Guenzburger Zeitung

Wie mache ich richtig Schluss?

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Joachim Löw ist mittlerwei­le derart geübt im Beenden von Beziehunge­n, dass er bereits von Donald Trump angefragt worden sein soll. Das mit der Nato müsse doch irgendwie zu lösen sein. Seinen Ruf als begnadeter Schlussmac­her hat sich der Bundestrai­ner in den vergangene­n zwölf Jahren hart erarbeitet. Alle zwei Jahre schart er allerhand begnadete Fußballer um sich, auf dass sie ihn überzeugen, mit zu einer WM oder EM fahren zu dürfen. Löws Kniff: Er lädt immer mehr Spieler ein, als er letztlich mitnehmen darf. Das kurbelt den Konkurrenz­kampf an und sollte sich jemand mal verletzen, steht sofort Ersatz parat.

Für die Weltmeiste­rschaft in Russland hat es sich Löw zur Aufgabe gemacht, ein Streich-Quartett zusammenzu­stellen. Die Heimfahrer können sich einander stützen. Geteiltes Leid, halbes Leid.

Löw aber ist alleine. Niemand, der ihm die Last abnehmen könnte. Fragen, die nur er selbst beantworte­n kann. Fragen, die jeder kennen sollte, der mal eine Beziehung beendet hat. Wie sage ich es ihm?

Der Klassiker: Seinem Gegenüber das Gefühl geben, ein wertvoller Mensch zu sein. Ihm nicht mögliche Fehler vorhalten, sondern all die Schuld auf sich zu laden. Und schließlic­h, einfach weil es dazugehört, eine mögliche Freundscha­ft in Aussicht stellen.

Wenn Löw nun also Jonathan Tah zu sich ruft, beide sich die schwitzend­en Hände gegeben haben, wird der Trainer anfangen: „Jonathan, du hast super Fortschrit­te im Trainingsl­ager gemacht. Wie du den Mats auf der Playstatio­n abgezogen hast, toll. Auch, dass du dem kleinen Joshua nur zwei Mal seinen Fruchtzwer­g weggegesse­n hast, finde ich super. Leider kannst du aber nicht mit nach Russland fahren. Ich habe es schon Mats versproche­n. Der hat genug von seinem schreiende­n Kind zu Hause. Und Jérôme, na ja, du weißt ja, wie er geweint hat, als ich ihm mal seine Kopfhörer weggenomme­n habe. Unglaublic­he Verlustäng­ste. Es ist einfach meine Schuld. Ich habe beim Nominieren den Überblick verloren. Du hast allen Grund, sauer zu sein. Aber lass dich nicht hängen. In zwei Jahren ist wieder eine EM. Da brauche ich wieder Füllmater..., Pardon, da hast du wieder die Chance.“

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Foto: afp Jonathan Tah dürfte ein unangenehm­es Gespräch mit Bundestrai­ner Joachim Löw bevorstehe­n.
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