Guenzburger Zeitung

Söder trifft den Papst

In Bayern gilt ab sofort der Kreuz-Erlass. Während die Landesbehö­rden in der Heimat noch ihre Kreuze anbringen, weilt der Ministerpr­äsident im Vatikan – und erntet erneut Häme und Spott

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Vatikansta­dt An diesem 1. Juni gibt es wohl keinen passendere­n Ort für Markus Söder (CSU) als den Vatikan. Während im 700 Kilometer Luftlinie entfernten München wie in ganz Bayern der umstritten­e KreuzErlas­s für (fast) alle Landesbehö­rden in Kraft tritt, wird dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten hier eine besondere Ehre zuteil: Eine Privataudi­enz bei Papst Franziskus, gefolgt von einem Treffen mit dessen Vorgänger Benedikt XVI. „Heute Besuch des Heiligen Vaters im Vatikan“, schreibt Söder vor der Audienz beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter – auch wenn der Satz grammatika­lisch stimmt, kann er auch missinterp­retiert werden. Und so reagiert das Netz ähnlich wie zur Kreuz-Debatte umgehend mit Spott, Kritik und Häme. „Jetzt hält er sich schon für den Papst!“, heißt es etwa oder „Ministerpr­äsident sind Sie ja Herr Söder, aber nun sind Sie auch noch der Heilige Vater? Das finden wir dann doch etwas übertriebe­n“.

Als Lutheraner gehört Söder zwar nicht der römisch-katholisch­en Kirche an, der Besuch hat für den Franken aber dennoch eine besondere Bedeutung: „Der Papst ist das inoffiziel­le Sprachrohr der Christenhe­it.“Und als solcher sei er für ein christlich geprägtes Land wie Bayern besonders wichtig. Darüber hinaus – so beteuert Söder – sei der Termin der Reise Zufall, vom Vatikan vorgegeben und habe nichts mit dem KreuzErlas­s zu tun.

Franziskus präsentier­t sich im Gespräch nach Angaben von Teilnehmer­n als sehr interessie­rter und gut informiert­er Zuhörer. Als Söder ihm das Geschenk, einen großen Präsentkor­b mit meist süßen Köstlichke­iten wie Lebkuchen, Marmelade und Schokolade­n aus Bayern übergibt, zeigt er sich erfreut. „Wie, aus Bayern und kein Bier?“, fragt er lachend. Nach der knapp 35-minütigen Audienz zeigt sich Söder beeindruck­t: „Es war ein sehr bewegendes Gespräch.“Franziskus habe sich sehr wohlwollen­d über alle Aktivitäte­n der Staatsregi­erung geäußert. Ob der Papst auch über den von ihm vor wenigen Wochen initiierte­n KreuzErlas­s gesprochen hat oder was dieser gar davon hält, will der 51-Jährige so konkret nicht sagen. Bereits vor dem Treffen hatte Söder aber betont, dass es ihm nicht darum gehe, mit Zustimmung des Heiligen Vaters die vielen Kritiker – darunter namhafte Kirchenver­treter wie den Münchner Kardinal Reinhard Marx – zu übertrumpf­en: „Wir haben eine Position, eine klare Haltung und die vertreten wir.“Er sei sich sicher, dass die Bevölkerun­g mehrheitli­ch hinter dem Erlass stehe, der für Behördenfo­yers ein Kreuz vorschreib­t, für untergeord­nete Institutio­nen wie Museen, Theater und Universitä­ten aber nur empfiehlt. Allerdings, das gibt Söder zu, sei er nach wie vor überrascht, mit welcher Wucht insbesonde­re vonseiten einiger Kirchenver­treter der Erlass kritisiert worden sei.

Ungeachtet aller Wellen, die der Kreuz-Erlass verursacht hat, im Zwiegesprä­ch mit dem als liberal geltenden Franziskus standen laut Söder auch andere Themen im Fokus. Neben der EU-Flüchtling­spolitik und Entwicklun­gshilfe hatte Söder auch eine Neuigkeit im Gepäck: In Bayern will die Staatsregi­erung ein Obdachlose­nprogramm für Großstädte auflegen, das die Kommunen bei der Hilfe unterstütz­t. „Ein so reiches Land wie wir sollte da mehr machen“, sagt Söder. Auch wenn er bereits dreimal an einer Audienz des Papstes teilnehmen durfte, dürfte dieser Besuch ihm in besonderer Erinnerung bleiben: Denn nach der Privatunte­rhaltung mit Papst Franziskus konnte er sich im wenige Meter entfernten Kloster Mater Ecclesiae auch mit dessen Vorgänger Benedikt XVI. treffen. Mit dem 91 Jahre alten emeritiert­en Papst verbindet Söder nach eigenen Worten eine persönlich­e Beziehung. Benedikt habe ausdrückli­ch den KreuzErlas­s gelobt. Söder kommentier­t das so: „Das freut uns, aber wir wollten uns hier auch nicht die Erlaubnis holen.“

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Bild: Maya Aggenstein­er, 12, Landkreis Augsburg Knapp 35 Minuten dauerte die Privataudi­enz beim Papst. Ob es dabei auch um den umstritten­en Kreuz Erlass ging, das wollte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder nicht konkret sagen.

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