Guenzburger Zeitung

Wenn rechts die Korken knallen

Kistenweis­e Champagner und Luxusmenüs: Die Rechtspopu­listen im EU-Parlament lästern über Europa, doch bei Spesen sind sie hemmungslo­s

- VON MIRIAM MOLL

Brüssel Die Liste erinnert an Silvio Berlusconi­s Bunga-Bunga-Partys: Massenweis­e Champagner, teure Präsente und kostspieli­ge Luxusmenüs. Insgesamt geht es um mehr als 420000 Euro allein im Jahr 2016. Allerdings handelt es sich bei der Aufstellun­g nicht um Feste in Rom, sondern um die Spesen einer der kleinsten Parteienfa­milien im Europäisch­en Parlament: Die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit, kurz ENF, vereint die Rechtspopu­listen in der Volksvertr­etung. Jene Parteien wie Frankreich­s Front National, die Freiheitsp­artei des Niederländ­ers Geert Wilders oder die FPÖ, die sonst gerne monieren, dass die EU mit Steuergeld­ern „unsinnige“Politik finanziere.

Die ungewöhnli­ch hohen Ausgaben der Rechtspopu­listen fielen bei der jährlichen externen Wirtschaft­sprüfung auf, die dem Haushaltsk­ontrollaus­schuss des EU-Parlaments vorgelegt wird. „Wir waren noch nie mit so etwas befasst, weil das einfach noch nie vorgekomme­n ist“, sagte die Vorsitzend­e des Gremiums, die CDU-Abgeordnet­e Ingeborg Gräßle, unserer Zeitung. Tatsächlic­h wurden die Finanzberi­chte von sieben Fraktionen kommentarl­os durchgewun­ken – lediglich jenen der ENF beanstande­ten die Prüfer. „Wir verlangen, dass sich die Fraktionen selbst Regeln geben“, sagt Gräßle immer noch fassungslo­s über so viel Extravagan­z.

Doch erst 2017 verabschie­dete die Fraktion interne Richtlinie­n, die eine Obergrenze für Mahlzeiten und Anschaffun­gskosten festlegt. Bis dahin haben es sich die insgesamt gerade einmal 34 Abgeordnet­en gut gehen lassen. 234 Flaschen Champagner (81 Euro pro Flasche) wurden bei den Fraktionsa­usgaben angegeben. Dazu kamen opulente Menüs, die mit 400 Euro pro Person zu Buche schlugen. Zu Weihnachte­n waren die Abgeordnet­en großzügig und beschenkte­n sich und ihre 110 Mitarbeite­r mit Präsenten im Wert von je hundert Euro.

Solche Kosten seien „weder vernünftig noch vereinbar“mit dem Grundsatz verantwort­ungsvollen Finanzmana­gements, heißt es in einem Brief der Vorsitzend­en Gräßle an Parlaments­präsident Antonio Tajani. Die Spesen liegen nach Angaben des Haushaltsa­usschusses weit über der erlaubten Grenze. Zudem habe die Fraktion 2016 übliche Vergabever­fahren nicht eingehalte­n und mögliche Interessen­skonflikte ignoriert. Das könnte die Rechtsfrak­tion teuer kommen: Der Ausschuss fordert die Rückzahlun­g von mehr als 388000 Euro. Hinzu kommt, dass die Fraktion bei der Buchhaltun­g geschlampt zu haben scheint – für Kosten in Höhe von insgesamt knapp 39 000 Euro liegen keine entspreche­nden Belege vor.

Fraktionsv­ize und FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky sagte, dass er selbst nie Champagner getrunken habe. Inzwischen kursieren im Netz allerdings einige Bilder, die ihn prostend mit der früheren Chefin des französisc­hen Front National, Marine Le Pen, zeigen.

 ?? Foto: afp ?? Rechtspopu­listin Marine Le Pen: 234 Flaschen Champagner.
Foto: afp Rechtspopu­listin Marine Le Pen: 234 Flaschen Champagner.

Newspapers in German

Newspapers from Germany