Was unter der Oberfläche schlummert
Die Zwerge haben zu gierig und zu tief geschürft. Du weißt, was sie aufgeweckt haben in der Dunkelheit von Kazad-dûm: Schatten und Flammen.“Ganz so düster wie Saruman in Tolkiens „Herr der Ringe“muss man es wohl nicht sehen – schwäbischer Boden hat zum Glück wenig gemein mit den Minen von Moria. Statt Schatten und Flammen kommt aber gerade eine ganze Menge anderes Material heraus, sobald in der Region gegraben wird. Ob es nun Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg sind, die – wie zuletzt in Leipheim und Neu-Ulm – zum Vorschein kommen, oder Material der ehemaligen Munitionsfabrik, das immer noch bei an der B16 rund um Kötz vermutet wird und Sprengstoffexperten bei jeder Straßenbauaktion notwendig macht. Wie oft wohl noch große Evakuierungen stattfinden müssen, bis tatsächlich alle Bombenreste gefunden sind?
Und es schlummert noch mehr brisantes, wenn auch weniger explosives Material im Boden des Landkreises: Nicht nur in Leipheim, wo überraschende Funde bei einem Bauvorhaben unlängst belegt haben, dass die Stadt Tausende Jahre älter ist als angenommen. Gerade haben auch die Arbeiten an einem neuen Baugebiet in Günzburg neue, bemerkenswerte Funde ans Licht gebracht: neben einem Erdkeller aus der Renaissance jede Menge Keramikscherben, Schreibgerät und eine EdelsteinSpange aus der römischen Zeit – und auch einen rätselhaften Toten. Zusammen mit den Funden aus dem am besten erforschten römischen Gräberfeld nördlich der Alpen an der Ulmer Straße ergibt das ein Bild, das Historikerherzen höherschlagen lässt. Denn auch hier dürfte klar sein: Noch lange ist nicht alles geborgen, was sich im Boden verbirgt.
Die Funde werfen eine wichtige Frage auf: Wohin damit? Bei den Bomben ist die Sache einfach, das Material wird entschärft und entsorgt. Die historischen Funde verlangen allerdings nachhaltigere Lösungen. Im Günzburger Heimatmuseum durften gerade Münzen aus dem Depot in die „Kaisergalerie“wandern. Andere Günzburger Römerfunde werden in Thierhaupten restauriert, der Rest inventarisiert und katalogisiert. Doch zum Verstecken sind die Stücke, die nach so langer Zeit aus dem Boden geholt wurden, viel zu schade. Sie wollen gesehen werden. Mit jedem Fund, der aus dem Boden geholt wird, steigert sich der Bedarf, Günzburgs Museum endlich zu erneuern, um die Bodenschätze bei Licht erstrahlen zu lassen. Dafür heißt es aber auch graben: nicht nach Schatten und Flammen, sondern nach reich gefüllten Fördertöpfen. Und dabei kann man gar nicht tief genug schürfen.