Eine schrille Überraschung
Herbert und Schnipsi stehen seit 35 Jahren auf der Bühne. Warum ihnen das Günzburger Forum in besonderer Erinnerung bleiben wird
Günzburg Das Forum am Hofgarten und Günzburg werden Herbert und Schnipsi alias Hanns Meilhamer und Claudia Schlenger nie vergessen. Seit 35 Jahren steht das Kult-Komödianten-Ehepaar gemeinsam auf der Bühne und tourt momentan mit einem Best-of-Programm durch die Lande. Die „Zeitreise mit Schlaglöchern“beginnt sehr verregnet mit einem Angel-Zelt-Urlaub in Schweden. Viel lieber würde Schnipsi in Rimini an der Adria in der Sonne brutzeln. Im fast ausverkauften Forum brandet herzlicher Applaus auf, zumal Herbert einen Schwedenurlaub als Härtetest für die Frage, ob man den richtigen Partner hat, ausruft.
Herbert hat mit seiner Schnipsi auf jeden Fall die richtige Partnerin gefunden, auf der Bühne wie im echten Leben. Grandios spielen sie den Sketch im Kaffeehaus, wo Herbert eine Zeitung gekonnt zerliest und auf ein Vielfaches ihrer Größe zusammengefaltet wieder zurückgibt. Bunt wird es, als Schnipsi stolz ihre Einkäufe präsentiert. „Lätschad und fad“kommt ihr nicht in die Tüte. Herbert und Schnipsi sind aber nicht nur perfekte Komödianten mit einem ungeheuren Fundus an Requisiten, sondern auch fantasievolle Musiker in Richtung Bänkelsang und Moritaten. „Muatta, i bin a Guckuck“aus dem Jahr 1984 oder der Power-Schmalzsong aus tiefstem Herzen und Musikzuspielung vom Band „Du und i und mei Mamma“, aber auch Schnipsis musikalische Zeitreise durch ein Frauenleben unter dem Motto „I bin besser als wia du“begeistern das Publikum und führen einem 35 komödiantische Ehejahre auf eine ganz spezielle Weise vor. Mal lieb und nett, mal streitlustig, oft derb im Dialekt.
Zu tun bekommt das Günzburger Publikum dann auch etwas, schließlich will die Wäsche des Künstlerhaushalts zusammengelegt werden. „Eck auf Eck aber“, weist Schnipsi die ersten Reihen an. Beim Einsammeln ist sie äußerst zufrieden, nur Herbert empfiehlt ihr die Wäschestücke nachzuzählen. Gar nicht grausig, sondern höchst amüsant ist das „schlechte Lied“der beiden, mit dem sie jeglichem Erfolgsdruck aus dem Weg gehen wollten. Bis in die letzte Reihe wirkt die Macht der Mimik von Schnipsi, egal ob im Himmel oder auf dem Friedhof.
Das Duo Meilhamer und Schlenger nimmt sich den Tücken des Alltags an und wird dann bei seinem großen Klassiker, dem SilvesterSketch“ganz überraschend mit einer solchen konfrontiert. Die Bühne ist dunkel, der Saal sowieso, schaurige Töne lassen Gänsehaut aufkommen, da stapft das Ehepaar Herbert und Schnipsi von hinten durch das Publikum. Mit Taschenlampen sind sie auf dem Weg durch den verschneiten Wald zur Hütte von Berti Brezendorfer. In diese Stimmung platzt schrill und laut die Brandmelde-Sirene des Forums und die roten Warnleuchten blinken hektisch auf. Fragende Blicke und ein gemurmeltes „Gehört das dazu oder ist hier Feueralarm?“in den Zuschauerreihen machen die Runde. Man sieht Forumsmitarbeiter durch den Saal rennen, jemand ruft halbherzig „Bitte ruhig bleiben“. Das Gejaule der Sirene hört nach einer Weile auf, doch die Mikros von Meilhamer und Schlenger funktionieren nicht mehr. „Eine Sicherheitsmaßnahme, denn die Lautsprecher sind im Alarmfall nur für eventuelle Durchsagen der Feuerwehr offen“, erklärt später ein Forum-Mitarbeiter auf Nachfrage. Man müsse jetzt eben warten, bis die Feuerwehr die Mikrofone wieder freigeben. Die beiden Bühnenprofis in ihrer Winterwanderausstattung bleiben ebenso gelassen wie das Publikum. Ihr erstauntes „Das hatten wir in 35 Bühnenjahren noch nicht, Günzburg wird uns immer in Erinnerung bleiben“, versteht man auch ohne Mikro. Nach langen Minuten des Wartens funktioniert die Technik wieder und im Gegensatz zum Publikum sind Herbert und Schnipsi sofort wieder in ihrer Rolle und auf dem Weg zu ihrem einmaligen Silvesterabend mit gefrorenem Nudelsalat und einem alten Schuh auf dem Teller. Die Plastiktüte mit dem Geräucherten landete wohl bei der Caritas, und das Publikum kann auch schon wieder lachen.
Nach dem Schlusslied „Waas war i ohne di“kann es sich das Kult-Duo nicht verkneifen, die Frage „Waas warn wir ohne euch?“zu stellen. „A Krimi ohne Leich? A Harem ohne Schaich? Oder halbat so reich?“Dem Publikum gefällt es, es lässt sich ein Schlussfoto gefallen und verfolgt eine allerletzte HerbertSchnipsi-Diskussion, darüber wie langweilig der Partner sein darf. Mit einer herzlichen Autogrammstunde am Verkaufstisch endet ein so gar nicht langweiliger Wohlfühlabend in Karl Valentin und Liesl KarstadtManier. Für den Feueralarm soll übrigens der Koch verantwortlich gewesen sein.