Mit Eiern tarnen und täuschen
Was bitte ist Oologie? Mit welchen Tricks Kiebitz & Co. arbeiten und weitere verblüffende Ei-Fakten zu Ostern in der Vogelwelt
Günzburg/Hilpoltstein An Ostern versteckt der Osterhase viele bunte Eier. Das weiß jedes Kind. Doch wie sieht es in der Vogelwelt aus? Die Vogeleierkunde ist sogar ein eigener Fachbereich in der Ornithologie und heißt Oologie. Sie beschäftigt sich mit Form, Größe und Farbe von Vogeleiern. Schon gewusst? „Die Eischale aus kohlesaurem Kalk ist mehrschichtig und porös mit einer Vielzahl an Poren, damit das Ei atmen kann. Ein Hühnerei beispielsweise besitzt etwa 7000 Poren“, sagt der Sprecher des Landesbundes für Vogelschutz (LBV), Markus Erlwein. Wer jetzt zu Ostern Wanderfalkeneier sehen möchte, kann das noch bis etwa Ende April live über die LBV-Wanderfalkenwebcam unter www.lbv.de/falkencam tun. Dann schlüpfen aus den rotbraunen Eiern die Küken und die spannende Aufzucht der Jungen beginnt.
Einige Fakten zu den Eiern in der Vogelwelt.
● Wer hat das größte Ei und wer legt die meisten?
Das größte Ei legt zwar der Strauß, aber im Vergleich zur Körpergröße ist das Ei des Zaunkönigs um ein vielfaches größer. „So beträgt das Eigewicht des Zaunkönigs knapp 14 Prozent des Körpergewichts des kleinen Vogels, während ein Straußenei auf nicht einmal zwei Prozent kommt“, erklärt Erlwein. Die wohl meisten Eier legen Hühnervögel, wie das Rebhuhn mit bis zu 20 Eiern pro Gelege. Die Hühner gehören außerdem zu den Vogelarten, die bei Verlust des Geleges sogar mehrmals nachlegen können. Bei den Singvögeln nimmt die Blaumeise den Spitzenplatz ein mit ihren acht bis zwölf Eiern pro Gelege.
● Was macht die Eier bunt? Vogeleier erhalten ihre Farbe vor allem durch zwei Pigmente. „Das eine ist blau oder grünlichblau und färbt, wenn es vorhanden ist, das ganze Ei gleichmäßig ein“, erklärt Markus Erlwein. Ein Beispiel dafür sind die leuchtend türkisen Eier der Singdrossel. Das andere ist rot über braun bis schwarz und überzieht das Ei normalerweise nur mit einer dünnen Schicht auf der Oberfläche. Das rötliche Wanderfalkenei ist ein Beispiel dafür. „Durch das rötliche Pigment kann eine eigentlich weiße Schale gelb oder rostbraun und eine blaue Schale grün oder olivfarben erscheinen. Außerdem ist das Pigment für die Schalenzeichnung verantwortlich, sozusagen die Verzierung des Eis“, so der LBV-Sprecher. Da eine Eischale aus mehreren Schichten besteht, können sich die Pigmente überlagern und so graue, purpurfarbene oder sogar blassviolette Schattierungen entstehen.
● Was bringt die Eifärbung?
Bei vielen Vogelarten dient die Färbung der Eier der Tarnung zum Schutz vor möglichen Feinden. „Besonders eindrucksvoll sind die Eier des Flussregenpfeifers, die wie Kieselsteine aussehen. Auch der Kiebitz beherrscht die Eitarnung perfekt“, sagt Erlwein. Höhlenbrüter dagegen legen meist hellblaue oder weiße Eier, wie zum Beispiel der Waldkauz. „Die hellen Eier sind selbst bei schlechten Lichtverhältnissen für die brütenden Eltern am besten zu sehen.“Beim Kuckuck ahmt das Weibchen die Grundfärbung und Fleckung der Eier seines Wirtsvogels nach, damit die fremden Eier nicht auffallen. Im Gegenzug wissen die Wirtsvögel ihre Eier von Kuckuckseiern ganz gut zu unterscheiden, was das Kuckucksweibchen dazu zwingt, seine Eier so exakt wie möglich nachzuahmen. „Das funktioniert natürlich nur, wenn es immer die Vogelart als Wirt auswählt, in deren Nest sie geschlüpft ist und an deren Eifärbung, Form und Größe es sich angepasst hat.“Jedes Kuckucksweibchen hat eine individuelle Eifärbung, die ein Leben lang gleich bleibt, was bedeutet, dass jedes eine eigene EierHandschrift hat.
● Wann legen Vögel ihre Eier? Nach Auskunft von Stefan Böhm, der LBV-Vorsitzender im Landkreis Günzburg ist, sitzen viele Eulenarten lange schon auf den Gelegen. Der Uhu ist mit der erste und legt seine Eier zum Teil bereits im Februar. Der Waldkauz ist Anfang beziehungsweise Mitte März an der Reihe. Auch der Wanderfalke sitzt auf den Eiern. Bussarde sind jetzt um Ostern dran. Am nächsten sind den Menschen aber die Sing- und Gartenvögel. Die Spatzen haben jetzt schon die ersten Eier. Das ist durchaus ziemlich früh. Die klassische Brutzeit beginnt erst nach Ostern. Unter den Zugvögeln gibt es Langstreckenzieher, die zwischen Sahara und Südafrika überwintert haben. Pirol und Gartengrasmücke gehören zu den späten Ankömmlingen. Für die meisten Arten gilt: Sie legen zwischen Mitte April und Mitte Mai – also dann, wenn der Osterhase schon wieder verschwunden ist.
● Wie lange werden Eier bebrütet? Hier gilt die Faustregel: Je größer die Vögel, desto länger wird gebrütet. Beim Höckerschan, dem Weißund dem Schwarzstorch sind es zwischen sechs und acht Wochen. Für die meisten Arten liegt die Brutdauer zwischen elf und 14 Tagen. Die Fütterungszeit beträgt dann auch noch um die zwei Wochen bei den Gartenvogelarten. Jenseits des Nests werden die Jungvögel von den Eltern nochmals zwei Wochen betreut. Die Eltern ziehen sich in dieser Phase mehr und mehr zurück, weil der Nachwuchs selbstständig werden muss. Vom Eilegen bis zum endgültigen Abschied sind es nach Auskunft des Vogelexperten Böhm insgesamt sechs Wochen.
● Wie viele Vogelarten gibt es im Landkreis Günzburg?
Deutlich über 300 Arten sind im Landkreis nachgewiesen. „Allerdings ziehen viele auch nur durch.“Die Brutvogelarten schätzt Böhm auf 150 bis 180.
● Ein letzter Tipp zum Osterfest aus Sicht des Vogelkundlers?
Finger weg von den Vogelostereiern! Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Jetzt dürfen Nistkästen nicht mehr gereinigt werden. Meisen zum Beispiel sind bereits eifrig dabei, ihr Nest zu bauen, sagt der LBV-Kreisvorsitzende Stefan Böhm. „Also: da nicht rumhantieren. Das würde die Vögel empfindlich stören. Unbedingt wegbleiben von Nestern und Nistkästen! Zuschauen macht mindestens genauso viel Spaß.“