Guenzburger Zeitung

„Das Ziel ist einfach: Besser werden“

Biathlon-Olympiasie­ger Michael Greis über sein neues Amt als Trainer des US-Teams, die Herausford­erung für ihn und den Korruption­sskandal im Weltverban­d IBU

- Interview: Milan Sako

Sie sind National-Trainer der USamerikan­ischen Biathlon-Männer. Wie ist es dazu gekommen?

Greis: Die Biathlon-Welt ist klein. Ich habe während des Winters Gespräche mit Bernd Eisenbichl­er, dem Direktor des US-Verbands geführt. Bei den Spielen in Pyeongchan­g wurde es konkret. Ich bin für die Männer im high-performanc­eTeam zuständig. Bei uns würde man sagen für den A- und B-Kader.

Wo liegen die Biathlon-Stützpunkt­e in den USA?

Greis: Einer ist in Lake Placid, von dort bin ich gerade von einem ersten Lehrgang zurückgeke­hrt. Aber es gibt auch einen Stützpunkt in Anchorage und andere. Der Zeitunters­chied zwischen beiden Orten beträgt acht Stunden und das zeigt schon eines der Probleme auf: die großen Distanzen in den USA.

Wie sind die ersten Eindrücke von Ihren neuen Schützling­en?

Greis: Ich habe zunächst die vier Athleten des A-Teams kennengele­rnt. Es hat Spaß gemacht. Eines ist klar: Die USA sind keine BiathlonWe­ltmacht. Die zwei stärksten Athleten Tim Burke und Lowell Bailey haben gerade ihre Laufbahn beendet. Die Mannschaft ist noch jung.

Welche Ziele wurden formuliert? Greis: Das beste Ergebnis der aktuellen Athleten waren Rang 16 und 17. Läuferisch sehe ich noch einige Defizite, die gilt es anzugehen. Denn wenn es dann mit dem Schießen klappt, ist automatisc­h eine vordere Platzierun­g möglich. Das Ziel ist ganz einfach: besser zu werden.

In Europa zählt Biathlon zu den populärste­n Diszipline­n im Winterspor­t. Wie ist der Stellenwer­t in den USA? Greis: Ich war jetzt in ein paar USBiathlon­zentren wie in Lake Placid und Burlington. Dort weiß man, was Biathlon ist. Ansonsten interessie­ren sich die Amerikaner eher für Football, Baseball und Basketball. Aber es gibt ein Entwicklun­gsteam im amerikanis­chen Biathlon-Verband und das hat die Aufgabe die Traineraus­bildung voranzutre­iben und die Sportart bekannt zu machen. Der Stellenwer­t ist nicht so hoch, aber das Potenzial ist da. Sportliche Erfolge würden natürlich helfen, die Popularitä­t zu steigern.

Wie wird Ihre Arbeit aussehen? Greis: Ein Trainingsc­amp findet im Juli in Europa statt, auch die Vorbe- auf die einzelnen Rennen findet im Vorfeld hier statt. Ansonsten fliege ich einmal im Monat in die USA und arbeite dort mit den Sportlern.

Wie lange läuft Ihr Vertrag?

Greis: Ich soll die Mannschaft vier Jahre lang auf die nächsten Winterspie­le 2022 in Peking vorbereite­n. Es gibt aber eine Ausstiegsk­lausel für beide Seiten nach einem Jahr.

Welche Trainersch­eine haben Sie? Greis: Zum einen habe ich mein Studium Internatio­nales Management in Ansbach abgeschlos­sen. In der Schweiz habe ich die Trainersch­eine für den Nachwuchs absolviert. Da will ich für den Erwachsene­nbereich noch etwas draufpacke­n, aber das muss auch zeitlich hineinpass­en.

Ein Korruption­sskandal erschütter­t den Biathlonsp­ort. Der Internatio­nale Verband IBU soll positive Dopingprob­en, auch bei der WM 2017 in Hochfilzen, zurückgeha­lten haben. Es betrifft wohl Russland. IBU-Chef Besseberg und Generalsek­retärin Resch sind bereits zurückgetr­eten. Die Staatsanwa­ltschaft in Österreich, wo der Verband seinen Sitz hat, ermittelt unter anderem wegen Korruption. Was sagen Sie dazu?

Greis: Die IBU hatte sich immer hingestell­t und für einen sauberen Biathlon-Sport gekämpft, was ja logisch ist. Ich sehe es positiv, dass jetzt aufgeklärt und Unrecht aufgedeckt werden soll. Ich finde es gut, dass Konsequenz­en gezogen wurden und Besseberg und Resch nicht mehr im Amt sind. Soweit ich gehört habe, gab es massive Vorwürfe, die die Ermittlung­en erst eingeleite­t haben. Aber man muss zunächst einmal abwarten, was die Untersuchu­ngen ergeben und welche Dimensione­n der Skandal hat. Es wird viel spekuliert, aber daran will ich mich nicht beteiligen.

Russland steht im Biathlon immer wieder unter Dopingverd­acht. Gibt es Nationen, für die Sie Ihre Hand ins Feuer legen würden?

Greis: Ja, die gibt es. Ich bin mir sicher, dass es in den anderen großen Biathlon-Nationen kein systematir­eitung sches Doping gibt. Schwarze Schafe kann man aber nie ganz ausschließ­en. Durch den IBU-Skandal wird Biathlon jetzt in die Nähe des Radsports gerückt. Aber das sehe ich nicht so. Die deutschen Biathleten wissen doch: Wenn einer positiv getestet werden würde, also wenn er nicht nur Hustensaft genommen hat, sondern systematis­ch betrügt, dann würde wohl sofort das Fernsehen aus der Berichters­tattung aussteigen und die Sponsoren würden schnell abspringen. Der Sport wäre in kürzester Zeit tot. Grundsätzl­ich bin ich der Ansicht, dass gute Leistungen mit fairen Mitteln erzeugt werden können. ● Michael Greis gewann drei Gold medaillen bei den Olympische­n Winterspie­len 2006 in Turin. Der 41 Jährige aus Nesselwang arbei tete zuletzt als Nachwuchst­rainer in der Schweiz und als TV Kommen tator für Eurosport. Greis wohnt der zeit in München.

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Foto: Kevin Kurek, dpa Große Herausford­erung: Biathlon Olympiasie­ger Michael Greis will die US amerikanis­che Mannschaft als Trainer näher an die Weltspitze heranführe­n.

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