Kultur für alle
Zum Tod von Hilmar Hoffmann
Frankfurt/Main „Das himmlische Konto scheint weit überzogen“, sagte Hilmar Hoffmann vor seinem 90. Geburtstag. Da saß er noch immer täglich am Schreibtisch. Der Wahlfrankfurter war weit mehr als einer der bekanntesten Kulturpolitiker Deutschlands. Er war ein Begeisterer und Überzeuger, ein Kämpfer und Visionär. Am Freitagabend brach er auf dem Weg ins Krankenhaus tot zusammen. Er wurde 92 Jahre alt.
Bis ins hohe Alter war er gefragter Ratgeber und begnadeter Erzähler von Anekdoten. „Die Marginalien einer solchen Verantwortung sind oft viel interessanter als die Ergebnisse“, sagte der Bremer Kaufmannssohn zu seinem 90. Geburtstag. 20 Jahre lang prägte er als Kulturdezernent Frankfurt. Fast zehn Jahre lang war er Präsident des Goethe-Instituts. Er schrieb an die 50 Bücher und hatte mit dem Wahlspruch „Kultur für alle!“1979 eine Parole ausgegeben, deren Erfüllung noch heute in weiter Ferne liegt. Kultur sah er als „Lebenselixier“, man brauche sie, „um ein ganzer Mensch zu werden“. Frank- furt machte er zwischen 1970 und 1990 zu einer Kulturmetropole – die Stadt emanzipierte sich vom Image der kalten Geldstadt. In seiner Amtszeit eröffneten Museen wie am Fließband, 15 Stück. Nicht nur die bildende Kunst fand er museumsreif, er gründete das erste Filmmuseum, das erste Architekturmuseum, das erste jüdische Museum Deutschlands.
Als Präsident des Goethe-Instituts war er „ein Glücksfall“, wie ExBundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher zum 85. Geburtstag anmerkte. Fünf Jahre leitete Hoffmann danach die von ihm gegründete „Stiftung Lesen“. Er kämpfte gegen die Rechtschreibreform und schrieb ein Buch nach dem anderen – er schrieb mit der Hand oder diktierte, er besaß weder Handy noch Computer.