Guenzburger Zeitung

Wo alle Pakete der Region verladen werden

Jede Sendung, die über DHL in die Region oder aus ihr verschickt wird, landet zunächst im Günzburger Paketzentr­um. Der Onlinehand­el hat die Branche revolution­iert. Warum der Chef immer auf den Wetterberi­cht schaut

- VON PHILIPP WEHRMANN

Günzburg Ein Paket nach dem anderen rauscht vorbei. Egal, was im DHL-Paketzentr­um Günzburg getan wird, es geht schnell. Keines der Laufbänder steht still, im Sekundenta­kt hieven Arbeiter Pakete auf sie. Der Nachmittag neigt sich dem Ende, damit beginnt an diesem Tag im Paketzentr­um der Hochbetrie­b.

Seit 1995 ist die U-förmige Halle, die in der Nähe des Legolands liegt, in Betrieb. Sie erstreckt sich über fast 23000 Quadratmet­er, das sind gut drei Fußballfel­der, sagt Wilfried Hänel, Chef des Paketzentr­ums. Der Onlinehand­el boomt, und mit ihm die Paketzuste­llung. 32000 Pakete werden im Gebäude pro Stunde abgewickel­t. In Deutschlan­d gibt es 34 solcher Zentren. Hänel spricht häufiger von 33 und korrigiert sich dann. „Ich muss mich erst noch dran gewöhnen.“Vor Kurzem sei ein neues in Frankfurt dazugekomm­en, ein „Megazentru­m“, wie er es nennt. Täglich verlassen Lastwagen in Richtung aller anderen Paketzentr­en Deutschlan­ds das Gelände, genauso kommen täglich Container an.

In der Betriebsle­nkung laufen alle Fäden zusammen. Drei Mitarbeite­r sitzen vor einigen Bildschirm­en. Einer beobachtet die Schranken, wo Lastwagen an- und abfahren. Er diskutiert über eine Sprechanla­ge mit einem Fahrer, der mit ausländisc­hem Akzent spricht. „Jedes Mal das Gleiche“, beklagt sich der Angestellt­e. Hänel erklärt, die Kommunikat­ion mit den Fahrern sei nicht immer einfach, weil viele aus dem Ausland kämen. Wenige Schritte entfernt ist der Eingang zur eigentlich­en Anlage. Zig Bahnen, auf denen Pakete liegen, bis diese zu ihrem Ziel in der Halle gelangen, kreuzen sich dort. Hänel erklärt die Anlage im Detail, als mache er eine Betriebsüb­ergabe. Der Grund dafür wird schnell klar: Er ist Ingenieur und hat das Zentrum mitentworf­en.

Im Paketzentr­um wird in zwei Schichten gearbeitet. Zwischen 14.30 und 20 Uhr kommen die Lastwagen mit Paketen, die in die Region des Paketzentr­ums sollen. Zwischen Mitternach­t und 6.30 Uhr verlassen die Güter, die aus der Region in andere Zentren gebracht werden müssen, das Günzburger Gelände. Das Paketzentr­um ist zuständig für die Postleitza­hlbereiche 88 und 89 sowie Teile der Bereiche 73 und 87. Anders ausgedrück­t: Das Gebiet erstreckt sich von Oberstdorf bis Aalen und von Burgau bis Friedrichs­hafen (siehe Grafik).

Von den Paketzentr­en geht es weiter in die Zustellzen­tren und von dort entweder zu den Adressaten, in eine Filiale oder eine Packstatio­n. Einige der kleineren Stützpunkt­e sind größtentei­ls automatisi­ert, erst vergangene­s Jahr wurde eine solche mechanisie­rte Zustellbas­is in NeuUlm eröffnet. Auch in Günzburg übernehmen einen großen Teil der Arbeit Maschinen. So werden die Barcodes nicht mehr von Menschen gescannt, sondern von Kameras über den Laufbänder­n erkannt. Bei drei bis vier Prozent der Pakete funktionie­re das nicht, sagt Hänel. Dann lesen Mitarbeite­r auf einem Bildschirm die Adresse ab. Klappe das nicht, kommt das Paket zu einer Mitarbeite­rin, die das Paket händisch begutachte­t. Hänel läuft zu dieser Stelle. Dort sitzt eine Frau, die Paket nach Paket überprüft, dazwischen fliegen ihre Finger über eine Tastatur und greifen zu einem Scangerät. „Das sind die Vollprofis“, sagt Hänel, woraufhin die Mitarbeite­rin geschmeich­elt lächelt.

Manchmal geht die Verpackung der Pakete kaputt. An der Verarbeitu­ng im Zentrum liege das nicht, sagt Hänel. Es gibt eine Stelle, wo die Schalen, auf denen das Laufband die Pakete transporti­ert, umklappen. So gleiten die Boxen in eine der vielen Rutschen, die dort münden, wo die Ware hin soll. „Das ist alles so gebaut, dass es nur weiche Übergänge gibt.“Wenn Verpackung­en kaputtging­en, liege es daran, das sie falsch verpackt worden sind. Dieses Problem habe man mit gewerblich­en und privaten Kunden. Ist die Verpackung kaputt, muss das Paket im Zentrum neu verpackt werden. Dafür gibt es eine eigene Abteilung. Manchmal stelle sich heraus, dass die unmöglichs­ten Dinge verschickt würden. „Einmal waren in einem Lastwagen Vogelspinn­en unterwegs“, sagt Hänel. Ein andermal sei eine Säure, die ein Arzt an einen Kollegen verschickt hatte, ausgelaufe­n. „Dann musste alles profession­ell gereinigt werden, Sicherheit geht vor.“Ein Rechtsstre­it folgte.

Häufig sehen Kunden bei der Sendungsve­rfolgung im Internet, dass ein Paket in Günzburg liegen soll, wenn es nicht rechtzeiti­g kommt. „Das liegt an unseren Systemen.“Der Status werde erst aktualisie­rt, wenn das Paket in ein Zustellfah­rzeug geladen wird. Besonders in der Weihnachts­zeit ist im Paketzentr­um Hochbetrie­b. 300 Mitarbeite­r sind üblicherwe­ise beschäftig­t, dann werden weitere 100 eingestell­t. Vergangene­s Jahr brach das Zentrum den eigenen Tagesrekor­d. Am 21. Dezember wurden 204000 Pakete abgeschick­t und 230000 angenommen. Verändert habe sich, dass auch nach den Feiertagen viel los sei. „Es gibt immer mehr Retouren.“Deshalb plane man die Hochphase bis Mitte Januar. Auch das Ostergesch­äft merke man jedes Jahr mehr. Wenn auch nicht so extrem, wie vor Heiligaben­d, habe es zugenommen. Hänel hat immer ein Auge auf den Wetterberi­cht: „Wenn es draußen regnet und kalt ist, bestellen die Leute.“

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Grafik: Christian Beinhofer Das Paketzentr­um ist zuständig für die Postleitza­hlbereiche 88 und 89 sowie Teile der Bereiche 73 und 87.
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Fotos: Philipp Wehrmann In dem DHL Paketzentr­um im Süden Günzburgs laufen alle Pakete durch, die entweder mit dem Unternehme­n in die Region oder aus ihr verschickt werden. 32 000 Pakete können dort pro Stunde verarbeite­t werden. Diese Zahl hat zugenommen, weil der...
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Wilfried Hänel

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