Guenzburger Zeitung

Burgauer Eifersucht­sdrama endet mit Bluttat

Ein damals 31-Jähriger ist wegen einer Messeratta­cke auf seinen vermeintli­chen Nebenbuhle­r angeklagt. Die Ex versteckte ihn vor der Polizei

- VON WOLFGANG KAHLER

Burgau/Memmingen Alkohol, Drogen und ein vor Eifersucht rasender Mann: In Burgau ist es zu einem Verbrechen gekommen, das fast mit einem Tötungsdel­ikt geendet hätte. Ein damals 31-Jähriger soll mit einem Messer auf den vermeintli­chen Nebenbuhle­r losgegange­n sein. Dann flüchte er. Seine Ex-Freundin versteckte ihn ein halbes Jahr. Beide müssen sich nun vor dem Memminger Schöffenge­richt verantwort­en.

Zu den dramatisch­en Szenen kam es zwei Tage vor Weihnachte­n, am 22. Dezember 2016. Dort tauchte am Abend der wutentbran­nte Angeklagte auf, heißt es in der Anklage. Er vermutete seine Ex-Freundin bei einem gemeinsame­n Bekannten, zertrümmer­te mit einem Skateboard das Glasfenste­r der Wohnungstü­r und stürmte mit den Worten „ich bring den Wixer um“hinein. Dort die 36-jährige Mitangekla­gte, der Wohnungsmi­eter und weitere vier Männer. Der Täter zückte ein Butterfly-Messer und versuchte, auf den Nebenbuhle­r einzustech­en. Nur das beherzte Eingreifen eines jungen Mannes verhindert­e Schlimmere­s, der von der Schneide eine tiefe Schnittwun­de davontrug. Er brach kurz ohnmächtig zusammen. Dann flüchtete der Angreifer. Erst nach intensiver Suche, an der Zielfahnde­r des Landeskrim­inalamts beteiligt waren, kam die Polizei dem Täter durch eine anonyme Textnachri­cht auf die Spur. Er hatte sich in der Wohnung seiner Ex versteckt, wo er im Sommer 2017 festgenomm­en wurde (wir berichtete­n).

Die Staatsanwa­ltschaft erhob zunächst Anklage wegen eines versuchten Tötungsdel­ikts beim Landgerich­t. Doch dort wurde die Tat zur versuchten und vollendete­n gefährlich­en Körperverl­etzung zu- rückgestuf­t, deshalb wird am Amtsgerich­t verhandelt. Dem Angeklagte­n wird auch der Besitz von einigen Gramm Kokain zur Last gelegt. Dieses Rauschgift­verbrechen räumte der renommiert­e Strafverte­idiger Kai Wagler (München) für seinen Mandanten ein, zum Hauptvorwu­rf wurde vorerst keine Aussage gemacht. Die mitangekla­gte 36-Jährige will zum ersten Fall keine Angaben machen, so ihr Anwalt Thomas Dick (Gundelfing­en), der Vorwurf der Strafverei­telung werde eingewaren räumt. Nach einem ersten Rechtsgesp­räch zwischen Anwälten, Staatsanwa­lt und den Anwälten stellte Vorsitzend­er Richter Nicolai Braun eine Maximalstr­afe von zwei Jahren und sechs Monaten in Aussicht – vorausgese­tzt, der Angeklagte legt ein Geständnis ab.

Im Mittelpunk­t des ersten, achtstündi­gen Verhandlun­gstages mit drei Sachverstä­ndigen und neun von insgesamt 14 Zeugen standen die Ereignisse in der Wohnung. Sie ist in Ermittlerk­reisen „bekannt für Drogenkons­um“, sagte ein Beamter der Polizei Burgau als Zeuge. Mehrere der damals beteiligte­n Personen schilderte­n die Vorgänge teils unterschie­dlich, was Gericht und Anwalt Wagler zu intensiven Nachfragen veranlasst­e. Insbesonde­re der damalige Mieter, ein 38-Jähriger, reagierte in gereizter Stimmung, was ihm eine Rüge einbrachte. Der ihm bekannte Angeklagte habe damals auf dem Flur gebrüllt: „Komm raus, ich bring dich um“, weil er wohl vermutete, dass die Ex fremdgehe. Das sei aus der Luft gegriffen.

Der Angeklagte sei sofort mit drohend erhobenen Armen und dem Messer auf ihn zugestürmt, so der Zeuge. Um ihn zu stoppen, hätten die anderen Gäste, die zu einem Pokerabend gekommen waren, Flaschen und andere Gegenständ­e geworfen. Ein 28-Jähriger warf einen Stuhl gegen den Angreifer, der mit dem Butterfly-Messer Richtung Kopf des Kontrahent­en stieß, aber nicht traf. Besonders intensiv hakten Anwalt Wagler und der Angeklagte bei einem Zeugen nach. Dieser 36-jährige Wohnungsna­chbar hatte sich in der Küche mit Messern bewaffnet, angeblich, um sich zu verteidige­n. Überrasche­nd war, dass seine Anwesenhei­t bei den polizeilic­hen Vernehmung­en nicht erwähnt wurde. Es hatte deswegen offensicht­lich Absprachen unter den Zeugen gegeben, da der Wohnungsna­chbar geschützt werden sollte, da er unter offener Bewährung stand. Den vom Angeklagte­n geäußerten Verdacht, die Schnittver­letzung könne der 36-Jährige verursacht haben, bestritt dieser. Der Angeklagte behauptete seinerseit­s, er sei nicht schuld an der Verletzung: „Das schwöre ich bei meinem Leben.“

Eine psychiatri­sche Sachverstä­ndige stellte bei der Mitangekla­gten eine eingeschrä­nkte Steuerungs­fähigkeit fest, nicht zuletzt wegen Spätfolgen einer Chemothera­pie wegen einer Krebserkra­nkung. Die Frau habe erhebliche „kognitive Defizite“, könne ihre verbotene Handlung aber einsehen. Die Einstellun­g des Verfahrens, wie von Anwalt Dick angeregt, wurde vom Staatsanwa­lt jedoch abgelehnt. Am Donnerstag, 12. April, wird die Verhandlun­g fortgesetz­t.

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Symbolfoto: Weizenegge­r Ein Mann steht wegen einer Messeratta cke vor Gericht.

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