Die Schmierereien nehmen kein Ende
Nach Kirchen in Waldstetten und Röfingen wurde nun das Gemeindezentrum in Scheppach verschandelt
Jettingen Scheppach „Anarchy“steht mit roter Farbe auf dem Philipp-Melanchthon-Haus in Jettingen-Scheppach geschrieben. Das Wort Anarchie steht dem Duden nach für einen „Zustand der Herrschaftslosigkeit“. Synonyme dafür sind Chaos, Durcheinander, Gesetzlosigkeit. Dass diese Dinge nicht eintreten, dafür ist die Polizei verantwortlich. Doch bisher tappen die Ermittlungsbehörden noch im Dunklen.
Anfang April wurde die SanktLeonhard-Kapelle in Waldstetten mit Sprühdosen verunstaltet. Bürgermeister Michael Kusch hat eine Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, ausgesetzt – doch ohne Erfolg. Die Hoffnung, dass der Täter doch noch gefasst wird, liegt mittlerweile „fast bei null“, sagt er. „Mindestens 5000 Euro“Kosten kommen auf die Kirchengemeinde zu, um die Schmierereien zu entfernen.
Vor knapp zwei Wochen folgten Graffiti an der Kirche in Röfingen. Dort wurde laut Polizei ein Anarchie-Zeichen aufgemalt. Stephan Eska, Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Burgau, folgert aus der Ähnlichkeit der Schmierereien in Röfingen und am Philipp-Melanchthon–Haus in Scheppach, dass es sich vermutlich um ein und denselben Täter handelt. Dass die Sachbeschädigungen „einfach nur Geschmiere“seien, mache es den Ermittlungsbehörden nicht leichter: Bei aufwendigen Graffiti könne man manchmal die Sachbeschädigungen anhand des Stils auf einen bestimmten „Künstler“zurückführen. Bei den vorliegenden Delikten sei man auf Zeugenaussagen angewiesen oder könne die Täter bei einer Routinekontrolle schnappen, wenn die entsprechenden Farben bei ihm gefunden werden. Auf dem Gelände der Realschule Burgau und am Burgauer Bahnhof sei dasselbe Symbol in den vergangen Tagen angebracht worden.
Anhand der Zahlen des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West lässt sich schwer feststellen, ob eine Häufung solcher Straftaten im Landkreis Günzburg vorliegt. Dieses Jahr sind im Kreis bisher 24 Anzeigen bei den Polizeibehörden eingegangen, sagt Präsidiumssprecher Florian Wallner. Im selben Zeitraum waren es im Vorjahr nur zwölf. Doch würden beispielsweise in einer Straße fünf Häuser angesprüht, wären das zunächst fünf Anzeigen, die bei einem Ermittlungserfolg aber zu einer würden.
Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe sind laut Gesetz für Sachbeschädigungen möglich, sagt Thomas Hörmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Memmingen. Doch eine übliche Strafe könne man nicht beziffern, weil es vom Inhalt der Schmierereien, dem Alter der Täter und anderen Faktoren abhänge. Möglich seien bei jugendlichen Tätern zudem „richterliche Weisungen“. Die Anweisung, das Graffito wieder zu entfernen, sei deshalb rechtlich durchaus denkbar – untergekommen ist Hörmann diese Weisung in seinen vielen Jahren bei der Staatsanwaltschaft aber noch nicht.
Hans Reichhart, Bürgermeister in Jettingen-Scheppach, berichtet von großem Ärger über die Schmierereien in der Bevölkerung. „Es ist sehr schnell Thema geworden im Ort“, sagt er. Er verweist auf den großen Einsatz der Bürger, der den Bau des Gebäudes vor einigen Jahren ermöglicht hatte. Die Sachbeschädigung sei „eine Unverschämtheit“, betont er mehrmals. Pfarrer Norbert Riemer ist verärgert über die Sachbeschädigung und bezeichnet sie als „groben Unfug“. Auch in der Gemeinde sei eine Verärgerung vorhanden – zumal sich auf der anderen Seite der verschmierten Mauer der Altar befindet.