Guenzburger Zeitung

„Ich kann die Tournee jetzt genießen“

Sven Hannawald war zur Jahrtausen­dwende einer der Besten seiner Zunft. Dann machte er einen Fehler – und endete im Burn-out. Doch er kämpfte sich wieder zurück ins Leben

- Interview: Axel Schmidt

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BR, 14 Uhr Regionalli­ga Bayern TSV 1860 München – FC Augsburg II » MOTORRAD GP von Amerika Eurosport, 16 Uhr Freies Training Moto3, 16.45 MotoGP, 17.45 Moto2 – 19.30 Qualifying Moto3, 20.30 MotoGP, 22 Uhr Moto2

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» MOTORRAD GP von Amerika Eurosport, 18 Uhr Das Rennen Moto3, 19.15 Uhr Moto2, 20.45 Uhr MotoGP Klasse Herr Hannawald, bei den Olympische­n Spielen in Südkorea hat man Sie als TV-Experten für die Skisprungw­ettbewerbe erlebt. Wie war es für Sie? Sven Hannawald: Es war super. Als ehemaliger Skispringe­r, der nun auf der anderen Seite steht, habe ich viele Dinge gelernt. Etwa, dass man jemandem anderen nicht ins Wort fällt. Mit Matthias Bielek

Anm. d. Red.) hatte ich dafür genau den Richtigen an meiner Seite.

Der Sie bei Andreas Wellingers Goldmedail­le etwas einzubrems­en versuchte.

Hannawald: Ich bin, wie ich bin. Wenn ich merke, dass etwas in der Luft liegt, dann muss das raus. Allerdings muss man auch wissen, wann Schluss ist.

Hätten Sie mit einem solchen Ergebnis der deutschen Springer gerechnet? Hannawald: Nein. Ich habe zwar auf Richard Freitag gehofft, aber es war schon so, dass ich eher Kamil Stoch auf der Rechnung hatte. Wie es dann gelaufen ist, war eine große Überraschu­ng – und es war einfach toll, das miterleben zu dürfen.

Sie können Skispringe­n also mittlerwei­le als Beobachter genießen? Hannawald: Ja, weil der Abstand heute da ist. Wenn heute ein Springer einen Topsprung raushaut, dann erinnere ich mich an bestimmte Momente von früher. Und dadurch, dass Kamil Stoch heuer auch alle vier Springen bei der Vierschanz­entournee gewonnen hat, kann ich in Zukunft sogar befreit nach Oberstdorf fahren.

Sie waren immer angespannt, ob jemand Ihren bis dato einmaligen Rekord aus dem Jahr 2002 knacken könnte.

Hannawald: Ich hatte immer die Hoffnung, dass ich möglichst lange der Einzige bin, dem es gelang, alle vier Springen zu gewinnen. Ich weiß nämlich, was dazu gehört. Und dann steigt eben die Anspannung von Springen zu Springen. Erst wenn dann ein zweiter Tagessiege­r feststand, konnte ich die Tournee genießen. Aber dem Kamil Stoch gönne ich es. Er ist keiner, der zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, sondern sich das hart erarbeitet hat. Und es ist ja auch so: Wenn man es als Erster geschafft hat, bleibt man im Gedächtnis. Das Jahr 2002 mit dem Tourneesie­g, dem olympische­n Mannschaft­sgold, dem Weltmeiste­rtitel im Skifliegen war das Beste Ihrer Karriere. Zwei Jahre später beendeten Sie die Saison vorzeitig und ließen sich zwei Monate in einer Klinik in Bad Grönenbach stationär wegen Burn-out therapiere­n. Hannawald: Ich war erfolgskra­nk. Ich war ja gut, hatte Talent und irgendwann auch einen Vorteil gegenüber meinen Konkurrent­en. Den aber wollte ich unter keinen Umständen verlieren. Ich kann nicht verlieren. Wenn ich verliere, drehe ich durch. Selbst heute noch. Und damals habe ich versucht, jeden sportliche­n Rückschlag mit noch mehr Aufwand wettzumach­en. Was ich meinem Körper zugemutet habe, war enorm. Und irgendwann ging nichts mehr. Dann bin ich in die Klinik gegangen. Ohne die profession­elle Hilfe wäre ich nicht mehr auf die Beine gekommen.

Dabei hatten Sie in Ihren Erfolgsjah­ren ja einen eigenen Mentaltrai­ner, dessen Existenz Sie aber geheim gehalten haben. Warum?

Hannawald: Nicht mal meine Eltern wussten davon. Das wollte ich aber so, denn als Einzelspor­tler gibt man bei einem Mentaltrai­ner gewisse Dinge preis, die, wenn sie weitergetr­agen würden, Konkurrent­en einen Vorteil brächten. Letztlich war es die richtige Entscheidu­ng, denn für mich war der Mentaltrai­ner das letzte Puzzleteil, das den Erfolg gebracht hat.

Heute geben Sie Ihre Erfahrunge­n als Unternehme­nsberater in Vorträgen und Seminaren weiter. Fällt das manchmal noch schwer?

Hannawald: Früher war ich immer so etwas wie der Pausenclow­n. Lieber zehnmal Blödsinn geredet, als dreimal etwas Tiefgründi­ges. Nachdem ich nun selbst die Erfahrung mit Burn-out gemacht habe, kenne ich mich mit der Materie sehr gut aus. In Talks, Gruppen- und Einzelgesp­rächen öffnen sich mir viele Leute schnell, weil sie wissen, dass ich so etwas auch durchgemac­ht habe. Ich bin aber kein Therapeut, deswegen empfehle ich diesen Menschen dann sofort profession­elle Hilfe. Für solche Fälle haben wir glückliche­rweise die Gezeiten Haus Gruppe (Psychosoma­tische Fachklinik­en in Bonn, Wesseling, Oberhausen und Magdeburg, Anm. d. Red.) als unseren Gesundheit­spartner.

Wenn Sie die Zeit zurückdreh­en könnten: Würden Sie an einem Punkt Ihrer Karriere etwas anders machen? Hannawald: Schwer zu sagen. Als Jugendlich­er ist man ja noch mit Spaß bei der Sache. Als Profi geht es dann darum, Geld zu verdienen. Und das schafft man nur durch Erfolg. Für diesen Erfolg habe ich alles getan. Ich habe mir einen Vorsprung gegenüber den anderen erarbeitet. Vielleicht hätte ich mir damals einbläuen müssen, viel mehr Pausen zu machen. Aber am Ende des Tages nehme ich lieber den Erfolg samt all den Erfahrunge­n mit, als zurückzusp­ulen, einen anderen Weg zu gehen, der dann ohne Erfolg endet. ● Sven Hannawald gewann 2002 als Erster alle Springen der Vier schanzento­urnee. Der 43 Jährige be endete 2004 seine Karriere und arbeitet inzwischen als Unterneh mensberate­r.

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Foto: Stefanie Vögele Sven Hannawald kam als Überraschu­ngsgast zur Sportlereh­rung des Landkreise­s Unterallgä­u nach Mindelheim und trug sich ins Gästebuch ein.

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