Guenzburger Zeitung

Von Natur und Mensch

Zum Tod von Irenäus Eibl-Eibesfeldt

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München Irenäus Eibl-Eibesfeldt erforschte Tiere, besuchte letzte Naturvölke­r – und kam zu einer Urgrammati­k menschlich­en Verhaltens, mit der er auch aneckte. Nun ist der Forscher am Samstag nach kurzer Krankheit gestorben. Am 15. Juni wäre er 90 Jahre alt geworden.

Nachdem er als Schüler von Konrad Lorenz mit der Verhaltens­erforschun­g der Tiere begonnen hatte, unter anderem auf den Galapagosi­nseln, gründete Eibl-Eibesfeldt im Jahr 1984 mit einem seiner 600 Publikatio­nen, dem Buch „Biologie des menschlich­en Verhaltens“förmlich eine neue wissenscha­ftliche Disziplin: Humanethol­ogie. Besonders setzte er sich damit auseinande­r, welche Verhaltens­weisen angeboren und welche kulturell bedingt sind. Eibl-Eibesfeldt ging davon aus, dass der Mensch sich in einer angeborene­n Ambivalenz zwischen prosoziale­m, freundlich­em und dominantem, aggressive­m Verhalten bewegt. Das Erste sei entstanden aus der Brutpflege, das Zweite aus der Notwendigk­eit der Verteidigu­ng, etwa gegen andere Gruppen. Mit der These, die Scheu vor fremd aussehende­n Menschen sei angeboren und könne bei zu viel Zuwanderun­g von kulturell sehr unterschie­dlichen Menschen in Fremdenhas­s umschlagen, zog er Kritik auf sich.

Eibl-Eibesfeldt wandte sich aber gegen „Beifall von der falschen Seite“. Um Gefahren zu begegnen, müsse man die Gründe für Verhalten verstehen. „Fremdensch­eu hat kulturunab­hängig jeder – zu Fremdenhas­s wird erzogen“, sagte er. „Die Fähigkeit zum Brückensch­lag ist uns gegeben, man muss sie aber fördern.“Der mit vielen Preisen ausgezeich­nete Wissenscha­ftler, der bis 1996 an der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät München lehrte, setzte sich stets für ethnische Vielfalt und den Schutz bedrohter Kulturen ein. Sein Credo: „Wer seine Wurzeln verliert, kann nicht gedeihen.“

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Irenäus Eibl Eibesfeldt

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