Ein Notfallpflaster von der Wiese und dazu eine Unkrautschorle
Was man mit Kräutern alles machen kann, zeigt ein besonderer Besuch in Burtenbach
Burtenbach Was darf’s denn sein? Eine Ingwer-Limetten-Limo, ein Wildkräuter-Spritz oder vielleicht eine Unkrautschorle? In jedem Fall machen die Namen der Getränke, die Angelika Gross, Renate Gaa und Carmen Roschmann gestern beim Kräutertag im Schertlinpark in Burtenbach anbieten, neugierig. Und: So „unkrautig“ist die Unkrautschorle gar nicht: Apfelsaft und Mineralwasser, für das besondere Aroma sorgen Gundermann, Minze und Giersch.
Bei der Ingwer-Limetten-Limo sind es Minzblätter und Ingwerscheiben, die zusammen mit Honig dem Limettensaft einen unverwechselbaren Geschmack verleihen. Ähnlich ist es bei der Kräutersoße zu den Steaks am Stand daneben: Drei Stunden lang hat Hans Zech geschnitten, gehobelt und gerührt: Schnittlauch, Petersilie und Dill zu Zwiebeln, Knoblauch und Paprika. Eines haben die Unkrautschorle und die Kräutersoße gemeinsam: Das unverwechselbare Aroma der Zutaten aus dem eigenen Garten oder von solchen, die auf den heimischen Wiesen zu finden sind.
Küchenkräuter, aber auch Wildund Heilkräuter sind nach wie vor beliebt und nicht nur als Beigabe für den feinen Geschmack kulinarischer Köstlichkeiten. Was kann man denn sonst noch alles aus Wildkräutern machen?
Am Stand von Charlotte Kistenmacher und Bernd Wörz gibt es neben Kräuterlikören, Löwenzahnblüten-Honig und GänseblümchenGelee auch Brennessel- und Gundermann-Senf. Vieles lässt sich auch selbst und relativ einfach herstellen. Charlotte Kistenmacher ist Kräuterpädagogin und bietet dazu regelmäßig Kräuterspaziergänge an.
Dass man Kräuter auch ganz anders wahrnehmen kann, zeigt André Heichel, ebenfalls Kräuterpädagoge und Räucherfachmann. Getrocknete Kräuter auf brennender Räucherkohle in Räucherschalen verbreiten ganz außergewöhnliche Düfte. Dazu hält er verschiedene Mischungen – Geheimrezepte, wie er sagt – bereit. Das Räuchern von Kräutern ist übrigens vor allem in ländlichen Gebieten eine alte Tradition. Und dass es auch Kerzen gibt, die Auszüge aus Heilkräutern enthalten – für jede Lebenslage gibt es dazu verschiedene Sorten – war bis zu diesem Zeitpunkt so manchem Besucher ebenfalls nicht bekannt.
Die Anzahl der Teilnehmer bei kurzen Wildkräuterführungen zeigt, dass das Thema Kräuter nicht aus der Mode gekommen ist. Heichel, der als Führer fungiert, erklärt die Wirkung des Spitzwegerichs und des Breitwegerichs als „Notfallpflaster von der Wiese“, beispielsweise bei einem Mückenstich: „Das Blatt zerreiben und auf den Stich auflegen.“Spitzwegerich kauen helfe gegen Husten oder Halsschmerzen. Optimal sei, ihn als Tinktur zu verwenden, gleichzeitig eigne er sich auch hervorragend, indem man einige Blätter in den Salat zupfe. Ein Breitwegerichblatt in die Schuhe gelegt, helfe sogar gegen Blasen an den Füßen. Spitzwegerich aber auch Brennnessel könne man problemlos im Herbst ausgraben und über den Winter halten.
Heichel geht auch auf den Giersch ein, vom Aroma her Möhre, Petersi- lie und Sellerie in einem. Für alle Gerichte, bei denen man dieses Gemüse verwenden könne, passe auch der Giersch dazu. Allerdings sollten Verwechslungen ausgeschlossen werden. Heichel erklärt es so: „Drei Mal drei, dann ist der Giersch dabei: Dreikantiger Stängel, drei Fiederblätter, die dann noch drei Mal unterteilt sind.“Dann sei man auf der sicheren Seite. Ganz besonders eigne sich der Giersch klein geschnitten und über Bratkartoffeln gestreut. Gerade jetzt sei es besonders schmackhaft, die Blüten herzunehmen, in Pfannkuchenteig zu tunken und auszubacken.
Giersch sei mit seinen vielen Inhaltsstoffen keimtötend, desinfizierend, entschlackend und verfüge über ganz besonders viel Vitamin C. 100 Gramm Kopfsalat habe gerade einmal 13 Milligramm, beim Giersch seien es 222, bei der Brennnessel sogar 333 Gramm. „Unsere Wildkräuter geben uns viel mehr Mineralstoffe und Spurenelemente als irgendein Zuchtgemüse oder irgendeine Tablette“, betont der Kräuterpädagoge. Das wichtigste sei, nicht allzu viel davon, aber immer wieder andere Kräuter. Weiter erklärt Heichel die wundheilende Wirkung der Gundelrebe. Dass das Habichtskraut allerdings zu einem besseren Sehvermögen verhelfe, das sei bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen.
Der Schertlinpark zeigte sich am Sonntag mit einer Fülle an Kräutern und mit all ihren Verwendungsmöglichkeiten. Auch viele Dekoartikel wurden angeboten. Schon eine Stunde vor Beginn machten es die Besucherzahlen deutlich: Kräuter liegen nach wie vor im Trend.