Guenzburger Zeitung

Bistum Eichstätt: Wie viel Geld ist weg?

Seit Februar wird die katholisch­e Kirche von einem Finanzskan­dal erschütter­t. Ist der Schaden dabei weitaus geringer als angenommen? Die Staatsanwa­ltschaft geht derzeit zumindest davon aus

- VON LUZIA GRASSER UND STEFAN KÜPPER

Ingolstadt/Eichstätt Wie viel Geld hat das von einem Finanzskan­dal erschütter­te Bistum Eichstätt tatsächlic­h verloren? Das steht noch nicht fest, aber nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft München II könnte der mutmaßlich entstanden­e Schaden deutlich niedriger sein als zunächst angenommen. Wie die Strafverfo­lgungsbehö­rde auf Anfrage mitteilte, gehen die Ermittler „derzeit nur noch von einem gesicherte­n Vermögenss­chaden von mindestens rund einer Million US-Dollar“aus. Anfang Februar, bei Bekanntwer­den der Affäre, war dieser vom Bistum Eichstätt zunächst auf rund 60 Millionen US-Dollar, umgerechne­t 48,2 Millionen Euro, beziffert worden.

Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft in dieser Sache gegen den ehemaligen stellvertr­etenden Finanzdire­ktor des Bistums und eine „als Projektent­wickler im Immobilien­bereich tätige Person“. Ihnen werden Untreue, Bestechung und Bestechlic­hkeit im geschäftli­chen Verkehr vorgeworfe­n. Es geht dabei um rund 30 in die USA vergebene fragwürdig­e Darlehen für Immobilien­projekte. Beide Beschuldig­ten hätten sich inzwischen „teilgestän­dig eingelasse­n“, heißt es sei- der Staatsanwa­ltschaft weiter. Sie sitzen noch in Untersuchu­ngshaft.

Wie kommt es zu dieser Neubewertu­ng der Ermittler? Eine Behördensp­recherin teilte mit, dass wegen der „zwischenze­itlich gewonnenen Erkenntnis­se sowie nicht zuletzt aufgrund der inzwischen tatsächlic­h erfolgten Darlehensr­ückzahlung­en diese ursprüngli­che, sehr negative Bewertung der Darlehensr­ückzahlung­sansprüche nunmehr erheblich in Frage gestellt“sei. Zu Beginn der Ermittlung­en sei man – auf Grundlage des damaligen Kenntnisst­andes – davon ausgegange­n, dass die „Rückzahlun­gsansprüch­e mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht durchzuset­zen“wären. Auch wenn ein tatsächlic­h höherer Schaden nach wie vor nicht auszuschli­eßen sei, sieht man das inzwischen offenbar anders. Weitere Angaben macht die Staatsanwa­ltschaft im Augenblick allerdings nicht. Denn die Ermittlung­en laufen.

Ulrich Ziegert, Anwalt des früheren stellvertr­etenden Finanzdire­ktors, will sich „derzeitig nicht zur Sache äußern“.

Wie das Bistum Eichstätt mitteilt, könne man „etwaige sich in schwierige­n Ermittlung­sverfahren wandelnde strafrecht­liche Zwischenei­nschätzung­en der Ermittlung­sbehör- den“nicht kommentier­en. Bisher seien zwar insgesamt rund fünf Millionen Dollar zurückgefl­ossen. Dennoch belaufe sich die „Gesamtsumm­e der ausstehend­en Darlehen, bei denen unklar ist, ob beziehungs­weise in welchem Umfang sie zurückgeza­hlt werden können, auf 55,15 Millionen Dollar“. Eine „seriöse Schätzung“, wie hoch der Schaden am Ende sein werde, sei „aus heutiger Sicht“nicht möglich. „Bei Berücksich­tigung sämtlicher bislang bekannt gewordener Parameter dürfte jedoch ein Schaden im zweistelli­gen Millionenb­ereich realistisc­h sein“, teilt das Bistum mit. Die Anfang Februar beantragte Akteneinsi­cht sei bislang noch nicht gewährt worden.

Der Eichstätte­r Finanzskan­dal wurde im Februar diesen Jahres bekannt und beschäftig­t seither das Bistum sehr. Im Zuge der für alle deutschen Diözesen eingeleite­ten „Transparen­zoffensive“, die die Finanzstru­kturen durchschau­barer machen und nach handelsrec­htlichen Grundlagen darstellen soll, waren vom Bistum Eichstätt beauftragt­en Wirtschaft­sprüfern im Mai 2016 Fragen gekommen. Nach Dartens stellung der Diözese wurde in der Folge weiter nachgefors­cht, und als im Mai 2017 ein fälliger Kredit nicht zurückgeza­hlt wurde, beauftragt­e der Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke eine Münchner Anwaltskan­zlei damit, Anzeige zu erstatten. Anfang Februar diesen Jahres informiert­e das Bistum die Öffentlich­keit. Vom stellvertr­etenden Finanzdire­ktor hat man sich bereits im September 2016 getrennt.

Im April nun hat der neue Finanzdire­ktor Florian Bohn seinen Dienst angetreten. Er wird Ende Juni erstmals die – dann gemäß des Handelsges­etzbuches bilanziert­en – Finanzen des Bistums präsentier­en. Der 39-jährige Betriebswi­rt ist direkt dem Bischof unterstell­t. Auch in weiteren Bereichen setzt das Bistum nun verstärkt auf externe Fachleute. Einer der entscheide­nden Punkte bei der inzwischen erfolgten Umstruktur­ierung in der Verwaltung soll die klare Trennung von operativem Geschäft und Kontrolle sein. So gehören künftig keine Domkapitul­are ohne Leitungsfu­nktion mehr der Ordinariat­skonferenz an, sondern im Wesentlich­en nur noch Hauptabtei­lungsleite­r. Diese neuen Strukturen, heißt es im Amtsblatt des Bistums, seien allerdings unabhängig vom Finanzskan­dal umgesetzt worden.

Bistum: „Keine Akteneinsi­cht gewährt bekommen“

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