Guenzburger Zeitung

In zwei Wochen steht ein Haus

Nach dem Abi ging es für Jannes Krauter ins Handwerk. Statt Uni-Stoff zu pauken, baut er nun als angehender Zimmerer Holzhäuser

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Nesselwang Der Rohbau steht und der Bauherr ist zufrieden – das ist der Moment, in dem Jannes Krauter immer wieder klar wird, dass sich seine harte Arbeit gelohnt hat.

Der 20-Jährige macht gerade eine Ausbildung als Zimmerer bei der Firma Möst in Nesselwang (Landkreis Ostallgäu). Was der Betrieb macht, geht über die traditione­lle Aufgabe der Zimmerleut­e, das Errichten von

Dachstühle­n, hinaus.

Inhaber Hans

Möst hat sich mit seiner

Firma auf den Aufbau von Holzhäuser­n spezialisi­ert. Das ist eine Aufgabe, die Krauter besonders spannend findet und einer der Hauptgründ­e, warum er sich für die Ausbildung im Betrieb von Hans Möst entschiede­n hat.

Rund zwei Wochen dauert es, bis der Rohbau eines Holzwohnha­uses fertig ist. Azubi Jannes Krauter erklärt die Vorgehensw­eise: In Woche eins arbeitet er mit seinen Kollegen in der Halle des Betriebs. Die sogenannte Abbundmasc­hine sägt Bretter und Balken zurecht und bereitet sie für die weitere Verwendung vor. Die Zimmerer fügen die Holzbautei­le dann zu Wänden zusammen. Auch die Dämmung kommt gleich dazu. Die fertigen Wände laden die Zimmerleut­e dann auf einen Lastwagen, der sie zur Baustelle bringt. In Woche zwei sind dann auch die Zimmerer dort und fügen die Wände zusammen. Wenn das Haus dann Form annimmt und der fertige Rohbau dasteht, sei das auch für ihn ein Erfolg, sagt Krauter. Vor allem, wenn auch die künftigen Bewohner zufrieden sind mit dem Ergebnis und der Arbeit der Zimmerer. Außerdem schätzt er gerade die Abwechslun­g von der Arbeit im Be- trieb und draußen auf den Baustellen.

Chef Hans Möst bildet schon seit mehr als drei Jahrzehnte­n aus. Mit einem gewissen Stolz berichtet er von ehemaligen Lehrlingen und deren Karrieren nach der Ausbildung in seinem Betrieb. Einer arbeitet inzwischen in New York für das renommiert­e Architektu­rbüro von Daniel Libeskind, von dem unter anderem der Entwurf für das Jüdische Museum in Berlin stammt. Möst hat festgestel­lt, dass bei ihm immer mehr Lehrlinge mit einem höheren Schulabsch­luss anfangen, die die Ausbildung als gute Basis für ein Studium betrachten. So wie Jannes Krauter. 2016 hat er sein Abi gemacht. Irgendwann will er auch studieren, Bauingenie­urwesen oder vielleicht Architektu­r. Egal, was es letztlich wird, Krauter will auf keinen Fall ein bloßer Theoretike­r bleiben und hat sich deshalb für eine Ausbildung als Basis für ein späteres Studium entschiede­n. Er sagt: „Es gibt Architekte­n, die sich nicht so gut in die Handwerker hineinvers­etzen können.“Das sei aber wichtig für eine gute Zusammenar­beit und um Pläne zu erstellen, die die Zimmerer und Mitarbeite­r der übrigen Gewerke gut umsetzen können.

Ganz ungefährli­ch ist die Arbeit der Zimmerer nicht. Die großen Kreissägen schneiden durchs Holz wie Messer durch Butter. Jeder, der sich schon mal mit einer Handsäge und einem Ast abgemüht hat, kann sich leicht vorstellen, welche Kraft in den Maschinen steckt. Doch Angst um seine Finger hat Lehrling Krauter nicht. Die Auszubilde­nden werden gut auf die Arbeit mit den schweren Maschinen vorbereite­t. Auch in der Berufsschu­le ist der richtige Umgang mit den Geräten Unterricht­sstoff. Konzentrat­ion gehöre bei der Arbeit einfach dazu, sagte der Azubi. Etwa beim Aufstellen der Holzhäuser. Die Wände, die da mit dem Kran vom Lastwagen gehoben werden, hätten schon ein ordentlich­es Gewicht, sagt Krauter. Die diversen Maschinen erleichter­n den Zimmerleut­en auch ihre Arbeit. Der technische Fortschrit­t macht auch in diesem Gewerbe keine Pause. Für Hans Möst bedeutet das, immer mit der Zeit zu gehen, um den Anschluss nicht zu verlieren. So setzt er inzwischen auch die Technik des digitalen Aufmessens ein. Dabei wird ein bestehende­s Gebäude quasi eingescann­t und als maßstabget­reues dreidimens­ionales Computermo­dell angezeigt. Der Vorteil: Die Vermesser können sich nicht verschreib­en. Zahlendreh­er oder auch nur Abweichung­en um wenige Zentimeter können auf dem Bau gravierend­e Folgen haben.

Seine Ausbildung würde Jannes Krauter jederzeit weiterempf­ehlen. Zumindest denjenigen, die Spaß an und Begabung für handwerkli­ches Arbeiten sowie keine Höhenangst haben. Letzteres sei ein Ausschluss­kriterium, findet der 20-Jährige. Schließlic­h sind Zimmerer regelmäßig auf den Dächern von Rohbauten anzutreffe­n, wo sie über die Balken balanciere­n.

OLehrstell­enoffensiv­e

Der Weg zum Traumberuf beginnt für viele mit einer Lehre. Was man heute lernt, unterschei­det sich oft von den Vorstellun­gen, die viele von einem Beruf haben. Die Digitalisi­e rung fließt zudem in die Lehre ein. In dieser Serie stellen wir Berufe, Azubis und ihren Werdegang vor.

 ?? Foto: Martina Diemand ?? Schleifen, sägen, bohren, nageln – Holzverarb­eitung ist für Jannes Krauter Alltag. Er macht eine Ausbildung bei der Zimmerei Möst in Nesselwang.
Foto: Martina Diemand Schleifen, sägen, bohren, nageln – Holzverarb­eitung ist für Jannes Krauter Alltag. Er macht eine Ausbildung bei der Zimmerei Möst in Nesselwang.

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