Guenzburger Zeitung

Falke unter Tatverdach­t

Tatort: Alles was Sie sagen

- Rupert Huber

ARD, 20.15 Uhr „Sie kennen das ja“, sagt der Kriminalra­t. „Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.“Ein Satz, tausendmal gehört, ausgesproc­hen gegenüber Tatverdäch­tigen. Dass Hauptkommi­ssar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) dazugehört, ist eher überrasche­nd. Auf die Frage, ob er denn einen Anwalt wolle, reagiert er pragmatisc­h: „Ich hätte gerne ein Glas Milch, Vollmilch.“Er wird einen kräftigen Schluck brauchen können, denn bei der Fahndung nach dem geflüchtet­en Libanesen Khaled, der offenbar an Gräueltate­n beteiligt war, entdecken er und Julia Grosz (Franziska Weisz) in einer leer stehenden Fabrikhall­e in Lüneburg eine erschossen­e Frau. Die Kugeln stammen angeblich aus Falkes Waffe. Es sind dabei gar nicht mal die Wendungen in der Handlung, die den besonderen Reiz des gelungenen „Tatort“-Krimis ausmachen.

„Alles was Sie sagen“lebt von der Mischung aus Psychospie­len und dem exzessiven Einsatz von Rückblende­n. Es wäre den Zuschauern wie den „Tatort“-Machern gegenüber unfair, würde man an dieser Stelle nicht wie üblich nur den Täter verschweig­en, sondern zusätzlich noch die raffiniert­en Details nennen, die Khaled, der eigentlich Tarek Salam heißt, betreffen. Es vergeht gut die Hälfte des Films, bis die oft auf unterschie­dlichen Zeitebenen erzählte Story mit einem sich endlich menschlich näherkomme­nden Ermittlerp­aar wieder zu ihrem Anfang zurückkehr­t. Konvention­ell-heitere Geschichte­n wie etwa die der beliebten Münsterane­r hätten hier keine Chance.

Anders der Chef eines libanesisc­hen Clans, der den Johnny Controlett­i („meine Stadt, mein Laden, meine Regeln“) gibt und so ein wenig an „4 Blocks“erinnert oder an die Ästhetik, die neuere US-Serien entwickeln. Natürlich auch mit Migranten, die hier „gut integriert“sind. Das Gegenteil wäre wohl politisch zu unkorrekt.

Der Zuschauer kann nicht sicher sein, ob es nur eine Wahrheit gibt. Und ob sich nicht alles ganz anders zugetragen hat. Wenn das nicht spannend ist.

 ?? Foto: Christine Schroeder, NDR, dpa ?? Falke (Wotan Wilke Möhring) entdeckt eine leblose Frau.
Foto: Christine Schroeder, NDR, dpa Falke (Wotan Wilke Möhring) entdeckt eine leblose Frau.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany