Was den Unternehmen fehlt
Grundsätzlich hält die heimische Wirtschaft den Landkreis für einen guten Standort. Aber es geht noch besser. In welchen Bereichen die Herausforderungen besonders groß sind
Günzburg Insgesamt sind die Unternehmen im Landkreis Günzburg zufrieden mit ihrem Standort. Das ergibt eine Umfrage, deren Ergebnisse am Freitag im Sitzungssaal der Sparkasse vorgestellt wurden. 2,26 lautete die Gesamtnote, wobei eine Eins bei dieser Befragung „sehr gut“bedeutet und eine Fünf „sehr schlecht“. Die Bosse differenzierten natürlich bei den einzelnen Standortfaktoren. Sowohl die überregionale als auch die örtliche Verkehrsanbindung auf der Straße wird positiv bewertet – ebenso die Kinderbetreuungsund die Schulangebote. In der Kategorie „Lebensqualität“kommt die Region mit einem Wert von 2,15 auch gut weg. Auf der Negativ-Seite stehen dagegen der Gütertransport auf der Schiene und die Anbindung zu Flughäfen. Den Unternehmen fehlt außerdem die Nähe zu Forschungseinrichtungen und es mangelt zusehends an Fachkräften.
Wie groß dieses Problem vor Ort inzwischen ist, lassen die Antworten auf weitere Fragen erahnen. 229 der 357 Betriebe, die sich an der Befragung beteiligt haben – also fast zwei Drittel – wollen innerhalb eines Jahres zusätzliche Arbeitskräfte einstellen. Die größte Nachfrage haben die Firmen dabei an gelernten Arbeitskräften im gewerblichen und technischen Bereich und an Auszubildenden. Insgesamt würden diese Unternehmen aufsummiert mehr als 900 Mitarbeiter in den kommenden zwölf Monaten benötigen. Die meisten befragten Firmen erwarten Schwierigkeiten, die Stellen tatsächlich besetzen zu können. Als wichtigste Ursache für diese aus Firmensicht ungünstige Entwicklung wird die fehlende fachliche Qualifikation der Bewerber angegeben, gefolgt vom nicht vorhandenen Zugang zu geeigneten Fachkräften und dem zu wenig attraktiven Beruf. Um den Bedarf an Fachkräften besser decken zu können, sind die Firmen nicht untätig. Zu den meistgenannten Maßnahmen zählen Weiterbildungs-Angebote, eine gute Entlohnung, die Rekrutierung über eigene Mitarbeiter zum Beispiel in deren Verwandtenkreis und eine flexible Arbeitszeitgestaltung. Selbst eine (über-)betriebliche Kinderbetreuung wird noch von 15 Unternehmen angeboten.
45,7 Prozent der befragten Betriebe im Landkreis kooperieren mit anderen. 37,8 Prozent könnten sich eine solche Zusammenarbeit gut vorstellen. Und auch die Schulen haben über die Hälfte der Betriebe bereits entdeckt. 51,4 Prozent haben nach eigenen Angaben Schulkontakte, weil sie die Chance nutzen wollen, bei den möglichen Mitarbei- tern von morgen in eigener Sache zu werben. Jeder fünfte Betrieb in der Region hat zudem Hochschulkontakte. Und drei von zehn bieten Studierenden Arbeitsmöglichkeiten an.
Neben dem Fachkräftemangel betrachten die Arbeitgeber zwei weitere Felder als große Herausforderung: Die Digitalisierung und die zu knappen Gewerbeflächen.
„Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist nirgendwo größer als beim Breitbandausbau“, sagte Josef Rother von der Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung (Gefak) bei der Ergebnispräsentation. Mit dem Regionalmarketing Günzburg hatte die Gefak im vergangenen Jahr landkreisweit die Unternehmensvertreter um ihre Meinung gebeten.
Der künftige Bedarf an schnellen Datenleitungen ist sehr groß – ganz im Gegensatz zu dem, was derzeit vorhanden ist. „Es sollten alle Möglichkeiten ergriffen werden, um den Breitbandausbau zu verbessern“, folgerte der diplomierte Geograf Rother. „Gerade im ländlichen Raum ist das eine zentrale Lebensader.“Die Digitalisierung erschöpfe sich aber nicht in schnellen Datenautobahnen. Datenschutz und ITSicherheit sowie die IT-Kompetenz der Mitarbeiter sind für die Firmen weitere wichtige Handlungsfelder. Offensichtlich fühlen sich nicht wenige Betriebe in diesem Veränderungsprozess zumindest in Teilbereichen unsicher. 83,7 Prozent gaben an, dass der Betrieb Unterstützung braucht, wenn es um Digitalisierung geht.
Auch in der analogen Welt machen die Unternehmer Schwierigkeiten aus – zum Beispiel, wenn vor Ort erweitert werden soll. Die Verfügbarkeit und das Preisniveau von Gewerbeflächen wird kritisch gesehen. Im Vergleich zum Jahr 2012 – dort wurden die Fragen schon einmal gestellt – habe sich die Flächenverfügbarkeit deutlich verschlechtert. Ein Drittel der befragten Unternehmen hat Flächenbedarf. Noch in diesem Jahr würden den Angaben zufolge im Landkreis Günzburg insgesamt 50 Hektar an Gewerbeflächen benötigt.
Rother nannte dieses Thema „etwas ganz Grundlegendes“. Er riet angesichts der „zunehmenden Knappheit“des Bodens, Flächen im Innenbereich der Städte und Gemeinden zu mobilisieren. Und er hatte noch eine Idee: Kommunen könnten einen Kriterienkatalog erstellen, wem sie Gewerbegrund – sofern er in deren Besitz ist – überlassen wollen. Kategorien könnten das Schaffen qualifizierter Arbeitsplätze, die Herstellung sinnvoller Produkte und eine starke regionale Verankerung sein.