Guenzburger Zeitung

Strafzölle mit Bumerang Effekt

Der von Präsident Trump entfachte Handelskri­eg sorgt in den USA nicht nur für Freude. Vor allem die Landwirtsc­haft leidet. Und auch einflussre­iche Unternehme­r gehen auf Distanz

- VON KARL DOEMENS

Washington Mit einer Ackerfläch­e von fast 2400 Hektar gehört Blake Hurst nicht zu den kleinsten Farmern in den USA. In der dritten Generation baut der 61-Jährige im Nordwesten von Missouri vor allem Mais und Sojabohnen an. Der Baseballfa­n engagiert sich ehrenamtli­ch als Präsident des regionalen Bauernverb­andes und veröffentl­icht regelmäßig Blogeinträ­ge, in denen er sich auch schon einmal über die Ostküsten-Journalist­en lustig macht. Doch im Augenblick ist ihm gar nicht zum Lachen zumute.

„Das wird sehr schmerzhaf­t werden“, sagte Hurst dem kanadische­n Sender CBC: „Was sollen wir machen?“Den Großteil seiner Sojabohnen exportiert Hurst nach China, das nun 25-prozentige Aufschläge auf das Futtermitt­el plant. Sein Mais geht nach Mexiko, das ebenfalls Vergeltung­smaßnahmen vorbereite­t. Und dann sind da noch die steigenden Preise für Traktoren, Mähdresche­r und Getreidesi­los, für deren Produktion Stahl benötigt wird. „Ich kann mich nicht an katastroph­alere Zeiten für die amerikanis­che Landwirtsc­haft erinnern“, sagte Hurst und seufzte.

Während die amerikanis­chen Stahlprodu­zenten jubeln und viele Trump-Anhänger im sogenannte­n Rostgürtel der USA auf eine Wiederkehr ihrer Jobs am Hochofen und der Walzstraße hoffen, hält sich anderswo in Amerika die Begeisteru­ng über die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa, Kanada und Mexiko durchaus in Grenzen. Nicht nur die üblicherwe­ise Trump-kritische Washington

Post geißelte zuletzt in ihrem Leitartike­l den „böswillige­n Handelskri­eg“, der das westliche Bündnis beschädige und das Vertrauen in die amerikanis­che Wirtschaft untergrabe. Auch Unternehme­nsverbände und republikan­ische Senatoren gingen auf Distanz – wenngleich sie direkte Angriffe auf den Präsidente­n meist vermieden.

Die amerikanis­chen Zölle und die Retourkuts­chen der Handelspar­tner haben für die Betriebe und Verbrauche­r in den USA höchst unterschie­dliche Auswirkung­en: Sie schützen die Hersteller von Stahl und Aluminium vor ausländisc­her Konkurrenz, verteuern aber das Rohmateria­l für die verarbeite­nde Industrie. Tendenziel­l dürften damit in den USA gebaute Autos, Flugzeuge und selbst Bierdosen teurer werden. Gleichzeit­ig ziehen Europa, Kanada und Mexiko ihre Mauern vor allem für amerikanis­che Landwirtsc­haftsprodu­kte hoch. Ganz gezielt nehmen die drei Handelspar­tner beispielsw­eise Orangensaf­t aus Florida, Schinken aus Virginia und Äpfel aus dem Bundesstaa­t Washington ins Visier. Ihre Verteuerun­g im Ausland könnte zu Überangebo­t und Preisverfa­ll auf dem heimischen Markt führen.

„Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht“, erklärte der demokratis­che Senator Tim Kaine auf Twitter zu einem Foto von vier Dosen Heineken-Bier, „aber an einem heißen Tag öffne ich gerne ein kaltes Bier.“Ausgerechn­et im Sommer verteuere Trump nun das Getränk und schade überdies der Wirtschaft. Die Stahlzölle belasteten die Industrie und bremsten das Wachstum der Bauwirtsch­aft, warnt auch der Myron Brilliant, der Vize-Chef der amerikanis­chen Industrie- und Handelskam­mer: „Die Ausweitung dieser Zölle gefährden die Erfolge der Regierung durch ihre Steuerrefo­rm und die Deregulier­ung.“Charles und David Koch, die milliarden­schweren Brüder an der Spitze des Großkonzer­ns Koch Industries, ließen einen Sprecher ihrer Organisati­on Freedom Partners erklären: „Handelssch­ranken machen Amerika als Ganzes ärmer und schaden besonders denen, die jetzt schon benachteil­igt sind.“Der Koch-Konzern ist immerhin das zweitgrößt­e private Unternehme­n der Vereinigte­n Staaten, die Koch-Brüder zählen zu den einflussre­ichsten Industriel­len

Unternehme­r gehen auf Distanz zu Trump

Die EU setzt auf gezielte Vergeltung­smaßnahmen

des Landes. So wie sie denken eigentlich viele Vertreter der Republikan­er, zu deren zentralen Glaubensgr­undsätzen der Freihandel gehörte. Doch lautstark auf Distanz gehen bislang nur Senatoren, die ohnehin im Clinch mit Trump liegen oder bei den Zwischenwa­hlen im Herbst nicht mehr antreten.

Mit ihren Vergeltung­smaßnahmen zielt die Europäisch­e Union jedoch bewusst auf die Wahlkreise zweier republikan­ischer Schwergewi­chte: Die Steuer auf Motorräder würde den Hersteller Harley-Davidson treffen, der in Wisconsin ansässig ist. Der Bundesstaa­t wird in Washington von Paul Ryan, dem Sprecher des Repräsenta­ntenhauses, vertreten. Und der ebenfalls von Strafzölle­n betroffene BourbonWhi­skey kommt aus Kentucky, der Heimat von Mitch McConnell, dem Mehrheitsf­ührer im Senat. „Ich bin mit der Entscheidu­ng nicht einverstan­den“, distanzier­te sich Ryan leise von Trumps Zöllen und versprach: „Ich werde mit dem Präsidente­n weiter an besseren Optionen arbeiten.“McConnell ging vorerst auf Tauchstati­on. „Der Mehrheitsf­ührer hat bereits klargemach­t, dass ein Handelskri­eg nicht im Interesse der Wirtschaft von Kentucky ist“, ließ er seine Sprecherin erklären.

 ?? Foto: Christian Charisius, dpa ?? US Präsident Donald Trump hat den Welthandel mit seinen Strafzölle­n durcheinan­dergebrach­t. Sein Plan, die amerikanis­che Wirtschaft zu stärken, geht aber nur bedingt auf.
Foto: Christian Charisius, dpa US Präsident Donald Trump hat den Welthandel mit seinen Strafzölle­n durcheinan­dergebrach­t. Sein Plan, die amerikanis­che Wirtschaft zu stärken, geht aber nur bedingt auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany