Guenzburger Zeitung

Der Trainer, der die Torhüter formt

Zdenko Miletic feiert am Montag seinen 50. Geburtstag. Er hat in 15 Jahren als Spieler und Coach des FC Augsburg neun Chef-Trainer kommen und gehen sehen. Er ist geblieben

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Dass Zdenko Miletic am Montag seinen 50. Geburtstag in Augsburg feiern wird, das hätte er im Januar 2002 nicht gedacht, als er beim FC Augsburg unterschri­eb. „Ehrlich gesagt, nicht. Aber in Augsburg hat es uns damals direkt gefallen und es war schnell klar, dass es für meine Familie und mich nach meiner Karriere nur zwei Möglichkei­ten gab: Entweder zurück nach Kroatien oder hier in Augsburg bleiben“, sagt der Torwarttra­iner des Bundesligi­sten heute. Bereut hat er seine Entscheidu­ng nie. Längst sind seine Frau Dubravka und seine Töchter Ana, 21, und Barbara, 25, in Königsbrun­n heimisch geworden.

Mit 33 war der Torhüter damals vom Zweitligis­ten Arminia Bielefeld zum FCA in die viertklass­ige Bayernliga gewechselt. Walther Seinsch hatte 2000 das Zepter übernommen und der Selfmade-Millionär wollte mit aller Macht in der FußballHie­rarchie nach oben. Miletic sollte ein wichtiger Baustein werden.

Der hatte eine 18-monatige Verletzung­sodyssee hinter sich und keine Zukunft mehr in Bielefeld. „Walther Seinsch hat mir damals in einem Gespräch die Ziele aufgezeigt mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga und dem Stadionneu­bau möglichst bis 2007 zum 100-jährigen Bestehen. Das hörte sich reizvoll an. Es gab die finanziell­en Möglichkei­ten und in der Rosenau konnte man durchaus 2. Liga spielen.“

Es herrschte Goldgräber­mentalität in Augsburg. In der Regionalli­ga kamen dann Spieler wie André Hofschneid­er (jetzt Trainer bei Union Berlin), Jörg Reeb oder Jörg Bode. Und Trainer wie Ernst Middendorp oder Armin Veh. Doch prominente Namen garantiert­en nicht den Durchmarsc­h in die 2. Bundesliga. „Wir hatten dann in der Regionalli­ga schon den einen oder anderen Dämpfer. Darum hat es etwas länger gedauert als geplant“, erinnert sich Miletic. Als er seine aktive Karriere nach 110 Regionalli­ga- und vier Zweitliga-Spielen für den FCA beendete und in den Trainersta­b wechselte, spielte der damalige Zweitligis­t noch im Rosenausta­dion.

Dabei hatte sich Miletic das im Oktober 2007 alles anders vorgestell­t, als ihn der neue Trainer Ralf Loose im Kurztraini­ngslager in Bad Gögging zu sich bat. „Ich habe in diesem Trainingsl­ager wirklich bombig gehalten und dann bittet mich Loose zum Gespräch. Da hab’ ich gedacht: Okay, der Trainer hat gesehen, der ist gut drauf, dem kann man noch eine Chance geben“, erzählt Miletic und macht eine kurze Pause. „Dann sagt er, er will seinen Trainersta­b erweitern und ich soll sofort Torwarttra­iner machen. Zuerst hab’ ich gedacht, der hat Tomaten auf den Augen, aber es war die vernünftig­ere Entscheidu­ng. Ich war ja fast schon 40.“

Anstatt mit Sven Neuhaus, Philipp Pentke und Patrick Lehner zu konkurrier­en, übernahm er das Torwarttra­ineramt von Kurt Kowarz. Und blieb, egal wie der Trainer hieß. Er sah Ralf Loose, Holger Fach, Jos Luhukay, Markus Weinzierl und Dirk Schuster kommen und gehen. Manuel Baum ist der sechste Trainer, der auf den Spezialist­en baut. Miletic, der Über- lebensküns­tler? Nein, sagt er: „Ich habe meine Aufgabe auch immer darin gesehen, die Trainer, die neu gekommen sind, mit meiner Erfahrung zu unterstütz­en. Ich hatte ja doch ein paar Profi-Jahre hinter mir. Diese Loyalität wussten alle zu schätzen.“

Und seine gute Arbeit. Denn Miletic, der in Sarajevo geboren ist, hat im vergangene­n Jahrzehnt aus wenig viel gemacht. Während zahlreiche Vereine viel Geld für Torhüter ausgeben, suchte der FCA bisher immer auf den Ersatzbänk­en oder sogar auf den Tribünen und holte die Nummer eins zum Nulltarif und vertraute auf Miletic’ Arbeit.

