Was bringt Spahns Pflegehilfspaket?
Das Milliardenprogramm des CDU-Gesundheitsministers geht deutlich über die Ankündigungen des Koalitionsvertrags hinaus. Doch es gibt massive Kritik an seinen Vorhaben
Berlin Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will den Pflegenotstand überwinden – mit mehr Stellen und besseren Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Doch an seinen Plänen gibt es Kritik – Sozialverbänden gehen die Maßnahmen nicht weit genug und den Krankenkassen missfällt die geplante Finanzierung. Schon der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD hatte 8000 zusätzliche Stellen in der Pflege vorgesehen. Doch das, so war kritisiert worden, reiche bei rund 13000 Altenheimen in Deutschland nicht einmal rechnerisch für eine zusätzliche Stelle pro Einrichtung.
Die Bundesregierung reagiert und stockt diese Zahl jetzt entsprechend auf. Mindestens 13 000 zusätzliche Stellen sollen laut einem Eckpunktepapier von Union und SPD nun geschaffen werden. Das bedeutet aber noch immer nicht, dass sich nun auch jedes Heim genau über einen zusätzlichen Pfleger freuen darf. An Heimen mit bis zu 40 Bewohnern kommt jeweils eine halbe Stelle hinzu, Einrichtungen mit 41 bis 80 Bewohnern erhalten eine volle Stelle, und Heime mit 81 bis 120 Bewohnern bekommen 1,5, noch größere Einrichtungen zwei Stellen zusätzlich.
Auch in den Krankenhäusern sollen mehr Pflegestellen geschaffen werden. Künftig sollen die Krankenkassen jede aufgestockte Stelle voll bezahlen. Bislang müssen Kliniken einen Teil von zehn Prozent selbst tragen. Auch Tarifsteigerungen und die Auszubildenden-Vergütungen im ersten Jahr sollen künftig voll von den Kassen übernommen werden. Denn die bisherige Kostenteilung hatte teilweise zur unbeabsichtigten Folge, dass sie in den Kliniken zu Einsparungen führten. Dies soll künftig verhindert werden. In Kliniken und Heimen soll die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht werden, indem Anreize für Einrichtungen, die mehr ausbilden, geschaffen werden.
Verbessern will der Gesundheitsminister auch die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften – sie sollen sich künftig etwa weniger mit büro- kratischen Aufgaben beschäftigen müssen. Zur Entlastung soll die Anschaffung von digitalen Systemen zur Abrechnung oder Dokumentation bezuschusst werden. Zudem soll in die Gesundheit der Pflegekräfte selbst investiert werden – dafür sind Zuschüsse für betriebliche Fördermaßnahmen vorgesehen. Gefördert werden soll auch eine bessere Kinderbetreuung für den Nachwuchs der Pflegekräfte, die ja oft auch am Wochenende oder in der Nacht arbeiten – für vorerst vier Jahre ist ein spezielles Programm vorgesehen. Spahn nannte das Paket, das nun in das Gesetzgebungsverfahren geht, „eine erste wichtige Maßnahme, um die Vertrauenskrise in der Pflege zu überwinden“.
Die Neuregelungen sollen laut Spahn zum Jahresanfang 2019 in Kraft treten und weitgehend von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Diese verfügen – im Gegensatz zur defizitären Pflegeversicherung – teils über stattliche Rücklagen. Es geht um Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro im Jahr. Der Spitzenverband der gesetzlichen
Tiefer Griff nach dem Geld der Krankenkassen Zahler
Krankenkassen hat Bedenken, was die geplante Finanzierung des Sofortprogramms betrifft: „Wenn hier mit einem Finanztransfer von der Kranken- in die Pflegeversicherung begonnen wird – wo hört das dann auf?“
Sprecher Florian Lanz forderte das Gesundheitsministerium dazu auf, „nicht zuletzt vor dem Hintergrund sprudelnder Steuereinnahmen über die Einführung eines steuerfinanzierten Bundeszuschusses für die Pflegeversicherung“nachzudenken.
Für Verena Bentele, die neue Präsidentin des Sozialverbands VdK, gehen die Spahn-Pläne zwar in die richtige Richtung, sie könnten allerdings „nur ein Anfang“sein. „Wir brauchen gerade vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl älterer Menschen mit einem höheren Pflegebedarf mindestens 60000 zusätzliche Pflegekräfte“, sagte sie.