Sánchez will auf Separatisten zugehen
Der neue sozialistische Ministerpräsident will Katalonien mit der Aussicht auf mehr Föderalismus locken
Madrid Spaniens neuer sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez will keine Zeit verlieren und sich möglichst bald mit den katalanischen Separatisten an einen Tisch setzen. Regierungssprecherin Isabel Celaá bestätigte, dass sich Sánchez „vermutlich vor dem Sommer“mit dem katalanischen Ministerpräsidenten Quim Torra zu direkten Gesprächen treffen wolle. Dabei sollen Positionen ausgetauscht, mögliche Lösungen des Katalonien-Konflikts ausgelotet und die angespannten Beziehungen „normalisiert“werden.
Das Thema Katalonien, wo die regierenden Separatisten die Unabhängigkeit der spanischen Region einfordern, steht ganz oben auf der Prioritätenliste der neuen spanischen Staatsregierung. Als erstes Zeichen für einen neuen Stil im Umgang mit Katalonien entschied das Kabinett, die bisherige finanzielle Kontrolle der katalanischen Regionalregierung aufzuheben. Seit Monaten mussten alle Ausgaben von Madrid genehmigt werden, um zu verhindern, dass öffentliche Gelder für illegale Schritte Richtung Unabhängigkeit ausgegeben werden.
Eine Maßnahme der Vertrauensbildung – und vielleicht nicht die letzte. Spaniens Regierungssprecherin Celaá versicherte, dass Sánchez das Klima mit der katalanischen Regionalregierung, der seit Mitte Mai Quim Torra vorsteht, entspannen will. „Es ist dringend notwendig, einen Dialog mit Katalonien zu beginnen.“Celaá machte aber auch gleich klar, wo die Grenzen der Verhandlungsbereitschaft liegen: Eine Unabhängigkeit Kataloniens, wie sie Torra und seine Separatistenregierung verlangen, wird es auch mit Spaniens neuer Sozialistenregierung nicht geben. Der Dialog müsse „mit der Verfassung in der Hand“geführt werden, sagte Celaá. Spaniens Verfassung sieht, ähnlich wie die Grundgesetze der meisten europäischen Staaten, die Abspaltung eines Territoriums nicht vor.
Regierungschef Sánchez deutete bereits an, was er der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung anbieten könnte: Eine größere Anerkennung des katalanischen Volks, das stolz auf seine eigene Geschichte, Identität und Sprache ist. Sánchez: „Spanien ist eine Nation. Aber innerhalb Spaniens gibt es auch Territorien, die sich als Nation empfinden und die durchaus unter einem Dach leben können.“
Mehr Autonomierechte, ein gerechterer Finanzausgleich und weniger staatliche Gängelung. Auch eine Verfassungsänderung, um Spanien zu einem echten Föderalstaat zu entwickeln, kann er sich vorstellen. Das sind die Rezepte, mit denen Sánchez versuchen will, die katalanische Regionalregierung zu besänftigen. Doch bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein.
Die harte Konfrontation in den letzten Monaten zwischen Madrid und Barcelona hat viel Misstrauen und verbrannte Erde auf beiden Seiten hinterlassen. Zwischen dem früheren katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont und Spaniens ehemaligem konservativen Regierungschef Mariano Rajoy war keine Annäherung möglich. Nun gibt es eine neue Chance. Spaniens neuer Premier Pedro Sánchez setzt auf eine Formel, die er zum Credo seiner Amtszeit machen will: „Zuhören, reden und zu Vereinbarungen kommen.“