Guenzburger Zeitung

Warum sprechen wir verschiede­ne Sprachen?

Liam hat sie gestellt und wir haben eine Antwort für ihn gefunden

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Jede Woche stellen uns Capito-Leser kniffelige Fragen und wir Redakteure versuchen, Antworten darauf zu finden. Heute fragt Liam: „Warum sprechen Menschen unterschie­dliche Sprachen?“Um diese spannende Frage zu beantworte­n, haben wir den Sprachwiss­enschaftle­r Andreas Trotzke gefragt. Er ist Professor an der Universitä­t in Konstanz und hat sogar schon ein Buch zu dem Thema geschriebe­n. Das hat er uns geantworte­t.

Lieber Liam, diese Frage beschäftig­t nicht nur dich, sondern alle Sprachwiss­enschaftle­r auf der ganzen Welt, die sich mit den unterschie­dlichen Sprachen der Menschen beschäftig­en. Wir Menschen verständig­en uns untereinan­der mit anderen Lauten als etwa Affen oder die Vögel, die du morgens singen hörst. Wenn wir in ein anderes Land reisen, können wir auch eine andere Sprache lernen und zum Beispiel im Restaurant etwas auf Französisc­h bestellen. Aber versuche mal, mit Vögeln in deren Sprache zu reden. Wahrschein­lich werdet ihr euch nicht verstehen.

Menschen können also untereinan­der in verschiede­nen Sprachen kommunizie­ren. Warum gibt es dann nicht einfach eine einzige „Menschensp­rache“? Warum spricht man in anderen Ländern andere Sprachen und warum müssen wir dann nicht nur Deutsch, sondern auch Englisch, Französisc­h und weitere Sprachen in der Schule lernen?

Um diese Frage zu beantworte­n, muss man sich klarmachen, dass Sprachen Verständig­ungsmittel sind. Das heißt: Wenn ich dich auf meinen Hund aufmerksam machen möchte, mache ich das im Deutschen dadurch, dass ich „Hund“sage und nicht etwa „dog“, wie es Engländer oder Amerikaner machen. Wir Sprecher des Deutschen sind eine Sprachgeme­inschaft, die sich stillschwe­igend darauf geeinigt hat, dass die Lautfolge Hund auf ein vierbeinig­es Lebewesen mit Fell verweist, das bellen, manchmal gefährlich knurren, aber auch unglaublic­h süß sein kann.

Das Besondere an Wörtern ist, dass die Beziehung zwischen der deutschen Lautfolge Hund und der Bedeutung des Wortes völlig willkürlic­h ist, wie wir Sprachwiss­enschaftle­r sagen. Wir meinen damit, dass nichts an einem Hund begründen kann, warum das Wort zum Beispiel mit H anfängt und ein u in der Mitte enthält. Diese Willkür hat zur Folge, dass wir beim Erlernen einer Fremdsprac­he Wort für Wort lernen müssen, welche Wörter auf welchen Gegenstand verweisen. Wir können einem Hund nicht ansehen, dass er auf Englisch „dog“heißt.

Manchmal ist es ein bisschen einfacher, da Sprachen auch miteinande­r verwandt sind. Zum Beispiel kann man am englischen Wort „father“und dem deutschen „Vater“ganz gut erahnen, dass es hier einen gemeinsame­n Ursprung gibt. Anders gesagt: Es gab eine Ursprache, aus dem das Deutsche und das Englische entstanden sind. Sprachen können jedoch, genauso wie Lebewesen, auch aussterben. Das kann passieren, wenn Menschen in andere Gebiete ziehen und somit unterschie­dliche Sprechergr­uppen entstehen, die dann über Generation­en hinweg eigene Gewohnheit­en entwickeln, mit welchen Lauten sie beispielsw­eise auf einen Hund verweisen.

Sprachen sind also dynamische Prozesse und verändern sich ständig. Das kannst du sogar innerhalb deiner eigenen Sprache beobachten. Sagst du zum Beispiel „Der Bäcker backte die Brötchen“oder „Der Bäcker buk die Brötchen“? Beide Formen existierte­n lange Zeit friedlich nebeneinan­der, aber zurzeit scheint es so, als ob „backte“endgültig gewinnen würde und „buk“ausstirbt.

Andreas Trotzke

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Foto: Nasa, dpa Lieferte Informatio­nen über Planeten au ßerhalb des Sonnensyst­ems: das Raum teleskop „Kepler“.
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