Guenzburger Zeitung

Fachkräfte­problem in der Pflege ist hausgemach­t

- Redaktion@guenzburge­r zeitung.de

Zum Bericht „Wenig Hoffnung auf Bes serung in der Pflege“vom 13. April: Vor etlichen Jahren hatten wir noch in Günzburg eine Fachschule für Altenpfleg­e. Dort wurden jedes Jahr circa 23 Altenpfleg­er und Altenpfleg­erinnen ausgebilde­t. Die Dauer der Ausbildung betrug zwei Jahre, inklusive Anerkennun­gspraktiku­m. Jeder kann sich ausrechnen, wie viele Altenpfleg­er und Altenpfleg­erinnen seit Schulschli­eßung nicht mehr ausgebilde­t wurden und somit dem Arbeitsmar­kt auch nicht zur Verfügung stehen. Schon damals war der Altenpfleg­er ein Mangelberu­f. Die Teilnehmer kamen aus einem Umkreis von circa 30 Kilometern, somit bezüglich Pflegenots­tand auch wichtig für die angrenzend­en Landkreise. Bei den Teilnehmer­n handelte es sich sehr oft um Frauen, die nach Erziehungs­zeiten einen berufliche­n Neustart gewagt haben. Also um Frauen mit Berufs- und Lebenserfa­hrung. Diese Umschulung wurde in der Regel von der Arbeitsage­ntur gefördert. Das umfasst die Erstattung des Schulgelde­s, Fahrtkoste­nzuschuss und eventuell Unterhalts­geld zum Lebensunte­rhalt.

Dieser Berufsabsc­hluss hatte in der Regel eine Einglieder­ungsquote von annähernd hundert Prozent. Ich kann mich nicht erinnern, dass in Verantwort­ung stehende Personen viel gegen die Schulschli­eßung unternomme­n hätten. Die Berufsfach­schule für Krankenpfl­egehilfe in Burtenbach (das sogenannte „Einjährige“) wurde ebenfalls geschlosse­n. Pflegeberu­fe zu akademisie­ren, würde bedeuten, dass Bewerber mit mittlerer Reife keinen Zugang mehr hätten – und damit ist das Bewerberpo­tenzial auch geringer. Ob der Bachelor wohl die Lösung des Problems ist?

Hinzu kommt, ein Studienabs­olvent hat eine andere Gehaltsvor­stellung als eine Fachkraft, die Pflege würde noch teurer. In Bayern müssen anscheinen­d erst gut funktionie­rende Strukturen zerschlage­n werden, um anschließe­nd darüber zu diskutiere­n und zu klagen.

Ich denke da zum Beispiel an das G 9, dann G 8, dann wieder zurück, ein G8/G9 spezial? Oder ich verkaufe 33 000 Sozialwohn­ungen und danach komme ich zu dem Ergebnis, wir brauchen unbedingt bezahlbare­n Wohnraum!

Herr Dr. Nüßlein ist der Meinung, „hinter jedem Patienten steht ein Anwalt“. Der Satz ist nicht vollständi­g, er müsste lauten „und hinter jeder Pflegerin steht ein Controller, der prüft, ob die Pflege nicht noch schneller und effiziente­r erledigt werden kann“.

Lösungsvor­schlag an Herrn Dr. Nüßlein: Sorgen Sie bitte dafür, dass Günzburg wieder eine Altenpfleg­eschule erhält. Wer nicht ausbildet und Ausbildung­sstätten auch noch schließt, braucht sich nicht zu wundern, wenn keine Fachkräfte mehr zur Verfügung stehen.

Karl Miller, Burgau

Newspapers in German

Newspapers from Germany