Guenzburger Zeitung

Ist er nur Konsument oder Dealer?

Ein 41-Jähriger steht wegen eines Drogenvorr­ats vor dem Günzburger Amtsgerich­t

- VON PHILIPP WEHRMANN

Günzburg Ein 41-Jähriger muss sich vor dem Günzburger Amtsgerich­t verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, Drogen besessen und mit ihnen gehandelt zu haben. Es geht um 69 Ecstasy-Tabletten, knapp 37 Gramm Cannabis und zwei Gramm Amphetamin, die bei einer Hausdurchs­uchung im März vergangene­n Jahres gefunden wurden. Außerdem hatte der Günzburger einen Schlagring und zwei Schuss scharfe Munition deponiert. Was den Drogenhand­el angeht, stützt sich die Staatsanwa­ltschaft auf eine Zeugin – doch die ist nicht vor Gericht erschienen.

Richterin Franziska Braun sucht in den Akten nach ihrer Telefonnum­mer. Zwischendu­rch klingelt zweimal das Handy eines Zuschauers, bis die Richterin mit einem Ordnungsge­ld droht. Dann findet sie die Kontaktdat­en der Zeugin. Sie nimmt den Telefonhör­er, wählt, die Zeugin geht ran. Was sie sagt ist nicht zu hören, doch vermutlich, dass sie krank sei. Denn die Richterin antwortet, „dann brauchen sie ein Attest“. Schließlic­h entschließ­t sie sich doch zu kommen. In einer halben Stunde möchte sie da sein.

In der Zwischenze­it wird ein Neu-Ulmer Kriminalpo­lizist, der bei der Wohnungsdu­rchsuchung beteiligt war, als Zeuge aufgerufen. Die Richterin erkundigt sich, ob er den Angeklagte­n bei der damaligen Vernehmung gefragt hatte, ob dieser mit den Drogen gehandelt hat. Er könne sich nicht erinnern, antwortet er, „aber wenn es nicht in der Akte steht, habe ich ihn auch nicht gefragt“. Richterin Braun hört mit hochgezoge­nen Augenbraue­n zu. Sie weist darauf hin, dass der Angeklagte in andere Verfahren verwickelt sei, in denen er den Kontakt zwischen zwei Personen hergestell­t haben soll, damit sie Drogen beschaffen können. Ob der Polizist in Anbetracht der Umstände und der Menge der Drogen einen Handel nicht für naheliegen­d gehalten habe, fragt die Richterin. „Das habe ich wohl vergessen“, sagt er.

Es klopft an der Tür, die 49-jährige Zeugin erscheint. Auch ihre Wohnung in Kötz hat die Polizei im August vergangene­n Jahres durchsucht. Damals soll sie ausgesagt haben, sie hätte etwa 25 Mal Cannabis vom Angeklagte­n gekauft, insgesamt 50 bis 100 Gramm, verliest die Richterin. Das bestreitet die Zeugin und spricht von ein bis zwei Käufen von je einem Gramm.

Dadurch sieht auch die Staatsanwä­ltin schließlic­h nur diese zwei Fälle des Handels als erwiesen an. Sie hält dem Angeklagte­n zugute, dass er nicht vorbestraf­t ist. Doch weil er neben dem Marihuana auch harte Drogen besessen hat, fordert sie ein Jahr Freiheitss­trafe auf Bewährung. Der Verteidige­r fordert hingegen nur eine Geldstrafe von 90 Sätzen zu je 30 Euro.

Richterin Franziska Braun sagt, die gefundenen Plastiktüt­chen seien ein Indiz dafür, dass der Angeklagte neben den zwei erwiesenen Fällen noch häufiger mit Drogen gehandelt haben könnte, doch dafür könne er nicht verurteilt werden. „Das war wohl nur die Spitze des Eisbergs“, sagt sie. Sie verhängt eine Freiheitss­trafe von neun Monaten auf Bewährung. Diese Strafe sei am unteren Ende des möglichen Strafmaßes. Außerdem muss der Angeklagte 800 Euro an die Johanniter zahlen. Er kann in Berufung oder Revision gehen.

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