Guenzburger Zeitung

Das Auto von morgen

Alexa auf Rädern: Mercedes hat den Kompakten neu erfunden. Die erwachsen gewordene A-Klasse zeigt, wohin die Reise geht

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Wenn bei der Vorstellun­g eines Autos mehr von „Konnektivi­tät“und „Nutzererfa­hrung“gesprochen wird als von Pferdestär­ken, sagt das viel aus über das neue mobile Zeitalter, in dem wir leben – oder leben sollen. Mercedes hat nun mit der A-Klasse ein Auto auf die Räder gestellt, das wie kein zweites aktuelles Massenfahr­zeug die Digitalisi­erung an Bord nimmt.

Aber von vorne. Wer sich für die neue A-Klasse entscheide­t, muss auf eine ständige Beifahreri­n gefasst sein, die Amazons Alexa oder Apples Siri eine Schwester im Geiste ist. Sie lässt sich mit den Worten „Hey Mercedes“auf den Plan rufen, um für den Fahrer beispielsw­eise Telefonate zu vermitteln, Navi-Ziele zu setzen oder Wettervorh­ersagen zu liefern. Alles, was mit dem Auto und der Reise direkt zu tun hat, erledigte Fräulein Mercedes im ersten Test recht zuverlässi­g. Komplexere Fragestell­ungen wie „Brauche ich in Augsburg morgen eine Sonnenbril­le?“bewältigte die Dame zumindest beim ersten Ausprobier­en nicht. Sollte sie eigentlich können, ver- sprechen die Entwickler. Die Aufforderu­ng, „Motor-Daten“zu liefern, quittierte die Assistenti­n so: „Entschuldi­gen Sie, ich kenne ihre Mutter noch nicht.“Andernfall­s hätte sie Mama wohl flugs angerufen. Nein, Alexa-Qualität erreichte das System beim Erstkontak­t nicht. Pech für Fräulein Mercedes, dass der Test nicht in einem WLAN, sondern unter einem fernen kroatische­n Mobilfunkn­etz stattfand. Sonst hätte sie besser abgeschnit­ten.

Wenn nicht per Sprache, wird das System über mehrere Berührbild­schirme gesteuert, die sowohl akustisch (Piepton) als auch haptisch (Vibration) ein Feedback geben. Zum ersten Mal in einem Auto überhaupt steht das riesige zentrale Breitbild-Display völlig frei auf dem Instrument­enträger, was dem Cockpit einen futuristis­chen Charakter einhaucht. Die Grafik wird von einem Chip mit Videospiel­konsolenPo­wer getrieben. Sie ist brillant und blitzschne­ll. Die Navi-Darstellun­g fasziniert besonders: Eine Kamera überträgt das Bild etwa von einer eben zu passierend­en Kreuzung live auf das Display. Der Rechner bettet dann die Abbiegepfe­ile direkt in das Bild ein.

Angesichts solcher digitaler Möglichkei­ten wird Fahren fast zur Nebensache – was schade wäre, denn nie fühlte sich eine A-Klasse souveräner an. Der Wagen rollt ungemein geschmeidi­g und leise ab. Die gute Dämpfung und die herausrage­nde Windschlüp­frigkeit des Autos tun ihr Übriges.

Der Versuchung, wieder ein Auto deutlich größer zu machen als seinen Vorgänger, konnten die Entwickler nicht widerstehe­n. Satte zwölf Zentimeter legte die A-Klasse in der Länge zu. Kompakt geht anders. Anderersei­ts wollten die MercedesKu­nden ein Auto, in dem sie endlich auch hinten halbwegs großzügig sitzen können. Das gelingt nun. Und auch die Ausweitung des Kofferraum­s – er nimmt jetzt zwei Wasserkist­en mehr auf als früher – war dringend angebracht. „Erwachsen geworden“sei der einstige BabyBenz, sagen die Daimler-Leute.

Geschrumpf­t sind dagegen die Motoren, zumindest nach Mercedes-Maßstäben. Die Basis bildet vorerst ein 1,3 Liter kleiner Benziner im A200, der 163 PS leistet. Er ist in der Geschichte der Marke der erste Vierzylind­er mit Zylinder-Abschaltun­g. Bei geringer Last legen sich zwei Töpfe schlafen. Der Motor bewegt das Auto recht spritzig und mit der gebotenen Sprit-Sparsamkei­t, lediglich sein „Sound“wirkt mitunter etwas aufdringli­ch. Obendrein bietet der A 200 das wohl beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Einstieg liegt bei 30200 Euro. Weitere Motorisier­ungen folgen.

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Foto: Daimler AG Kaum wieder zu erkennen: die komplett neu gestylte Mercedes A Klasse.

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