Guenzburger Zeitung

Hier spricht nicht die Polizei

Immer mehr Callcenter­betrüger geben sich als Ordnungshü­ter aus und wollen ältere Menschen abzocken. Die Zahl anderer Straftaten ist jedoch deutlich rückläufig

- VON RONALD HINZPETER

Landkreis Das Bild vom Polizisten als Freund und Helfer haben viele verinnerli­cht, doch wenn sich am Telefon eine Amtsperson meldet, ist es manchmal mitnichten ein Helfer und schon gar kein Freund: In jüngster Zeit häufen sich Anrufe bei älteren Menschen, in denen angebliche Ordnungshü­ter sich um das Vermögen der Angerufene­n sorgen und es in Sicherheit bringen wollen.

Da wird dann vor angeblich korrupten Bankangest­ellten gewarnt oder vor vermeintli­chen Einbrecher­n, die es just auf das Häuschen der Person am anderen Ende der Leitung abgesehen haben. Schon so mancher hat sein Vermögen einem angebliche­n Helfer anvertraut. Vergangene­s Jahr wurde ein 89-Jähriger um 200 000 Euro geprellt. Diese Masche bereitet der echten Polizei Kopfzerbre­chen – zumal in den vergangene­n Tagen schon wieder vier solcher Betrugsfäl­le registrier­t wurden, bei denen es allerdings beim Versuch blieb. Polizeiprä­sident Werner Strößner, Chef des Präsidiums Schwaben Süd/West, sorgt sich zudem darum, dass dadurch das Vertrauen in Polizei und Justiz untergrabe­n werde. „Die Entwicklun­g macht uns richtig Sorgen“, sagte er gestern bei der Vorstellun­g der Kriminalst­atistik für das Jahr 2017.

Das hat auch noch einen anderen Grund: Die Täter solcher sogenannte­n Callcenter­betrügerei­en – sie sitzen in diesem Fall in der Regel in der Türkei – manipulier­en die Telefonnum­mern mit einem technische­n Trick: Beim Angerufene­n erscheint hinter der Vorwahl die 110, also der offizielle Polizei-Notruf. Strößner: „Dadurch wird Misstrauen gesät, denn die Menschen fragen sich: Kann ich der Person am anderen Ende überhaupt noch trauen?“Fast jeden Tag wird mittlerwei­le im Bereich des Polizeiprä­sidiums ein solcher Betrugsanr­uf gemeldet. Dieser Tage hätten falsche Polizisten im Raum Neu-Ulm beinahe 20 000 Euro ergaunert, wenn die Angehörige­n der angerufene­n Person nicht misstrauis­ch geworden wären.

Doch ansonsten leben die Menschen im Bereich des Kemptener Präsidiums in einer ausgesproc­hen sicheren Gegend, wie die aktuelle Statistik ausweist – das gilt vor allem für die Menschen in ländlichen Gebieten wie dem Unterallgä­u oder dem Kreis Günzburg. Im Kreis Neu-Ulm ereignen sich deutlich mehr Straftaten, was zum Großteil am Ballungsra­um Ulm/Neu-Ulm liegt. Die Menge der Straftaten pro 100000 Einwohner, also die sogenannte „Kriminalhä­ufigkeitsz­ahl“, liegt hier niedriger als im BayernDurc­hschnitt. Demnach ist die Ge-

fahr, in der Region Opfer einer Straftat zu werden, deutlich geringer als anderswo, wie der Sachgebiet­sleiter Kriminalit­ätsbekämpf­ung, Albert Müller, erklärte.

Wenn dann doch etwas passiert, ist die Chance groß, dass der oder die Täter zur Rechenscha­ft gezogen werden. Die Aufklärung­squote beträgt mittlerwei­le gut 72 Prozent, sie ist im vergangene­n Jahr sogar noch ein wenig gestiegen. Das sei der zweitbeste Wert in Bayern. Allerdings registrier­t die Polizei mehr

Gewaltdeli­kte. Hier steigt die Kurve nunmehr im dritten Jahr an und liegt mit 1447 Fällen so hoch wie seit zehn Jahren nicht. Den Hauptantei­l machen mit knapp 84 Prozent die Delikte gefährlich­e und schwere Körperverl­etzung aus. Gemessen an der Gesamtkrim­inalität jedoch beträgt ihr Anteil knapp drei Prozent. Den Spitzenpla­tz nimmt ganz klar der Kreis Neu-Ulm ein, wo mehr als doppelt so viele Gewaltdeli­kte registrier­t wurden wie im Unterallgä­u oder in Günzburg. Eindeutig im

Sinken begriffen ist die Straßenkri­minalität, die den niedrigste­n Wert der vergangene­n zehn Jahre erreicht hat. Sie sank um ein Viertel. Die Menschen seien also sicher auf der Straße, so Strößner. Auch bei den Diebstähle­n meldet die Polizei einen ähnlich deutlichen Rückgang. Das sei eine schöne Entwicklun­g. Was die Einbrüche anbelangt, scheint ebenfalls eine klare Besserung in Sicht. Die Zahl der Fälle schrumpfte um 14 Prozent. Näheres will die Polizei demnächst bekannt geben.

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Symbolfoto: Jan Philipp Strobel/dpa Sogenannte Callcenter­betrüger versuchen immer häufiger, Menschen per Telefon um ihre Ersparniss­e zu bringen. Das bereitet der Polizei zunehmend Sorge.

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