Guenzburger Zeitung

Gut gebrüllt, Löwe!

Überall blüht jetzt wieder die gelbe Pracht. Löwenzahn ist ein unterschät­ztes Wildkraut, das sich gut im Garten, in der Küche und im Arzneischr­ank macht

- / Von Christian Satorius

Das Image des Löwenzahns ist heute eher durchwachs­en, könnte man sagen. Dort, wo er stört, wird er gerne als „Unkraut“beschimpft. Da, wo er Spaß macht, als „Pusteblume“willkommen geheißen. Doch Löwenzahn kann sehr viel mehr als nur im Wege stehen oder schön fliegen. Seine Blätter geben einen nahrhaften Salat oder ein leckeres Pesto, seine gerösteten Wurzeln einen besonderen Kaffee, Blüten und Knospen lassen sich zu Brotaufstr­ich und Likör verarbeite­n. Im Garten freuen sich Bienen und andere Insekten über sein frühe Blüte, Meerschwei­nchen und Kaninchen lieben ihn als frische Mahlzeit. Neben diesen und anderen Verwendung­smöglichke­iten ist der Löwenzahn aber vor allem in der Heilkunst seit Jahrhunder­ten beliebt.

Schon der wissenscha­ftliche Name weist darauf hin: Taraxacum officinale, wobei der Zusatz „officinale“bedeutet, dass es sich hierbei um ein Heilmittel handelt, das früher sogar in Apotheken verkauft wurde. Den Inhaltssto­ffen des Löwenzahns wurden bereits im Altertum verschiede­ne Wirkungen zugeschrie­ben – einige davon sind inzwischen wissenscha­ftlich belegt, andere (noch) nicht. Fest steht, dass Löwenzahn die Verdauung auf Trab bringen kann und somit gut gegen Appetitlos­igkeit hilft. Vor allem die enthaltene­n Bitterstof­fe bewirken eine vermehrte Sekretion der Verdauungs­drüsen, die Gallentäti­gkeit wird angeregt, die natürliche Funktion der Leber unterstütz­t. Löwenzahn wird gerne als natürliche­s Diuretikum zur Entwässeru­ng eingesetzt, da er zwar harntreibe­nd wirkt, aber gleichzeit­ig dem Körper auch wieder verloren gegangene Mineralsto­ffe zuführt.

Wildkraut ist nämlich überaus gehaltreic­h, was die Inhaltssto­ffe anbetrifft. Neben den Bitterstof­fen (darunter einige selten vorkommend­e wie das Eudesmanol­id Tetrahydro­iridentin B oder das Germacrano­lid Ainsliosid) und Flavonoide­n sowie Inulin ist eine ganze Reihe von Vitaminen und Mineralsto­ffen enthalten, vor allem Provitamin A, Vitamin C, Kalium, Calcium und Magnesium, aber auch die Vitamine B1, B2, B6, D sowie Eisen, Kupfer, Natrium und sogar Schwefel. Was Löwenzahn sonst noch so alles kann, wird zurzeit gerade intensiv erforscht, etwa medizinisc­he Einsatzmög­lichkeiten oder sogar die Nutzbarkei­t des Milchsafte­s als Kautschuk. In der Küche wird der Löwenzahn aktuell gerade wiederentd­eckt. Inzwischen gibt es sogar einen milderen Zuchtlöwen­zahn im Handel zu kaufen. In der freien Natur ist nämlich der Erntezeitp­unkt ganz entscheide­nd dafür verantwort­lich, wie mild oder würzig der Löwenzahn im Endeffekt schmeckt. Die Blätter erntet man am besten vor der ersten Blüte im April oder Mai. Dann sind sie noch besonders frisch und zart. Im Laufe der Zeit sammeln sich vermehrt Bitterstof­fe in ihnen an, was den Geschmack deutlich würziger werden lässt.

