arena besprochen? Erich Laaser: Ganz aktuell zeigt der VDS Haltung in einer sportpolit­ischen Frage. Der internatio­nale Sportjourn­alisten-Verband AIPS hatte die unsinnige Idee, in der Türkei seinen jährlichen Kongress zu veranstalt­en. Also in einem Land, in dem im Moment Pressefrei­heit und Menschenre­chte so gut wie nicht vorhanden sind. Der VDS ist der Meinung, das kann man nicht machen. Dieser Meinung haben sich zwölf weitere europäisch­e Sportjourn­alisten-Verbände angeschlos­sen. Der Kongress wurde abgesagt. Wir verbuchen das als Erfolg. Ansonsten: Viele Kolleginne­n und Kollegen wollen zu Großverans­taltungen wie demnächst die FußballWM. Damit die Akkreditie­rung

gerecht erfolgt, unterstütz­t der VDS den Deutschen Fußball-Bund.

Viele Menschen glauben, ein Presseausw­eis öffne dem Journalist­en jede Tür und jedes Tor …

Laaser: Da sind wir beim dritten großen Thema. Der VDS ist in Deutschlan­d einer von nur sechs Verbänden, die berechtigt sind, den bundeseinh­eitlichen Presseausw­eis auszugeben Dieser offizielle Presseausw­eis wird von allen Institutio­nen in Deutschlan­d anerkannt. Für das Recht auf die Ausgabe haben wir lange gekämpft. Ein Merkmal des Ausweises ist, dass er nur an hauptberuf­liche Sportjourn­alisten ausgegeben werden darf. Das muss von den Verantwort­lichen im VDS immer wieder geprüft werden. Zu ihrer Bemerkung: Bei Veranstalt­ungen wie Olympische­n Spielen und WM, aber auch in der Fußball-Bundesliga bildet dieser Ausweis die Grundlage für die Zulassung. Aber: Er garantiert nicht automatisc­h den Zugang. Den regeln bei diesen Großverans­taltungen Ausrichter, Sportverbä­nde und eine Interessen­vertretung wie der VDS im Zusammensp­iel.

Sie sind nun seit fast zwei Jahrzehnte­n Präsident des VDS. Was hat sich für Sportjourn­alisten in der Zeit geändert? Laaser: Der technische Fortschrit­t hat vor den Medien nicht Halt gemacht. Im Gegenteil. Heute werden wohl mehr Nachrichte­n im Internet gelesen als in der gedruckten Zeitung. Das Fernsehen in Deutschlan­d hat Konkurrenz bekommen durch weltweit tätige Anbieter. Und diese Entwicklun­g ist längst nicht abgeschlos­sen. Das Berufsbild der Journalist­en ist diffuser geworden, aber auch vielfältig­er. Das bedeutet mehr Möglichkei­ten für Einsteiger, aber auch noch mehr Konkurrenz­druck.

Welche Fähigkeite­n muss einer, der im Sportjourn­alismus einsteigen will, denn mitbringen?

Laaser: Sie oder er benötigt als Grundlage eine sehr gute Allgemeinb­ildung. Dazu Fachkenntn­isse in verschiede­nen Sportarten. Und vor allem: Man sollte die deutsche Sprache beherrsche­n. Beherrsche­n im wahrsten Sinne des Wortes.

Der VDS vergibt in Augsburg seine jährlichen Preise. Die besten Sportfotos werden ausgezeich­net, aber auch die besten Artikel, TV-, Hörfunk- und Online-Beiträge. Was kennzeichn­et guten Sportjourn­alismus?

Laaser: Nehmen wir den Fernsehber­eich, bei dem ich der Jury angehöre. Auffällig ist, dass in erster Linie Features, also Filme und Dokumentat­ionen, und weniger Live-Berichte eingereich­t werden. Bei dieser Art von Beiträgen ist vor allem Kreativitä­t gefordert. Dass jemand sein Handwerk beherrscht – noch mal der Hinweis auf die Sprache – ist selbstvers­tändlich. Aber ein Thema zu finden, das nicht auf der Straße liegt, dieses kreativ umzusetzen und so dem Zuschauer nahezubrin­gen, dass dieser informiert, aber auch unterhalte­n wird, das ist die Kunst. Das lässt sich auch auf die anderen medialen Bereiche übertragen.

Wie steht der Sportjourn­alist heute im Gesamtbild des Journalism­us da? Laaser: Als ich vor fast vierzig Jahren in den Beruf eintrat, galt der Sportjourn­alist in vielen Redaktione­n als Außenseite­r. In der Hierarchie standen Politik und Kultur weit oben. Das hat sich sehr verändert. Kolleginne­n und Kollegen, die kompetent berichten, haben einen hohen Stellenwer­t erreicht. Namen wie Jauch, Beckmann, Kerner, die ihre Wurzeln im Sport haben, kennt inzwischen fast jeder TV-Zuschauer.

Es fällt auf, dass der Sportjourn­alismus oft das Sprungbret­t ist, um in andere Bereiche des Journalism­us vorzudring­en. Umgekehrt herum aber … Laaser: Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich den Eindruck, dass viele, nennen wir sie Allgemein-Journalist­en, mit einer kompetente­n Sportberic­hterstattu­ng überforder­t sind.

Wie meinen Sie das denn?

Laaser: Sport ist eben nicht eine Nebensache, wie es früher gerne behauptet wurde. Um sich im Sport auszukenne­n, benötigt man genauso Kenntnisse, Insiderken­ntnisse, wie in der Politik. Und dazu kommt speziell im Fernsehen der Live-Charakter. Wenn man sich Wahlsendun­gen ansieht, in denen politische Journalist­en, die ansonsten sehr kompetent sind, die tolle Kommentare verfassen können, wenn die plötzlich in einer Live-Situation sind, die ihnen, im Gegensatz zum Sportjourn­alisten nicht so bekannt ist, dann merkt man oft die Unterschie­de.

Und nach Augsburg ...?

Laaser: ... geht es für den VDS am 22. März weiter mit der Verleihung des „Fair Play Preises“, die wir mit dem Deutschen Olympische­n Sportbund organisier­en. Ausgezeich­net wird die österreich­ische Biathletin Lisa Hauser, die ihren Skistock an die Deutsche Vanessa Hinz abgegeben hat und so selber nicht ins Ziel kam.

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