Lkw Fahrer entblößt sich vor Mädchen
Auf dem Schulweg passt er die damals Siebenjährige ab und will sie in ein Gebüsch locken. Die handelt aber genau richtig. Vor Gericht streitet er die Tat ab. Doch der Mann hat eine Vorgeschichte
Auf dem Schulweg passte der Mann die Siebenjährige ab und wollte sie in ein Gebüsch locken. Jetzt stand er vor Gericht.
Memmingen Es ist der Albtraum aller Eltern: Auf dem Nachhauseweg von der Schule spricht ein Fremder das eigene Kind an, will es zu sich locken. In sexueller Absicht. Das ist im vergangenen September einer Siebenjährigen in einem Ort in der Landkreismitte passiert. Auf dem Weg von der Bushaltestelle zu ihrem Heim spricht sie ein Lkw-Fahrer an, der sein Gespann am Straßenrand geparkt hat. Er fragt nach ihrem Namen, ihrem Alter und ihrem Wohnort. Dann fordert er das Mädchen auf, mit ihm zu kommen. „Ich will dir was zeigen“, sagt er. In einem nahen Gebüsch öffnet der Mann seine Latzhose, holt sein Glied heraus und schüttelt es. „Kennst du das?“, fragt er und sieht das Mädchen an. Doch die Grundschülerin reagiert genau richtig. „Ich muss nach Hause, meine Mama wartet mit dem Mittagessen“, sagt sie noch und rennt davon.
So erzählt sie die Geschehnisse einen Tag später ihrer Mutter und ih- ren älteren Schwestern. So erzählt sie sie dann auch bei mehreren Vernehmungen der Polizei. Weil das Mädchen das Firmenlogo des Lastwagens auf der Straße zufällig wiedererkennt, kommen Ermittler dem Mann schnell auf die Schliche. GPSDaten belegen, dass er zur fraglichen Zeit am Tatort war. Einen Monat nach der Tat wird der 60-Jährige verhaftet und in die Untersuchungshaft an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Memmingen gebracht. Auf einem beschlagnahmten Laptop und einem Smartphone findet ein von der Kripo beauftragter IT-Spezialist fünf Dateien mit jugendpornografischem Inhalt. Sie zeigen also sexuelle Handlungen von Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren.
Zunächst will der Angeklagte nichts zu den Vorwürfen sagen, dafür zeigt er sich später umso redseliger. Wortreich erklärt er, warum ihm schon oft im Leben übel mitgespielt worden sei, berichtet von Krankheiten, seiner Scheidung, hohen Schulden. Er zeigt dem Gericht sogar ein Foto seiner kranken zwei- Ehefrau. Bei der Vernehmung sei er zudem von einem Polizisten beschimpft worden, die Vorwürfe gegen ihn seien nicht wahr. Das Mädchen habe ihn nur dabei beobachtet, wie er neben seinem Lkw austrat. Er habe sie zwar gesehen, sie aber nicht angesprochen.
Und so muss die heute Achtjährige auch vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Memmingen aussagen. Immerhin ist der Angeklagte einverstanden, vorher die Aufnahme einer polizeilichen Vernehmung anzusehen. So bleibt die Befragung vor Gericht kurz. Etwas verloren sitzt sie im Zeugenstand am Amtsgericht Memmingen, das blonde Haar zu einem Zopf gebunden. Richter, Staatsanwältin, Verteidiger, Gutachter, Polizisten, aller Augen sind auf sie gerichtet. Der Angeklagte sitzt hinten im Zuschauerraum, damit sie ihn nicht sieht. Mit leiser Stimme erzählt sie erneut von jenem Tag im September. Psychologin Dr. Monika Aymans (Fürstenfeldbruck) sagt später, es gebe keinen Grund der Aussage des Mädchens zu misstrauen. „Was sie berichtet, bleibt im Kern immer gleich. Die Aussage ist detailliert und konstant über die Zeit.“Auch sehe sie im Großen und Ganzen keine Anhaltspunkte, dass etwa die Familie sie entscheidend beeinflusst habe.
Der Angeklagte bleibt aber bis zum Schluss des rund zehn Stunden dauernden Prozesses bei seiner Version. Wirklich schlüssig wirkt sie angesichts seiner Vorgeschichte aber nicht. Bereits zwei Mal ist der Mann wegen Sexualstraftaten verurteilt worden. 2003 erhielt er eine Bewährungsstrafe, weil er während seiner Tätigkeit im Legoland zwei Kinder zum Oralverkehr aufforderte. 2006 musste er ins Gefängnis, weil er eine geistig behinderte junge Frau mehrfach missbraucht hatte. Er hatte die Behinderung der Frau, die auf dem geistigen Entwicklungsten stand einer Achtjährigen war, schamlos ausgenutzt. Der Memminger Psychiater Dr. Andreas Küthmann sieht bei dem Angeklagten zwar keine pädophile Neigung. Dennoch ist auch Staatsanwältin Buck von der Schuld des Mannes überzeugt. Sie habe keine Zweifel, dass eine sexuelle Motivation hinter der Tat steckte und forderte drei Jahre und vier Monate Haft. Verteidiger Michael Bogdahn plädiert auf Wunsch seines Mandanten auf Freispruch, schiebt aber hinterher, dass es sich die Taten am unteren Rahmen des Sexualstrafrechts bewegten und daher eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten angemessen sei. Das Gericht geht darauf nicht ein. Das Alter des Mädchens, die Belastung für sie und vor allem die Vorstrafen sprächen zu sehr gegen den Angeklagten. Er soll für drei Jahre ins Gefängnis. Der Vorsitzende Richter Nicolai Braun appellierte an den Mann, sich sein Problem einzugestehen. Sonst bestehe keine Chance auf Besserung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Auch die Achtjährige muss vor Gericht aussagen