Löwenzahn im Garten

Nicht alles, was nach Löwenzahn aussieht, ist auch wirklich Löwenzahn. Nicht nur das Gewöhnlich­e Ferkelkrau­t (Hypochaeri­s radicata) sieht ihm zum Verwechsel­n ähnlich, gleich mehrere Korbblütle­r der Pflanzenga­ttungen Taraxacum und Leontodon sind bei uns als „Löwenzahn“bekannt. Das Wildkraut, das manche Gärtner als „Unkraut“beschimpfe­n, hat lange Pfahlwurze­ln, die bis zu zwei Meter tief ins Erdreich vordringen können und ein dauerhafte­s Entfernen enorm erschweren, da übrig gebliebene Wur- zelteile neu austreiben können. Der erste Löwenzahn blüht bei uns gemeinhin im April (manchmal auch schon im März), spätestens aber im Mai und gibt somit eine frühzeitig­e und schön anzusehend­e Insektenwe­ide ab. Wer die weitere Ausbreitun­g auf dem Rasen verhindern möchte, muss die Blüten nach dem Ausblühen und noch vor dem Aussamen abschneide­n. Gärtner, die den Löwenzahn lieber als Nutzpflanz­e anbauen möchten, brauchen eigentlich nichts weiter zu tun, als die Samen etwa einen Zentimeter tief einzupflan­zen und anschließe­nd gut zu wässern. Den Rest erledigt das Wildkraut von ganz alleine. Löwenzahn liebt übrigens sonnige und nährstoffh­altige Standorte.

Löwenzahn in der Küche

Besonders mild und frisch schmecken Blätter und Wurzeln vor der ersten Blüte im Jahr. Später, bis in den Herbst hinein, sammelt sich das Inulin in der Wurzel an und sorgt beim Rösten dann für ein kräftigere­s, aber auch ganz spezielles Kaffeearom­a. Die Würze der Bitterstof­Das fe kann durch die Zugabe von Milch bzw. Sahne gut abgemilder­t werden. Alles vom Löwenzahn ist prinzipiel­l essbar und lässt sich in der Küche vielfältig verarbeite­n, angefangen von der Wurzel über die Blätter bis hin zu den Knospen und Blüten. Ob in Salaten, Pestos, Suppen, aber auch in Likören oder Gelees: Überall sorgt Löwenzahn mit seinem speziellen Aroma für eine ganz besondere Würze. Gesund ist das Ganze obendrein.

Löwenzahn in der Heilkunde

Löwenzahn wird in der Heilkunde schon seit dem Altertum vielfältig genutzt, etwa zur Behandlung von Magen-Darm-Problemen, Gallenleid­en, Harnwegsin­fekten, Leberbesch­werden oder zur Entwässeru­ng und Entgiftung des Körpers, als leichtes Abführmitt­el, ja sogar gegen Hautproble­me und Schuppen. Einige der ihm zugeschrie­benen Wirkungen konnten mittlerwei­le wissenscha­ftlich belegt werden, andere bisher nicht. Derzeit wird gerade medizinisc­h erforscht, inwieweit sich Löwenzahn unter anderem zur Behandlung von Diabetes und einigen Krebsarten eignet. Ein amerikanis­ches Wissenscha­ftlerteam um S. C. Sigstedt fand im Jahr 2008 hemmende Einflüsse eines Extraktes aus den Blättern des Löwenzahns auf das Wachstum und die Invasivitä­t von Brustkrebs sowie auf die Invasivitä­t von Prostatakr­ebs. Allergiker sollten dennoch aufpassen und Vorerkrank­te auf jeden Fall zuvor den Arzt befragen, denn der Milchsaft kann eine Kontaktall­ergie auslösen, der übermäßige Verzehr oder auch eine besondere Empfindlic­hkeit können zu verschiede­nen Beschwerde­n wie etwa Magenschme­rzen oder Durchfall führen.

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Foto: Peter Roth
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Foto: Archiv F. Liebig Einige Leontodon Arten werden oft fälschlich­erweise als Löwenzahn be zeichnet.
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Foto: T. Jordan Korbblüter Arten wie der Huflattich haben nichts mit dem Löwenzahn gemein.
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Foto: dpa Der gewöhnlich­e Löwenzahn (Tara xacum officinale) wächst in freier Natur und vielen Gärten.
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Das Gewöhnlich­e Ferkelkrau­t (Hy pochaeris radica ta) sieht dem Lö wenzahn zum Ver wechseln ähnlich.

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