Eigentümerin: Gemeinde will „mich abspeisen“
Eine Firma will im Scheppacher Gewerbegebiet auf dem Grundstück einer 71-Jährigen eine Tankstelle und ein Fast-Food-Restaurant bauen. Der Bauausschuss lehnt das ab und greift die Frau scharf an. Jetzt wehrt sie sich dagegen
Jettingen Scheppach In der jüngsten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses Jettingen-Scheppach ist es heiß hergegangen. Dass eine Bochumer Firma im Scheppacher Gewerbegebiet ein Fast-Food-Restaurant und eine Tankstelle bauen möchte, wo es bereits mehrere RestaurantKetten und Zapfstellen gibt, hatte im Gremium zu Unmut, harscher Kritik und einer Ablehnung der Bauvoranfrage geführt (wir berichteten). Scharfe Worte hatte Zweiter Bürgermeister Hermann Högel gewählt. Er hielt das Projekt für „unnötig wie einen Kropf“und warf der Grundstückseigentümerin vor, dass sie die Flächen möglichst schnell und gewinnbringend veräußern wolle. Tacheles zu reden, wie er forderte, will jetzt auch die Besitzerin selbst. Die Vorwürfe möchte Katharina Strehle, 71, nicht unkommentiert stehen lassen. Ihr Geldgier zu unterstellen, sei nicht nur verletzend. „Ich fühle mich stark angegriffen, diffamiert.“
Wie die gebürtige Scheppacherin im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt, hatte ihre Familie die landwirtschaftlichen Flächen nahe dem Kreisverkehr an der Siemensstraße von Generation zu Generation weitervererbt. Katharina Strehle, die keine Geschwister hat, bekam die fast 8000 Quadratmeter einst von ihren Eltern. Dass sie als dreifache Mutter, geschiedene und bescheiden lebende Rentnerin daran interessiert sei, das Grundstück zu verkaufen, sei ihr gutes Recht.
Von „möglichst schnell“könne allerdings nicht die Rede sein. Seit 2012 sei sie in Gesprächen und Verhandlungen mit der Gemeinde und auch Unternehmen. Die akribisch gesammelte und geordnete Korrespondenz, die unserer Zeitung in Teilen vorliegt, beweist das. Zudem betont die Rentnerin: „Ich war und bin immer bereit, mit der Gemeinde zu verhandeln. Wir kennen uns alle. Alle müssten wissen, dass ich nie jemanden über den Tisch ziehen würde.“2012 habe ihr die Kommune ein Schreiben der FastFood-Kette Kentucky Fried Chicken weitergeleitet, die Interesse an dem Grundstück zeigte. Ihr selbst waren – und sind – allerdings in Sachen Verkauf die Hände gebunden, da es noch keinen Bebauungsplan und folglich kein Baurecht gibt. Der Flächennutzungsplan ist zwar in Arbeit, aber noch nicht rechtskräftig.
2013 habe ihr die Gemeinde mitgeteilt, dass man bereit sei, die Grundstücke oder Flächenteile abzukaufen. Daraus sei aber nichts geworden. 2014 hatte Strehle einen Vorvertrag mit einer Tankstellenfirma geschlossen, doch weil kein Baurecht bestand, zog das Unternehmen sich zurück. Es habe immer wieder Anfragen gegeben, doch Strehle hatte nichts unternommen, bis Ende 2016 die Bochumer BaDa Immobilien GmbH Kontakt zu ihr aufnahm – die Firma, die jetzt die Bauvoranfrage für das Großprojekt gestellt hat. Die Firma schien der 71-Jährigen ein guter Partner zu sein, die Idee, eine Tankstelle mit Fast-Food-Restaurant zu bauen, nicht verkehrt. Auf Schreiben des Unternehmens mit der Bitte um ein Gespräch habe die Gemeinde erst nicht reagiert. Dann im Januar 2017 kam die Antwort, dass der Flächennutzungsplan vermutlich erst Ende des Jahres Rechtskraft erreiche und es nicht zielführend sei, jetzt Gedoch spräche zu führen. Der Marktrat werde sich zu gegebener Zeit mit dem Vorhaben befassen. Dann sei Funkstille zwischen Rathaus und ihr gewesen, Katharina Strehle schloss einen Vorvertrag mit der Firma BaDa. Anfang dieses Jahres sei schließlich Bürgermeister Hans Reichhart auf sie zugekommen und habe sie darüber informiert, dass die Gemeinde ein Bodengutachten gemacht habe, der Boden sei arsenhaltig und von keiner guten Qualität. Dabei habe Reichhart bis dahin stets betont, dass es sich bei dem Grundstück um ein „Filetstück“handle. Strehle hatte sich vor allem gewundert, dass ohne ihr Einverständnis Proben genommen worden waren. Ihr sei aber klar gewesen, dass die Flächen, nachdem dort einst Torf gestochen worden war, nicht ganz unbelastet seien. Einen Monat später habe ihr die Gemeinde dann ein Kaufangebot gemacht, allerdings in Strehles Augen ein viel zu niedriges. „Ich bin die Letzte, die nicht kooperativ wäre. Aber hier will man mich unter Wert abspeisen.“Niemand verkaufe ein tolles Grundstück für „einen Apfel und ein Ei“, wenn er ein Vielfaches dafür haben könne, rechtfertigt sich die 71-Jährige. Außerdem habe sie ja bereits einen Vorvertrag mit der BaDa Immobilien GmbH geschlossen, alle Rechte lägen jetzt bei ihr.
Firma ist bereit, ein Verkehrsgutachten zu erstellen
Die Firma reichte im März die Bauvoranfrage ein. Im Anschreiben, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es, dass keine zusätzliche Tankstelle und kein zusätzliches Fast-FoodRestaurant gebaut werde. Wörtlich steht dort: „Der bestehende Burger King geht aus dem Markt, das Grundstück kann erworben und für anderweitige Zwecke genutzt werden. Das Gleiche ist für die innerorts bestehende AS24-Tankstelle geplant, die in die neue Tankstelle integriert werden soll.“Weiter heißt es, dass sich die Zunahme des Verkehrs in Grenzen halte, man aber unabhängig davon bereit sei, dies in einem Verkehrsgutachten nachzuweisen.
Als in der jüngsten BauausschussSitzung nach ebendiesem Detail und einem Konzept gefragt worden war, hatte der Bürgermeister betont, es liege nichts vor. „Das ist einfach nicht richtig“, stellt die Grundstückseigentümerin klar. Dass sie im Gegenzug in der Sitzung, in der sie persönlich anwesend war, so angegangen wurde und man ihr Preistreiberei und Geldgier vorwarf, kann sie nicht nachvollziehen. „Man kennt mich seit Jahren und macht mich hier so schlecht. Dabei habe ich nichts Böses im Sinn gehabt.“