Eine Legende sagt Servus
Warum Rudi Jahn den Trainerjob bei der Günzburger A-Jugend abgibt. Auch Volker Schmidt und Markus Guckler steigen zum Saisonende aus
Günzburg Besser hätten es die Spielplaner nicht treffen können. Just nach dem Kantersieg gegen die HSG Ostfildern kommt zum letzten Heimspiel dieser Bundesliga-Runde der Tabellennachbar SG BBM Bietigheim in die Rebayhalle. Einen Pluspunkt weniger als die Gäste haben die Weinroten aktuell auf ihrem Punktekonto. Bei einem Sieg am Samstag (Anspiel ist um 15.30 Uhr) könnten sie die Nord-Württemberger also noch überholen und auf den drittletzten Platz in der ZwölferGruppe klettern – es wäre mehr als ein Achtungserfolg. Ihren außergewöhnlichen Reiz bezieht die Partie freilich nicht aus dem Kampf um Tore und Punkte: Abteilungsleiter Armin Spengler wird das erfolgreiche Trainer-Trio verabschieden.
Nach der Runde steigen Rudi Jahn, Volker Schmidt und Markus Guckler aus. Besonders VfL-Cheftrainer Hofmeister bedauert das sehr: „Alle Drei haben einen phänomenalen Job abgeliefert. Sie sind der Motor des Aufstieges und einer erfolgreichen Saison. Und Rudi Jahn ist als Trainer und Handball-Vorbild eh nicht zu ersetzen.“
Jahn gehörte als Spieler zur legendären Europapokal-Mannschaft des VfL. Er absolvierte die meisten Günzburger Bundesliga-Einsätze, spielte später bei Frisch-Auf Göppingen. 1990 beendete er wegen einer Knieverletzung seine aktive Karriere beim VfL. Dann war Pause. Erst 2003 betrat er „seine“Rebayhalle wieder, weil „very little“Michael, heute Spieler im Bayernliga-Männerteam der Weinroten, ebenfalls Bundesligaspieler werden wollte. 2005 übernahm der heute vierfache Handball-Papa die E-Jugend rund um Filius Michael.
Mit viel Engagement brachte Rudi Jahn den Jugend-Leistungssport zum VfL zurück. Der erste Bundesliga-Aufstieg war vor allem sein Verdienst, es war genau dieser Jahrgang rund um Michael Jahn. Das gleiche Kunststück gelang dem Ruhelosen noch einmal mit dem Jahrgang seines Sohnes Stephan. Der Aufstieg in die Eliteklasse in dieser Runde war wohl der Höhepunkt seiner erfolgreichen Trainerkarriere. Zwischendurch trainierte Rudi Jahn drei VfL-Teams und eine Schulmannschaft.
Nun ist (vorerst?) Schluss für den 60-Jährigen. Hofmeister reagiert betrübt, bemerkt aber aus eigener Erfahrung: „Leistungssport ist auch für die Trainer sehr anstrengend. Irgendwann sehnt man sich nach Ruhe und freien Wochenenden.“Die Handball-Abteilung des VfL Günzburg hat „Rudi Jahn, aber auch seiner Frau Claudia, die ihm den Rücken organisatorisch freihielt, unendlich viel zu verdanken“, bekräftigt der Chefcoach.
Volker Schmidt, früher beim TV Lauingen, war schon lange Rudi Jahns Wunschkandidat als Mittrainer. Schmidt war schwäbischer Stützpunkttrainer des StephanJahn-Jahrgangs. Spieler wie Heiko Seel-Mayer, Michael Heidecker oder Masin Chikh kannten ihn vom Auswahltraining und kamen wegen ihm und der bekannt guten Günzburger Jugendarbeit zum VfL. Als Grund für seinen Rückzug gibt der engagierte Trainer an, er benötige nach dem sehr arbeitsintensiven Jahr eine Pause und endlich mal mehr Zeit für Familie und Beruf.
Der Dritte im Trainerbund, Markus Guckler, bewegt sich immer still im Hintergrund und ist vermutlich genau deswegen die richtige Ergänzung zu den beiden anderen. Seine Söhne Jonas und Leon, spielen mittlerweile bei den Männern und in der B-Jugend. Da will der begeisterte Familienvater künftig einfach mal Fan sein.
Hofmeister hofft bei allen drei Übungsleitern auf eine Handballpause mit schnellen Entzugserscheinungen. Erst einmal geht aber eine Ära zu Ende.
Der Abschied soll nach Möglichkeit mit einem Heimsieg versüßt werden. Diesen Erfolg haben sich die Nachwuchsspieler ganz fest vorgenommen. Und die Chancen sind auf jeden Fall intakt. Zwar hat sich die SG BBM Bietigheim still und heimlich zu einer der ersten deutschen Handball-Adressen empor gearbeitet (die Frauen sind Bundesliga-Tabellenzweiter und die Männer klopfen als Zweiter der 2. Bundesliga ganz laut an die Türe zur Beletage), unschlagbar ist der Gegner aber nicht: Schon beim ersten Treffen in dieser Runde gelang den Günzburgern ein damals überraschender 26:23-Erfolg.