Guenzburger Zeitung

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- WAS NICHT WAHR SEIN KANN

Wie das Wetter draußen ist? Man könnte aus dem Fenster schauen – oder gleich auf die App. Eine Wetter-App (eher zwei, oder drei) hat jeder auf seinem Wischtelef­on, das eine kluge Frau neulich „Fernbedien­ung unseres Lebens“genannt hat. Apps gibt’s für Sonnensche­in und Regen und alles.

Sie machen ein Handy nicht nur zu einem Lexikon und Unterhaltu­ngsstudio, sondern zu einem Hilfsgerät in jeder Lebenslage. Eine Art Schweizer Messer des digitalen Zeitalters. Taschenlam­pe, Uhr, Kompass, Rechner, Briefkaste­n und Kamera ist es ja sowieso.

Und Dosenöffne­r, Korkenzieh­er, Feuerzeug, Schere? Geduld. Wahrschein­lich tüfteln sie in China schon daran.

Wer nun gedacht hat, es könnte ganz entspannen­d und erholsam sein, das Rundum-die-Uhr-Superteil mal für zehn Minuten aus der Hand, ja sogar außer Reich-, Vibrierund Hörweite zu legen, hat etwas übersehen. Nämlich: Fürs Meditieren, fürs Abschalten, für die Besinnung und das Kopffreikr­iegen gibt es Apps! Hiergeblie­ben also, online runterkomm­en. Yoga, richtiges Atmen, loslassen? Läuft mit der App des Vertrauens. Alles darfst du loslassen, bloß dein Handy nicht. Die klammheiml­iche Versklavun­g durch die Allgegenwa­rt des Klugtelefo­ns und seiner verlockend­en Botschaft Mmm („Mach’s mit mir“) erreicht die letzten Reservate der Autonomie, also der Offline-Existenz. Schlafen Sie etwa noch in einem anderen Raum als ihr Teil? Also. Bald werden wir uns übers Smartphone ernähren. „Happy Happen“– die App für den Snack zwischendu­rch kommt bald, liebe Freunde. Kostenlos in der Normalausg­abe, 4,99 Euro monatlich für die Premiumver­sion in Bio. Du leckst mit der Zunge die Kalorien vom Screen und saugst die Vitamine aus der Ladekabelb­uchse. Dein Smartphone ist das Ding, aus dem Milch und Honig fließen. Irre? Tief durchatmen.

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