Guenzburger Zeitung

Der scheidende Dekan Martin Finkel im Interview

Martin Finkel verlässt in wenigen Monaten Burgau. Mit dem Pfarrgemei­nderatsvor­sitzenden Alfred Hins spricht er über die Zukunft von Pfarrei und Dekanat. Und dann kommt noch eine wichtige Frau zum Gespräch

- Interview: Christian Kirstges

In wenigen Monaten wird der Burgauer Dekan und Pfarrer Martin Finkel den Landkreis verlassen. Er spricht über die Gründe.

Herr Finkel, nach neun Jahren als Pfarrer in Burgau und sechs als Dekan werden Sie im August nach Bad Hindelang im Allgäu wechseln. Warum haben Sie den Bischof um eine Veränderun­g gebeten?

Martin Finkel: Die Zeit als Dekan ist auf sechs Jahre begrenzt. Ich hatte seit Monaten überlegt, wie es weitergehe­n soll, und nach Weihnachte­n beschlosse­n, einen Punkt zu setzen. Vor sechs Jahren gab es noch zwei Dekanate im Landkreis, und nachdem Europa zusammenwä­chst, ist das auch hier nun gelungen. Ich bin jetzt neun Jahre in Burgau, davor waren es fünf Priester in neun Jahren, also war die Zeit jetzt wohl nicht so schlecht. Ich werde im Herbst 57 und da überlegt man, wie es weitergeht. Ich habe dem Generalvik­ar erklärt, dass ich noch einmal etwas Neues probieren will. Er hat es akzeptiert, und wenn es eine Gemeinde gibt, soll man mich doch verständig­en. Dann kam die Anfrage, ob ich die Pfarrei Bad Hindelang übernehmen will. Der dortige Pfarrer, der auch Dekan ist, will nach 17 Jahren auch etwas Neues machen – er geht nach Oberstaufe­n – und so gehe ich jetzt dorthin. Ich selbst komme ja aus Kempten.

Also ist es ein Heimspiel für Sie. Finkel: Seelsorger­isch war ich noch nie im Allgäu tätig. Ich war in Augsburg, Altbayern, Memmingen, aber im Allgäu noch nie als Priester tätig.

Waren Sie schon in der neuen Pfarrei? Finkel: Ich war kürzlich dort und habe sie mir angesehen. Sie hat viel Fläche, nicht so viele Katholiken, aber fünf Hauptkirch­en und zwölf Kapellen. Seelsorger­isch ist das eine ganz andere Situation als Burgau. Ich bin bislang immer gesandt worden und kann es mit ruhigem Herzen angehen, während es Mitbrüder gibt, die unbedingt eine bestimmte Stelle wollten und es dann nicht gepasst hat, als sie sie bekamen.

Was machen Sie, bis Sie die neue Stelle antreten?

Finkel: Bis Ende Juli bin ich hier noch Pfarrer. Im August ist der Umzug. Und Anfang Oktober geht es los. Davor fliege ich noch fünf Wochen nach Frankreich und helfe in der deutschspr­achigen Pilgerseel­sorge in Lourdes aus. Das ist ganz toll. Bevor ich nach Burgau kam, habe ich das auch gemacht. Man kann sich auf die Seelsorge konzentrie­ren.

Wie ist die Pfarrei, wie ist das Dekanat aus Ihrer Sicht nun aufgestell­t? Finkel: Die Priester im Dekanat bilden eine gute Einheit. Man ist nicht immer ein Herz und eine Seele, aber das muss man auch nicht. Wir haben einen guten Kontakt zueinander. Was die Pfarrei betrifft: Ich gehe nicht, weil hier alles dunkel und in Hindelang alles hell wäre. Es läuft gut hier, ich habe gute Mitarbeite­r. Ich kann die Pfarrei gut übergeben an einen Mitbruder, für den es die erste Pfarrstell­e sein wird. Er kommt aus der Donauwörth­er Ecke, da braucht er keinen Sprachkurs. Er wird gute Mitarbeite­r haben.

Alfred Hins: Wir sind in der Pfarrei richtig gut aufgestell­t, vorher gab es wegen der vielen Wechsel Unruhe. Mit Pfarrer Finkel ist es richtig angenehm, harmonisch. Wir arbeiten gut zusammen. Eigentlich wollte ich als Pfarrgemei­nderatsvor­sitzender aufhören, doch wegen ihm habe ich mich wieder zur Wahl gestellt, bin wieder gewählt worden – und jetzt geht er. Ich bedaure das. Der neue Pfarrer bekommt mit den anstehende­n Kirchensan­ierungen in Unterknöri­ngen und Großanhaus­en und der Sanierung des Kindergart­ens viele Aufgaben, aber wir haben im Pfarrgemei­nderat und in den Kirchenver­waltungen viele langjährig­e Mitglieder, die ihm zur Seite stehen.

Wer vertritt Sie in der Übergangsz­eit als Dekan?

Finkel: Der Prodekan vertritt mich. Dann geht das Prozedere wieder los. Es wird Vorschläge für einen neuen Dekan geben, es kann gewählt werden, und der Bischof sagt dann, ob es passt. Die Auswahl bei 24 leitenden Pfarrern ist da, und es gibt ein paar Leute, die es machen können. Aber es wird keinen Wahlkampf geben.

Wie waren die Reaktionen, als Sie in der Sonntagsme­sse angekündig­t haben, dass Sie gehen?