Doch was ist dessen Erfolgsrez­ept? „Das ist kein großes Hexenwerk. Ich rede nicht viel über Fehler, sondern mehr über Stärken. Im Training versuche ich unauffälli­g die Fehler zu korrigiere­n“, sagt Miletic. Er ist Anhänger der italienisc­hen Torhütersc­hule mit einem offensiven Spiel beim Eins gegen Eins, bei dem der Torhüter dem Ball entgegenge­ht. Der Trend in der Bundesliga geht hingegen eher zu abwartende­n Blocktechn­iken.

Miletic ist keiner, den jeder Hype nervös macht. So versteht er die ganze Aufregung um den mitspielen­den Torhüter nicht ganz. „Jens Lehmann hat vor 20 Jahren schon offensiver gespielt als die meisten Torhüter heute. Ein guter Torhüter musste schon in den achtziger Jahren hoch stehen“, sagt er. Seine Definition eines guten Torhüters ist so einfach wie plausibel: „Das Wichtigste ist immer noch, dass er hinten keine dicken Klöpse macht.“

So formte er Simon Jentzsch, der beim VfL Wolfsburg eineinhalb Jahre auf der Tribüne saß, ehe er im Juni 2009 zum FCA wechselte. Miletic führte Jentzsch zurück zu altem Leistungsv­ermögen und der Hüne war ein Garant für den Bundesliga-Aufstieg. „Der konnte nach einer trägen Trainingse­inheit auf einen Schalter drücken und war zu tausend Prozent da und hat funktionie­rt. Das war eine Gabe, das kann nicht jeder“, erinnert sich Miletic.

Alexander Manninger war vier Monate vereinslos, ehe ihn der FCA im November 2012 als Ersatz für den Verletzten Jentzsch holte. Miletic machte ihn bundesliga­tauglich.

Und Marwin Hitz hatte vor seinem Wechsel von Wolfsburg zum FCA gerade mal 13 Bundesliga­spiele in knapp fünf Jahren für den VfL bestritten. Jetzt fährt Hitz mit der Schweiz zum zweiten Mal zur WM. Ob Hitz, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, weiter für den FCA spielen wird, weiß Miletic nicht. „Man muss abwarten, was passiert. Soweit ich weiß, haben wir zwei Torhüter (Anm. d. Red.: Andreas Luthe und Fabian Giefer) sicher für die nächste Saison unter Vertrag und deswegen habe ich diesbezügl­ich auch keine Bedenken.

Miletic lässt alles auf sich zukommen. Am Sonntag (15.30 Uhr) wird er beim Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 wieder neben seinem Cheftraine­r Platz nehmen. Und wenn er dort in zehn Jahren – dann als 60-Jähriger – noch immer sitzt, hätte er nichts dagegen. „Schön wäre es. Denn das würde ja heißen, ich bin weiterhin gesund geblieben und der FCA wäre weiter in der Ersten Bundesliga.“Er tut auf jeden Fall als Torwarttra­iner alles dafür.

„Zuerst hab ich gedacht, der hat Tomaten auf den Augen, aber es war die vernünftig­ere Entscheidu­ng.“Zdenko Miletic über Ex Trainer Ralf Loose

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Zdenko Miletic hat als Torwarttra­iner in Augsburg schon mit sechs Cheftraine­rn zusammenge­arbeitet.
Foto: Klaus Rainer Krieger Zdenko Miletic hat als Torwarttra­iner in Augsburg schon mit sechs Cheftraine­rn zusammenge­arbeitet.

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