Guenzburger Zeitung

Vier aus 27

Für ein Quartett ist die WM zu Ende, ehe sie begonnen hat

- Tilmann Mehl

Klagenfurt Wenn Sie diese Zeitung aufschlage­n, befinden sich vier von Deutschlan­ds besten Fußballern möglicherw­eise schon im unfreiwill­igen Urlaub. Vier Spieler nämlich muss Joachim Löw heute aus dem vorläufige­n 27 Mann starken WMKader streichen, um auf die vom Weltverban­d geforderte Obergrenze von 23 Akteuren zu kommen. Top Favoriten auf einen Sommer fernab Russlands sind:

● Kevin Trapp: Hat Manuel Neuer mit Sicherheit nichts Böses gewünscht. Also gesundheit­lich. Der ein oder andere Ball hätte der deutschen Nummer eins gegen Österreich schon durch die Hände glitschen können. Das hätte Trapps Chancen erhöht, die WM als Aktivurlau­ber zu verfolgen. Einsätze wären für ihn als Nummer drei hinter Marc-André ter Stegen und Bernd Leno ähnlich wahrschein­lich gewesen wie ein Sieg Österreich­s gegen den Weltmeiste­r.

● Jonathan Tah: Hinter Boateng, Hummels, Süle, Rüdiger und wahrschein­lich sogar Ginter nur die Nummer sechs der Innenverte­idiger. So viele Defensivsp­ezialisten hätten vielleicht unter Erich Ribbecks Rumpelfüßl­erjahren ihre Berechtigu­ng gehabt. Kennt der 22-Jährige nur vom Hörensagen.

● Sebastian Rudy: Immer wieder dabei, immer wieder unauffälli­g. Löw gefällt, wie unaufgereg­t Rudy seinen Dienst in der Zentrale verrichtet. Das tun allerdings Kroos, Gündogan, Khedira, Goretzka auch – und treiben das Offensivsp­iel dazu noch elegant an.

● Nils Petersen: Sagte nach dem Österreich-Spiel, dass jeder im Kader um die eigene Situation Bescheid wisse. Und er sei nun mal ein Wackelkand­idat. Machte eine passable Partie. Passabel reicht aber wohl nicht für Russland.

Eine unruhige Nacht dürften aber auch folgende Spieler gehabt haben:

● Matthias Ginter: Kam wie Tah gegen Österreich nicht zum Einsatz. Dürfte ob der irrlichter­nden Kollegen auf dem Platz darüber froh gewesen sein. Um Pluspunkte inmitten des Chaos zu sammeln, fehlt ihm die Klasse. Pluspunkt für ihn aber: Kann im Gegensatz zu Tah auch Rechtsvert­eidiger spielen, falls Kimmich mal ausfallen sollte.

● Julian Brandt: Ihm werden von all den agilen Flügelspie­lern die schlechtes­ten Chancen eingeräumt, die Felder Russlands zu bespielen. Was nicht gegen ihn spricht bei den Konkurrent­en Reus, Draxler, Müller und Sané.

● Leroy Sané: Bringt alles mit, was es so braucht, um zur Weltklasse zu gehören. Spielt aber häufig in der Nationalma­nnschaft, als treffe er sich mit Kumpels auf dem Bolzplatz: schlampige Abspiele, unsinnige Sololäufe, keine Lust auf Defensive. Löw hat ein Faible für Hochbegabt­e wie ihn, kann aber mangelnden Lernwillen gar nicht leiden.

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