Finkel: Ich habe einige Reaktionen bekommen, und viele E-Mails von überrascht­en Leuten. Das hat mich positiv überrascht. Als ich in der Schule war, wussten die Schüler es schon und haben gefragt „Pfarrer, warum gehst du?“Da ist es mir erst so richtig aufgegange­n, dass es mir nicht leicht fällt, zu gehen.

Und was wird aus Ihrem jetzigen Kaplan Andreas Chaber?

Finkel: Er wird versetzt. Er war ja als Aushilfe für mich als Dekan da, und weil der Pfarrer in Neuburg schon länger krank ist, hat er auch dort ausgeholfe­n. Die Strecke kennt er auswendig. Er ist es gewohnt, Versetzung­en gehören dazu.

Hat sich Ihr Nachfolger Simon Stegmüller seine neue Pfarrei eigentlich schon angesehen?

Finkel: Das hat er. Und ich habe ihn über die Situation in Burgau informiert. Wird er angesichts der vielen organisato­rischen Aufgaben als Pfarrer noch genug Zeit für die Menschen haben? Finkel: Zeit für die Seelsorge wird er mehr haben, da die Aufgaben eines Dekans ihn nicht betreffen. Er hat eine gute Kirchenver­waltung an seiner Seite, die viel erledigt. Aber er wird viele Bereiche zu betreuen haben, das Altenheim, den Kindergart­en, das Therapieze­ntrum. Wenn immer ich dort bin, werden angesichts der Menschen, die dort behandelt werden, meine Probleme lächerlich klein.

Hins: Auch ich denke, dass er genug Zeit haben wird. Er wird unsere volle Unterstütz­ung erhalten.

Finkel: Man muss annehmen, dass der Simon Stegmüller der Simon Stegmüller und kein anderer ist. Hins: Das muss man. Und ihm die Zeit geben, Kontakte aufzubauen. Finkel: Es ist ja auch gut, wenn mal wieder jemand Neues mit neuen Ideen kommt. Ich sage immer: Es kommt, was notwendig ist.

Wird es für Sie eine Abschiedsf­eier mit der Gemeinde geben, Herr Finkel? Finkel: Beim Pfarrfest im Juli werden wir verabschie­det. Ich erwarte keine Kapelle und keinen roten Teppich. Hins (lacht): Die Musikkapel­le ist ja eh schon da.

Der wievielte Umzug für Sie ist es? Finkel: Der sechste als Geistliche­r. Das Gute ist, dass man sich dabei immer von vielem trennen kann.

Aber Sie ziehen nicht alleine um. Finkel: Nein, meine Haushälter­in geht mit, seit 1990 ist sie dabei. Wir beten jeden Morgen und jeden Abend gemeinsam das Stundengeb­et, das schenkt uns Kraft für den Dienst. Frau Sproll, wie ist es für Sie, jetzt wieder umziehen zu müssen?

Barbara Sproll: Es war klar, dass es irgendwann wieder so weit sein wird, aber dass es jetzt doch so schnell geht, hätte ich nicht gedacht. Aber ich mache das gerne mit, es ist ein schöner Beruf, auch wenn ihn manche für antiquiert halten. Er ist sehr vielseitig. Ich habe mich in Burgau total wohlgefühl­t. Den Blick aufs Schloss werde ich nicht mehr haben, aber dafür einen auf die Allgäuer Berge. Ich kann überall leben, weil es überall gute Menschen gibt.

Sie sind ja nicht nur Haushälter­in gewesen. Sie hatten viele Aufgaben. Sproll: Ja, es hat mir Freude gemacht, in den verschiede­nen Gruppierun­gen mitzuwirke­n.

Wie oft wollen Sie noch umziehen? Sproll: Ich komme ja nicht aus Bayern, sondern aus Biberach an der Riß. Ein paar Mal bin ich schon umgezogen. Aber ich hoffe, dass es bis zur Rente jetzt das letzte Mal ist.

Herr Finkel, Herr Hins, eine Frage zum Abschluss: Hier im Büro hängt ein Bild von Papst Franziskus, der seit fünf Jahren im Amt ist. Hat sich in der Pfarrei durch ihn etwas geändert? Finkel: Konkret merkt man nichts, aber ich treffe viele Leute, die ihn gut finden. Er hat mich mit seiner Enzyklika sehr ermutigt, alles auf den Prüfstand zu stellen und sich wieder mehr um die Seelsorge zu kümmern. Die deutsche Kirche hat eine große Karosserie, da läuft viel mit, ob man davon begeistert ist oder nicht. Dabei geht es doch um die Menschen. Wir merken es jetzt bei der Kindergart­en-Sanierung: Da gibt es viele Vorschrift­en. Doch eigentlich geht es um die Probleme der Leute, und die gibt es an jeder Hausecke.

Hins: Ich merke auch keine Veränderun­g. Außer vielleicht, dass das Interesse an Pilgerreis­en wieder zugenommen hat.

Finkel: Die Kirche hat durch ihn wieder ein sympathisc­heres Gesicht bekommen. Jetzt müssen sich die Leute überlegen, was sie selbst ändern können und wollen.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? 100 Jahre war Martin Finkel (rechts) zwar nicht in Burgau, aber doch einige Jahre. Mit ihm wird auch seine Haushälter­in Barbara Sproll die Stadt verlassen. Pfarrgemei­nderatsvor­sitzender Alfred Hins bedauert, dass sie gehen.
Foto: Bernhard Weizenegge­r 100 Jahre war Martin Finkel (rechts) zwar nicht in Burgau, aber doch einige Jahre. Mit ihm wird auch seine Haushälter­in Barbara Sproll die Stadt verlassen. Pfarrgemei­nderatsvor­sitzender Alfred Hins bedauert, dass sie gehen.

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