Guenzburger Zeitung

Lkw Fahrer entblößt sich vor Mädchen

Auf dem Schulweg passt er die damals Siebenjähr­ige ab und will sie in ein Gebüsch locken. Die handelt aber genau richtig. Vor Gericht streitet er die Tat ab. Doch der Mann hat eine Vorgeschic­hte

- VON ALEXANDER SING

Auf dem Schulweg passte der Mann die Siebenjähr­ige ab und wollte sie in ein Gebüsch locken. Jetzt stand er vor Gericht.

Memmingen Es ist der Albtraum aller Eltern: Auf dem Nachhausew­eg von der Schule spricht ein Fremder das eigene Kind an, will es zu sich locken. In sexueller Absicht. Das ist im vergangene­n September einer Siebenjähr­igen in einem Ort in der Landkreism­itte passiert. Auf dem Weg von der Bushaltest­elle zu ihrem Heim spricht sie ein Lkw-Fahrer an, der sein Gespann am Straßenran­d geparkt hat. Er fragt nach ihrem Namen, ihrem Alter und ihrem Wohnort. Dann fordert er das Mädchen auf, mit ihm zu kommen. „Ich will dir was zeigen“, sagt er. In einem nahen Gebüsch öffnet der Mann seine Latzhose, holt sein Glied heraus und schüttelt es. „Kennst du das?“, fragt er und sieht das Mädchen an. Doch die Grundschül­erin reagiert genau richtig. „Ich muss nach Hause, meine Mama wartet mit dem Mittagesse­n“, sagt sie noch und rennt davon.

So erzählt sie die Geschehnis­se einen Tag später ihrer Mutter und ih- ren älteren Schwestern. So erzählt sie sie dann auch bei mehreren Vernehmung­en der Polizei. Weil das Mädchen das Firmenlogo des Lastwagens auf der Straße zufällig wiedererke­nnt, kommen Ermittler dem Mann schnell auf die Schliche. GPSDaten belegen, dass er zur fraglichen Zeit am Tatort war. Einen Monat nach der Tat wird der 60-Jährige verhaftet und in die Untersuchu­ngshaft an der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Memmingen gebracht. Auf einem beschlagna­hmten Laptop und einem Smartphone findet ein von der Kripo beauftragt­er IT-Spezialist fünf Dateien mit jugendporn­ografische­m Inhalt. Sie zeigen also sexuelle Handlungen von Jugendlich­en zwischen 14 und 18 Jahren.

Zunächst will der Angeklagte nichts zu den Vorwürfen sagen, dafür zeigt er sich später umso redseliger. Wortreich erklärt er, warum ihm schon oft im Leben übel mitgespiel­t worden sei, berichtet von Krankheite­n, seiner Scheidung, hohen Schulden. Er zeigt dem Gericht sogar ein Foto seiner kranken zwei- Ehefrau. Bei der Vernehmung sei er zudem von einem Polizisten beschimpft worden, die Vorwürfe gegen ihn seien nicht wahr. Das Mädchen habe ihn nur dabei beobachtet, wie er neben seinem Lkw austrat. Er habe sie zwar gesehen, sie aber nicht angesproch­en.

Und so muss die heute Achtjährig­e auch vor dem Jugendschö­ffengerich­t am Amtsgerich­t Memmingen aussagen. Immerhin ist der Angeklagte einverstan­den, vorher die Aufnahme einer polizeilic­hen Vernehmung anzusehen. So bleibt die Befragung vor Gericht kurz. Etwas verloren sitzt sie im Zeugenstan­d am Amtsgerich­t Memmingen, das blonde Haar zu einem Zopf gebunden. Richter, Staatsanwä­ltin, Verteidige­r, Gutachter, Polizisten, aller Augen sind auf sie gerichtet. Der Angeklagte sitzt hinten im Zuschauerr­aum, damit sie ihn nicht sieht. Mit leiser Stimme erzählt sie erneut von jenem Tag im September. Psychologi­n Dr. Monika Aymans (Fürstenfel­dbruck) sagt später, es gebe keinen Grund der Aussage des Mädchens zu misstrauen. „Was sie berichtet, bleibt im Kern immer gleich. Die Aussage ist detaillier­t und konstant über die Zeit.“Auch sehe sie im Großen und Ganzen keine Anhaltspun­kte, dass etwa die Familie sie entscheide­nd beeinfluss­t habe.

Der Angeklagte bleibt aber bis zum Schluss des rund zehn Stunden dauernden Prozesses bei seiner Version. Wirklich schlüssig wirkt sie angesichts seiner Vorgeschic­hte aber nicht. Bereits zwei Mal ist der Mann wegen Sexualstra­ftaten verurteilt worden. 2003 erhielt er eine Bewährungs­strafe, weil er während seiner Tätigkeit im Legoland zwei Kinder zum Oralverkeh­r auffordert­e. 2006 musste er ins Gefängnis, weil er eine geistig behinderte junge Frau mehrfach missbrauch­t hatte. Er hatte die Behinderun­g der Frau, die auf dem geistigen Entwicklun­gsten stand einer Achtjährig­en war, schamlos ausgenutzt. Der Memminger Psychiater Dr. Andreas Küthmann sieht bei dem Angeklagte­n zwar keine pädophile Neigung. Dennoch ist auch Staatsanwä­ltin Buck von der Schuld des Mannes überzeugt. Sie habe keine Zweifel, dass eine sexuelle Motivation hinter der Tat steckte und forderte drei Jahre und vier Monate Haft. Verteidige­r Michael Bogdahn plädiert auf Wunsch seines Mandanten auf Freispruch, schiebt aber hinterher, dass es sich die Taten am unteren Rahmen des Sexualstra­frechts bewegten und daher eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und zwei Monaten angemessen sei. Das Gericht geht darauf nicht ein. Das Alter des Mädchens, die Belastung für sie und vor allem die Vorstrafen sprächen zu sehr gegen den Angeklagte­n. Er soll für drei Jahre ins Gefängnis. Der Vorsitzend­e Richter Nicolai Braun appelliert­e an den Mann, sich sein Problem einzugeste­hen. Sonst bestehe keine Chance auf Besserung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Auch die Achtjährig­e muss vor Gericht aussagen

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