Hier spricht nicht die Polizei
Immer mehr Callcenterbetrüger geben sich als Ordnungshüter aus und wollen ältere Menschen abzocken. Die Zahl anderer Straftaten ist jedoch deutlich rückläufig
Landkreis Das Bild vom Polizisten als Freund und Helfer haben viele verinnerlicht, doch wenn sich am Telefon eine Amtsperson meldet, ist es manchmal mitnichten ein Helfer und schon gar kein Freund: In jüngster Zeit häufen sich Anrufe bei älteren Menschen, in denen angebliche Ordnungshüter sich um das Vermögen der Angerufenen sorgen und es in Sicherheit bringen wollen.
Da wird dann vor angeblich korrupten Bankangestellten gewarnt oder vor vermeintlichen Einbrechern, die es just auf das Häuschen der Person am anderen Ende der Leitung abgesehen haben. Schon so mancher hat sein Vermögen einem angeblichen Helfer anvertraut. Vergangenes Jahr wurde ein 89-Jähriger um 200 000 Euro geprellt. Diese Masche bereitet der echten Polizei Kopfzerbrechen – zumal in den vergangenen Tagen schon wieder vier solcher Betrugsfälle registriert wurden, bei denen es allerdings beim Versuch blieb. Polizeipräsident Werner Strößner, Chef des Präsidiums Schwaben Süd/West, sorgt sich zudem darum, dass dadurch das Vertrauen in Polizei und Justiz untergraben werde. „Die Entwicklung macht uns richtig Sorgen“, sagte er gestern bei der Vorstellung der Kriminalstatistik für das Jahr 2017.
Das hat auch noch einen anderen Grund: Die Täter solcher sogenannten Callcenterbetrügereien – sie sitzen in diesem Fall in der Regel in der Türkei – manipulieren die Telefonnummern mit einem technischen Trick: Beim Angerufenen erscheint hinter der Vorwahl die 110, also der offizielle Polizei-Notruf. Strößner: „Dadurch wird Misstrauen gesät, denn die Menschen fragen sich: Kann ich der Person am anderen Ende überhaupt noch trauen?“Fast jeden Tag wird mittlerweile im Bereich des Polizeipräsidiums ein solcher Betrugsanruf gemeldet. Dieser Tage hätten falsche Polizisten im Raum Neu-Ulm beinahe 20 000 Euro ergaunert, wenn die Angehörigen der angerufenen Person nicht misstrauisch geworden wären.
Doch ansonsten leben die Menschen im Bereich des Kemptener Präsidiums in einer ausgesprochen sicheren Gegend, wie die aktuelle Statistik ausweist – das gilt vor allem für die Menschen in ländlichen Gebieten wie dem Unterallgäu oder dem Kreis Günzburg. Im Kreis Neu-Ulm ereignen sich deutlich mehr Straftaten, was zum Großteil am Ballungsraum Ulm/Neu-Ulm liegt. Die Menge der Straftaten pro 100000 Einwohner, also die sogenannte „Kriminalhäufigkeitszahl“, liegt hier niedriger als im BayernDurchschnitt. Demnach ist die Ge-
fahr, in der Region Opfer einer Straftat zu werden, deutlich geringer als anderswo, wie der Sachgebietsleiter Kriminalitätsbekämpfung, Albert Müller, erklärte.
Wenn dann doch etwas passiert, ist die Chance groß, dass der oder die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Die Aufklärungsquote beträgt mittlerweile gut 72 Prozent, sie ist im vergangenen Jahr sogar noch ein wenig gestiegen. Das sei der zweitbeste Wert in Bayern. Allerdings registriert die Polizei mehr
Gewaltdelikte. Hier steigt die Kurve nunmehr im dritten Jahr an und liegt mit 1447 Fällen so hoch wie seit zehn Jahren nicht. Den Hauptanteil machen mit knapp 84 Prozent die Delikte gefährliche und schwere Körperverletzung aus. Gemessen an der Gesamtkriminalität jedoch beträgt ihr Anteil knapp drei Prozent. Den Spitzenplatz nimmt ganz klar der Kreis Neu-Ulm ein, wo mehr als doppelt so viele Gewaltdelikte registriert wurden wie im Unterallgäu oder in Günzburg. Eindeutig im
Sinken begriffen ist die Straßenkriminalität, die den niedrigsten Wert der vergangenen zehn Jahre erreicht hat. Sie sank um ein Viertel. Die Menschen seien also sicher auf der Straße, so Strößner. Auch bei den Diebstählen meldet die Polizei einen ähnlich deutlichen Rückgang. Das sei eine schöne Entwicklung. Was die Einbrüche anbelangt, scheint ebenfalls eine klare Besserung in Sicht. Die Zahl der Fälle schrumpfte um 14 Prozent. Näheres will die Polizei demnächst bekannt geben.