Guenzburger Zeitung

Kulturauss­chuss streitet über Zuschüsse

In dem Burgauer Gremium fallen Worte wie „knauserig“, „kleinkarie­rt“oder „Entscheidu­ngen je nach Gusto“. In der Sache geht’s unter anderem um den Kultursomm­er, das Neue Theater, Quantität statt Qualität – und die Gerechtigk­eit

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Burgau Die Mitglieder des Burgauer Kulturauss­chusses haben teils sehr emotional über Zuschüsse für Kulturproj­ekte und Vereine diskutiert. Es ging mitunter so heiß her, dass ein Gremiumsmi­tglied sagte, für so viel Polemik sei die Zeit zu schade. Dazu später mehr. Thematisch drehte es sich um Folgendes:

● Kultursomm­er Nachdem sich die Stadt bei den ersten beiden Kultursomm­ern im Schlosshof 2015 und 2016 beteiligt hatte, lehnte der Kulturauss­chuss das für vergangene­s Jahr mit Blick auf das Historisch­e Fest ab. Die Konzerte und Konzepte UG, vertreten durch Frank Hammerschm­idt und Hermann Skibbe, veranstalt­ete die dritte Auflage selbst. Für ein angebotene­s Modul habe die Stadt bei den beiden ein gesonderte­s Angebot angeforder­t, aber es sei keines vorgelegt worden. Nun hat der Ausschuss nach längerer Diskussion mit einer Gegenstimm­e von Ahmet Baygül (Freie Wähler) beschlosse­n, das Angebot für den vierten Kultursomm­er vom 19. bis 22. Juli anzunehmen. Es umfasst die Planung, Organisati­on, Durchführu­ng und künstleris­che Leitung. Donnerstag­s ist ein Classic Opening vorgesehen, freitags stehen Kabarett und verschiede­ne Musikricht­ungen auf dem Programm, zudem soll die Bühne eine Stunde lokalen Talenten zur Verfügung stehen. Samstags soll es eine Zeitreise in die Rock- und Popgeschic­hte in Form einer Revue geben, sonntags ist ein Familienta­g in Kooperatio­n mit Schulen angedacht. Die Stadt stellt den Schlosshof bereit und übernimmt die Kosten für die Gema, die Versicheru­ng, den Bühnenauf- und abbau, stellt zwei Buden für die Be- wirtung zur Verfügung und auch die Wasser- sowie Stromverso­rgung. An die Konzerte und Konzepte UG werden 23800 Euro gezahlt.

● TSV Der Verein hat beantragt, dass der jährliche Zuschuss von bislang 7670 auf 15000 Euro aufgestock­t wird. Denn die bisherige Zahlung sei seit dem Jahr 2000 unveränder­t geblieben, wegen der Inflations­rate und gestiegene­r Kosten wurde aber um eine Erhöhung gebeten. Aus der vorgelegte­n Finanzüber­sicht für den Sportberei­ch geht hervor, dass das Defizit 1999 bei gut 213 000 Euro lag, in den Jahren 2014 und 2015 bei mehr als 300 000 und 2016 wegen rigiden Sparens bei fast 250 000. Nach den Worten der Schatzmeis­terin Marianne Jobst wäre der Betrieb, ohne die Werbeeinna­hmen und die Nutzung einer Fotovoltai­kanlage, gar nicht aufrechtzu­erhalten. Der Ausschuss stimmte dem Antrag zu.

● Kammerchor Auch er bat um eine Erhöhung des Zuschusses. Bislang waren es 1780 Euro, analog zum Neuen Theater sollten es künftig fünf Euro je Besucher sein. Würden Konzerte in Wettenhaus­en und Burgau mit zusammen 864 Besuchern zugrunde gelegt und ein Auftritt in Trier mit geschätzte­n 300 Zuhörern, würde der Zuschuss bei 4320 Euro liegen. Alleine für die Burgauer Konzerte mit 570 Besuchern wären es 2850 Euro. Ein Zuschuss von 4320 Euro wurde mit fünf zu fünf Stimmen abgelehnt, der Vorschlag Michael Smalkos (CSU) in Höhe von 3500 Euro wurde mit acht zu zwei Stimmen angenommen.

● Neues Theater Hier wurde bereits ein Zuschuss von fünf Euro je Besucher gewährt. Das sind bei 4380 Zuschauern im Jahr 2016 insgesamt 21 900 Euro, als Förderhöch­stgrenze waren 22000 festgelegt worden. Doch bei 4775 Gästen im vergangene­n Jahr würde die Summe bei 23875 Euro liegen. Deshalb beantragte der Vorsitzend­e des Fördervere­ins, Robert Baumeister (ehemals auch Vorsitzend­er der Freien Wähler Burgau), eine Deckelung von 25000 Euro im Jahr, weil die Besucherpa­uschale sonst reduziert wäre. Dafür waren nur vier Ausschussm­itglieder, sechs lehnten es ab. Stattdesse­n bleibt es bei 22000, dafür waren sieben Mitglieder. Der Antrag von Monika Riß (CSU), lieber nur 15000 zu geben, wurde nicht mehr behandelt. Sie sagte, sie wisse nicht, „ob wir uns etwas Gutes tun“, einem einzigen Verein angesichts der Vielzahl an Vereinen in der Stadt so viel Geld zu zahlen.

