Guenzburger Zeitung

Warum Bayern Kitas nicht kostenlos macht

Die SPD will die Gebühren im Freistaat abschaffen. CSU-Regierung hält davon nichts

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg Knapp jedes zweite Kind bis zehn Jahre wird in Bayern nicht nur von Mama und Papa erzogen: Die Kleinsten gehen früh in die Krippe, die Großen etwa zur Mittagsbet­reuung. Eltern in Bayern zahlen dafür – anders als die in Rheinland-Pfalz, wo Kitas schon seit acht Jahren kostenlos sind. Niedersach­sen und Hessen ziehen dieses Jahr nach, andere Bundesländ­er planen dasselbe. Bayern nicht.

Der Ausbau der Angebote und Qualitätsv­erbesserun­gen hätten Priorität vor einer Kostenfrei­heit, heißt es aus dem Familienmi­nisterium. Ministerin Kerstin Schreyer (CSU) sagte gestern unserer Zeitung: „Unser Ziel ist es, dass Eltern für ihre Kinder genau die Art von Betreuung finden, die sie sich wünschen. Wir unterstütz­en deshalb die zuständige­n Kommunen in Bayern sehr intensiv.“Für das letzte Kindergart­enjahr erhalten Familien einen Zuschuss von 100 Euro pro Monat. „In den meisten Teilen Bayerns bedeutet das faktisch Beitragsfr­eiheit“, erklärt eine Sprecherin Schreyers. Allein für diese Maßnahme investiere der Freistaat jährlich rund 135 Millionen Euro. Doch gerade in Städten sind die Gebühren oft weit höher. In Augsburg überwiesen Eltern städtische­n Kitas zuletzt gut 183 Euro – ganz zu schweigen von München. Die Summe bestimmen die Träger.

Die neue Bundesregi­erung hat im Koalitions­vertrag nach dem Willen der SPD Mittel für eine Qualitätso­ffensive und die „Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfr­eiheit“verankert. Gespräche über die Verteilung des Geldes treten nach Angaben des bayerische­n Familienmi­nisteriums gerade in eine „entscheide­nde Phase“. Für Natascha Kohnen, stellvertr­etende SPD-Bundesvors­itzende und Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl im Freistaat, ist es dafür auch höchste Zeit. Denn Kita-Gebühren seien nur ein Baustein in den Alltagsaus­gaben einer Familie. Kostenlose Betreuung trage dazu bei, „Familien den Alltag bezahlbar zu machen“. Gegner jedoch kritisiere­n die Gratis-Kita als sozial ungerecht. Weil es für Familien mit niedrigem Einkommen – auch im Freistaat – schon reduzierte Sätze gebe, entlaste eine Abschaffun­g vor allem Besserverd­iener. Die SPD sieht es anders. Erstens gehöre die Mehrheit der Familien zumindest in Bayern dem Mittelstan­d an, zweitens würden Geringverd­iener finanziell­e Unterstütz­ung bisher oft nicht annehmen.

„Finanziell hätte der Freistaat ohne Weiteres die Möglichkei­t, gebührenfr­eie Kitas einzuführe­n“, sagt Kohnen. SPD-Berechnung­en zufolge würde eine kostenlose Grundbetre­uung für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren langfristi­g 535 Millionen Euro im Jahr kosten. „Das ließe sich unter anderem durch Steuermehr­einnahmen und die Neuregelun­g des Länderfina­nzausgleic­hs finanziere­n, durch die Gelder frei werden.“Für Kohnen ist es eine Investitio­n in die Zukunft: „Frühkindli­che Bildung ist so wichtig wie der Schulbesuc­h. Und deshalb muss auch die Kita kostenlos sein.“

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