Warum Bayern Kitas nicht kostenlos macht
Die SPD will die Gebühren im Freistaat abschaffen. CSU-Regierung hält davon nichts
Augsburg Knapp jedes zweite Kind bis zehn Jahre wird in Bayern nicht nur von Mama und Papa erzogen: Die Kleinsten gehen früh in die Krippe, die Großen etwa zur Mittagsbetreuung. Eltern in Bayern zahlen dafür – anders als die in Rheinland-Pfalz, wo Kitas schon seit acht Jahren kostenlos sind. Niedersachsen und Hessen ziehen dieses Jahr nach, andere Bundesländer planen dasselbe. Bayern nicht.
Der Ausbau der Angebote und Qualitätsverbesserungen hätten Priorität vor einer Kostenfreiheit, heißt es aus dem Familienministerium. Ministerin Kerstin Schreyer (CSU) sagte gestern unserer Zeitung: „Unser Ziel ist es, dass Eltern für ihre Kinder genau die Art von Betreuung finden, die sie sich wünschen. Wir unterstützen deshalb die zuständigen Kommunen in Bayern sehr intensiv.“Für das letzte Kindergartenjahr erhalten Familien einen Zuschuss von 100 Euro pro Monat. „In den meisten Teilen Bayerns bedeutet das faktisch Beitragsfreiheit“, erklärt eine Sprecherin Schreyers. Allein für diese Maßnahme investiere der Freistaat jährlich rund 135 Millionen Euro. Doch gerade in Städten sind die Gebühren oft weit höher. In Augsburg überwiesen Eltern städtischen Kitas zuletzt gut 183 Euro – ganz zu schweigen von München. Die Summe bestimmen die Träger.
Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag nach dem Willen der SPD Mittel für eine Qualitätsoffensive und die „Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfreiheit“verankert. Gespräche über die Verteilung des Geldes treten nach Angaben des bayerischen Familienministeriums gerade in eine „entscheidende Phase“. Für Natascha Kohnen, stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im Freistaat, ist es dafür auch höchste Zeit. Denn Kita-Gebühren seien nur ein Baustein in den Alltagsausgaben einer Familie. Kostenlose Betreuung trage dazu bei, „Familien den Alltag bezahlbar zu machen“. Gegner jedoch kritisieren die Gratis-Kita als sozial ungerecht. Weil es für Familien mit niedrigem Einkommen – auch im Freistaat – schon reduzierte Sätze gebe, entlaste eine Abschaffung vor allem Besserverdiener. Die SPD sieht es anders. Erstens gehöre die Mehrheit der Familien zumindest in Bayern dem Mittelstand an, zweitens würden Geringverdiener finanzielle Unterstützung bisher oft nicht annehmen.
„Finanziell hätte der Freistaat ohne Weiteres die Möglichkeit, gebührenfreie Kitas einzuführen“, sagt Kohnen. SPD-Berechnungen zufolge würde eine kostenlose Grundbetreuung für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren langfristig 535 Millionen Euro im Jahr kosten. „Das ließe sich unter anderem durch Steuermehreinnahmen und die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs finanzieren, durch die Gelder frei werden.“Für Kohnen ist es eine Investition in die Zukunft: „Frühkindliche Bildung ist so wichtig wie der Schulbesuch. Und deshalb muss auch die Kita kostenlos sein.“