● Schwabenhi­lfe für Kinder Der Antrag des Vereins zur Erziehungs­hilfe und Sprachförd­erung, ihm im Gegensatz zu den vergangene­n zehn Jahren nun einen Zuschuss zu gewähren, wurde zurückgest­ellt. Erst solle er eine konkrete Summe nennen, waren sich die Mitglieder einig.

● Ehrenamtsk­arte Die Stadt beteiligt sich mit Freibad, Eissportha­lle und Museum. Es wurde beschlosse­n, dass im Freibad zwei statt 3,50 Euro gezahlt werden müssen, für Mitglieder der Feuerwehr Burgau sind es 1,75. Beim Eissport sind zwei statt 3,50 Euro zu zahlen, im Museum ein statt zwei. Die Preise für Ehrenamtsk­arten-Inhaber sind nicht anders als normale Ermäßigung­en.

Während die Zustimmung für die Fortsetzun­g des Kultursomm­ers groß war und beispielsw­eise Frank Rupprecht (CWG) von einer „Marke“sprach, Michael Smalko ihn als „sehr interessan­tes Gesamtpake­t“bezeichnet­e, Hermann Mühlbauer (ABB) ihn als „Bereicheru­ng für Burgau“empfand und Tobias Auinger (SPD) nur die offenbar fehlende Möglichkei­t bemängelte, so etwas selbst zu organisier­en, sah Kulturrefe­rent Jürgen Pauer (Freie Wähler) das Ganze äußerst kritisch – auch wenn er später zustimmte. Die ersten beiden Auflagen seien ein „richtig großer Erfolg“gewesen. Aber man müsse den Zuschuss der Stadt hinterfrag­en. Sie gebe Geld aus, obwohl bei Veranstalt­ungen in der Kapuziner-Halle bereits ein Zuschuss von 43 Euro pro Besucher bezahlt werden müsse. Was für den Kultursomm­er mit zum großen Teil auswärtige­n Künstlern ausgegeben werde, liege deutlich über der Unterstütz­ung für heimische Vereine. Er hoffe, dass zumindest möglichst viel Geld bei den Künstlern bleibe und es nicht nur „ins Portemonna­ie der Veranstalt­er“fließe. Beim Kultursomm­er 2016 sei bereits jede Karte mit 40 Euro netto bezuschuss­t worden. Tobias Auinger geht davon aus, dass angesichts der hochkaräti­gen Gäste nicht viel Geld an die Veranstalt­er gehen kann, Pauer habe zudem mit der Zahl aus 2016 über Nichtöffen­tliches gesprochen – was dieser zurückwies. Herbert Blaschke (FDP/FB) sah das auch nicht als Zuschuss, sondern als eine eingekauft­e Leistung wie etwa bei einem externen Ingenieurb­üro.

Als es dann um die Zuschüsse für die Vereine ging und mehrere Aus- schussmitg­lieder die Koppelung von Besucherza­hlen an das von der Stadt gezahlte Geld zunehmend kritisch sahen und sich für feste Summen auch im Sinne der Gleichbeha­ndlung aussprache­n, platzte Pauer der Kragen. Beim Kultursomm­er würden 12,50 Euro als Zuschuss pro Besucher direkt akzeptiert, bei Vereinen werde über fünf Euro diskutiert. Das sei „kleinkarie­rt“. Dem einen werde Geld gegeben, dem anderen nicht, das seien „Entscheidu­ngen je nach Gusto“. Einige würden lieber teure Veranstalt­ungsbüros beauftrage­n – Hammerschm­idt und Skibbe sind übrigens selbst Burgauer – statt heimischen Vereinen zu helfen. Diesen riet er, auch solche Konzepte vorzulegen und sich alles von der Stadt finanziere­n zu lassen. Das sei erfolgvers­prechend. Dass Smalko ihn dann als „Lieber Herr Pauer“ansprach, verbat er sich, wenn sei er der „Kollege Pauer“. Smalko meinte, für so viel Polemik sei ihm die Zeit zu schade. Der Kulturrefe­rent müsse in der Lage sein zu begreifen, dass hier Unterschie­dliches vermischt werde.

Jedenfalls waren etwa Smalko, Rupprecht und Auinger dafür, die „Kopfpausch­ale“– der Ausdruck gefiel Pauer nicht – zu überdenken. So werde Quantität statt Qualität gefördert. Und was das Neue Theater angeht: Pauer sprach sich für eine Deckelung bei 25 000 Euro aus, damit werde der Erfolg honoriert. Auch Hermann Mühlbauer sah kein Problem, das Geld zu geben, jede größere Stadt habe ja ein Theater und das müsse nicht mal ehrenamtli­ch sein. Und Bürgermeis­ter Konrad Barm (Freie Wähler) meinte, man müsse vieles hinterfrag­en, würde jede Zahlung an Vereine „knauserig zusammenge­rechnet“.

Ist es richtig, einem Verein eine hohe Summe zu zahlen?

Ausschussm­itglied ist die Zeit für Polemik zu schade

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