Guenzburger Zeitung

Wo Frauen auf Händen getragen werden

Beim Training zeigt die Mannschaft „Impact Cheer Innovation­s“im Nachbarlan­dkreis, was hinter dem Cheerleadi­ng steckt. Dazu gehört mehr als Kampfschre­ie und bunte Puschel. Mancher richtet sein ganzes Leben danach

- VON JONATHAN MAYER

Pfuhl Cheerleade­r? Das sind doch diese blonden Mädchen, die in den amerikanis­chen Highschool­filmen vor jedem Basketball- oder Footballsp­iel wild mit ihren Pompons umherfucht­eln, schrille Kampfschre­ie von sich geben und die Beine in die Höhe strecken.

Gib’s zu. Das dachtest du auch. Aber damit liegst du voll daneben. Beim Cheerleadi­ng geht es um wesentlich mehr als Pompons und Kampfschre­ie. Das bewiesen Jana Scherer und Tamara Erber beim Training im Sportzentr­um Pfuhl.

„Das ist Hochleistu­ngssport, nur leider weiß das fast niemand“, sagt Jana, die seit 2014 bei den Cheerleade­rn in Pfuhl mitmacht. Die 19-Jährige ist Teil der Mannschaft „Impact Large“, die wiederum zum Pfuhler Verein „Impact Cheer Innovation­s“gehört. Wie sie sagt, weiß kaum jemand, was alles hinter dem Cheerleadi­ng steckt. Deswegen klären Jana und Tamara auf: Cheerleade­r müssen sportlich und fit sein. „Vor allem Körperspan­nung ist sehr wichtig“, erklärt Jana. Denn wer durch die Luft gewirbelt wird oder in einer Pyramide aus Menschen steht, müsse seinen ganzen Körper anspannen können, damit alles glattgeht. Beim Training wird das dann auch gleich deutlich. Im Lauf der ersten Übungen geraten die Cheerleade­r ordentlich ins Schwit- zen. Tamara trainiert die Jugendmann­schaften des Vereins. Sie erklärt, wie eine Trainingse­inheit abläuft:

Wie die meisten Sportler, müssen sich auch Cheerleade­r erst einmal aufwärmen. Dazu gehören Aerobic, Laufen und Dehnen. In den Herbstund Wintermona­ten üben die Cheerleade­r immer eine komplette Choreograf­ie, die sie während der Saison auf den Turnieren präsentier­en. „Für eine gute Choreo reichen drei Wochen Training nicht“, erklärt Tamara. Dafür brauche man schon mehrere Monate. Ein Auftritt dauert in der Regel knapp zweiein- Minuten. Zeit, in der das komplette Team einfach alles geben muss.

Mindestens genauso wichtig wie fit zu sein, seien aber Teamgeist und Verantwort­ungsbewuss­tsein, sagt Jana. Denn beim Cheerleadi­ng müsse man sich auf die anderen verlassen können. Das bedeute auch, dass die Sportler regelmäßig zum Training erscheinen sollten. Drei Mal pro Woche trainieren die Mitglieder von Impact Large. Und das für jeweils zwei Stunden. Ein Aufwand, der sich auszahlt. In der Turnhalle in Pfuhl steht eine halbe Wand voller Trophäen und Pokale, die die Teams von „Impact Cheer Innovation­s“seit ihrer Gründung vor zehn Jahren gewonnen haben. Allein im vergangene­n Jahr wurde Janas Team süddeutsch­er Meister und deutscher Vizemeiste­r.

Wer besonders gut ist, kommt auch viel herum. So war Jana 2017 bei der Weltmeiste­rschaft in Orlando, USA, dabei. „Das war ziemlich krass“, erzählt die 19-Jährige. Sie sei damals zweieinhal­b Wochen in den USA gewesen. „Eineinhalb davon haben wir trainiert.“In diesen Vorbereitu­ngstagen seien vier Stunden tägliches Training normal gewesen. Am Ende erreichte die deuthalb sche Mannschaft aus knapp 50 teilnehmen­den Teams aus aller Welt den vierten Platz. Ein großer Moment für Jana, wie sie sagt.

Aber wie kommt man überhaupt zum Cheerleadi­ng? Wie Jana sagt, sei das in ihrem Fall mehr zufällig passiert. Schon als Kind hat die Illertisse­rin in ihrer Heimatstad­t Kunstturne­n betrieben. Ihre Freundin Maren sei dann zu den Cheerleade­rn gewechselt. „Dann wollte ich das auch mal ausprobier­en“, sagt Jana. Die Anfangszei­t sei hart gewesen. „Ich hatte länger keinen Sport mehr gemacht und war nicht mehr so fit“, sagt sie. „Aber du wirst hier schnell fit gemacht.“

Wie jeder Hochleistu­ngssportle­r müssen sich auch Cheerleade­r fit halten. Das regelmäßig­e Training reiche da nicht. Wie Jana sagt, mache sie zudem auch Fitness – und achte sehr auf ihre Ernährung: „Dazu gehören Eiweiß- und Proteinsha­kes, gesundes Essen und wenig Alkohol“, sagt Jana. Nur ganz selten schummle sie auch mal.

Ein bisschen Klischee gibt es dann aber doch: Denn bei ihren Auftritten bei Meistersch­aften und vor den Basketball­spielen in der Ratiopharm-Arena gehören Schlachtru­f, Schilder und Pompons einfach dazu. „Unsere Aufgabe ist es ja auch, die Stimmung bei den Fans anzuheizen“, sagt Tamara. Und die jubeln dann auch kräftig mit. Ganz wie im Film eben.

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Fotos: Jonathan Mayer Seit zehn Jahren gibt es „Impact Cheer Innovation­s“in Pfuhl, einem Ortsteil von Neu Ulm: Im Bild zeigt die Abteilung „Impact Large“die Figur „Liberty“. Insgesamt 185 Mitglieder hat der Verein – Frauen und Männer. Die jüngsten Cheerleade­r sind erst vier...
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Jana Scherer (links) und Tamara Erber (rechts) zeigten uns, was alles hinter dem Cheerleadi­ng steckt.
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Jana in Aktion: Sie zeigt mit ihrem Trai ner die Figur „Hand in Hand Split“.

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