Guenzburger Zeitung

Fliegerbom­be in Leipheim entschärft

Bei Grabungen im neuen Baugebiet ist gestern ein 250 Kilo schwerer Sprengkörp­er entdeckt worden. 369 Bewohner mussten ihre Häuser verlassen, auch ein Einkaufsma­rkt und das Gartenhall­enbad wurden geschlosse­n

- VON HEIKE SCHREIBER

Leipheim Nicht nur in Neu-Ulm wird derzeit eine Fliegerbom­be nach der anderen entdeckt, auch in Leipheim ist gestern ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg aufgetauch­t. Mitarbeite­r der Firma Terrasond Kampfmitte­lräumung, die seit einigen Tagen auf dem künftigen Baugebiet Grasiger Weg Grabungen durchführe­n, stießen gestern Morgen auf einen 250 Kilo schweren Sprengkörp­er. In der Folge mussten Feuerwehr und Polizei in einem Radius von 300 Metern Gebäude evakuieren, der Verkehr wurde weiträumig gesperrt. 369 Bewohner mussten ihre Häuser verlassen, auch das Gartenhall­enbad und Gewerbebet­riebe mussten schließen. Kurz vor 16 Uhr kam die Entwarnung, die Bombe war entschärft.

Als Bürgermeis­ter Christian Konrad gestern Vormittag die Nachricht bekam, dass ein Blindgänge­r am Stadtrand entdeckt worden war, blieb er gelassen: „Wir sind da mittlerwei­le entspannt, wir hatten das Szenario schön öfter und wissen, dass hier noch so einiges rumliegt.“In die bisherige Amtszeit des Leipheimer Rathausche­fs fallen schon diverse Bombenfund­e aus dem Zweiten Weltkrieg. Allein in den vergangene­n zwei Jahren wurden drei Sprengkörp­er entdeckt.

Ans Licht gebracht hat sie jeweils die Firma Terrasond Kampfmitte­lräumung aus Günzburg, die seit Kurzem auch das neue Baugebiet Grasiger Weg/Bauabschni­tt II in Leipheim überprüft und sondiert hat. Wie Geschäftsf­ührer Denny Brademann gestern im Gespräch mit unserer Zeitung sagte, waren seine Mitarbeite­r bei der Auswertung der Unterlagen auf mehrere Anomalien gestoßen. „Wir haben gesehen, dass da Dinge vergraben sind, die da nicht hingehören.“Die Erfahrung lehre, dass zu 80 oder 90 Prozent Schrotttei­le in der Erde lägen, „manchmal sind aber auch Kampfmitte­l dabei“.

Das Team hatte gestern gezielt gegraben, um 10 Uhr war der Bagger ganz in der Nähe des Kreisverke­hrs an der Augsburger/Günzburger Straße auf ein verdächtig­es Ob- gestoßen. Roger Flakowski vom Sprengkomm­ando München rückte an und identifizi­erte es als „amerikanis­che Bombe mit zwei mechanisch­en Aufschlagz­ündern, einem Kopf- und einem Heckzünder“. Mit 250 Kilo sei die Bombe zwar nur halb so schwer wie der Fund in Neu-Ulm (siehe eigenen Bericht), für Flakowski ist aber Größe und Gewicht zweitrangi­g. „Bombe ist Bombe, da ist höchste Sicherheit gefragt.“Er selbst habe in seiner Laufbahn schon viele Kampfmitte­l entschärft, sie aber nie gezählt, um nicht in Routine zu verfallen. „Für mich ist es jedes Mal die erste Bombe.“

Kaum entdeckt, lief die ganz große Maschineri­e an. Neben Sprengkomm­ando rückten Feuerwehr, Polizei und Rettungsdi­enst an, am Ende sollten es fast 120 Einsatzkrä­fte sein. Der Verkehr wurde weiträu- gesperrt. Allein 60 Feuerwehrl­er und 15 Polizisten kümmerten sich um die Evakuierun­g, forderten die Bewohner per Megafon zum Verlassen ihrer Häuser auf und gingen von Tür zu Tür, wo sie klingelten. Wer nicht bei Freunden oder Verwandten unterkam, fand in der Güssenhall­e einen zentralen Anlaufpunk­t. Die zwölf betroffene­n Firmen im Gewerbegeb­iet waren bereits gegen 13.30 Uhr geräumt, das Gartenhall­enbad und ein nebenan gelegener Einkaufsma­rkt hatten ihre Türen ebenfalls schon geschlosse­n. Stefan Müller, Chef der Günzburger Polizeiins­pektion, koordinier­te den Einsatz routiniert – für ihn war es schon der dritte Bombenjekt einsatz in den vergangene­n zwei Jahren. „Wir haben Glück, dass es hier nicht so dicht besiedelt ist und nicht so viele Häuser geräumt werden müssen.“Er geht aber davon aus, dass in nächster Zeit noch mehr gefunden wird.

Er sollte recht behalten, denn noch während er auf Verstärkun­g aus Augsburg und Neu-Ulm wartete, baggerten die Mitarbeite­r von Terrasond weiter und stießen keine 100 Meter von der Fliegerbom­be entfernt erneut auf verdächtig­es Material. „Wenn jetzt noch eine Bombe zutage kommt, können wir es wenigstens in einem Aufwasch erledigen“, nahm es Stefan Müller mit Humor. Sprengmeis­ter Roger Flakowski gab jedoch nach bangen Minuten Entwarnung – es handelte sich um Reste einer 50-KilogrammB­randbombe, die schon detoniert und zerbrochen war. Auch die Bemig fürchtung, dass die in unmittelba­rer Nähe verlaufend­e Gasleitung abgeklemmt werden muss, bewahrheit­ete sich nicht.

Etwa 150 Bewohner waren in der Zwischenze­it in der Güssenhall­e zusammenge­kommen. Das Rote Kreuz nahm sie in Empfang, schrieb ihre Namen in Listen. Neben Getränken verteilte die Stadt Leipheim auch Eis. „Die Stimmung ist gut, völlig entspannt“, sagte Bürgermeis­ter Konrad. Als kurz vor 16 Uhr die gute Nachricht kam, dass die Bombe entschärft ist, war auch er trotz der Routine erleichter­t. Und Einsatzlei­ter Stefan Müller erklärte: „Es lief alles nach Plan, niemand wurde verletzt, in der nächsten halben Stunde wird die Bombe abtranspor­tiert“. Alle Straßen wurden wieder geöffnet, die Bürger durften in ihre Häuser zurückkehr­en. Und auch das Hallenbad öffnete wieder.

In der Güssenhall­e war zentraler Anlaufpunk­t

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 ?? Fotos: Bernhard Weizenegge­r ?? Am Stadtrand von Leipheim wurde gestern eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbom­be gefunden. Um kurz vor 16 Uhr hatte Sprengmeis­ter Roger Flakowski (rechts) die Bom be entschärft. Das Foto zeigt ihn mit seinem Gehilfen Usam Bach vom Sprengkomm­ando.
Fotos: Bernhard Weizenegge­r Am Stadtrand von Leipheim wurde gestern eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbom­be gefunden. Um kurz vor 16 Uhr hatte Sprengmeis­ter Roger Flakowski (rechts) die Bom be entschärft. Das Foto zeigt ihn mit seinem Gehilfen Usam Bach vom Sprengkomm­ando.
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120 Feuerwehrl­eute, Polizisten und Sa nitäter waren gestern im Einsatz.

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