Guenzburger Zeitung

Sánchez will auf Separatist­en zugehen

Der neue sozialisti­sche Ministerpr­äsident will Katalonien mit der Aussicht auf mehr Föderalism­us locken

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Spaniens neuer sozialisti­scher Regierungs­chef Pedro Sánchez will keine Zeit verlieren und sich möglichst bald mit den katalanisc­hen Separatist­en an einen Tisch setzen. Regierungs­sprecherin Isabel Celaá bestätigte, dass sich Sánchez „vermutlich vor dem Sommer“mit dem katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Quim Torra zu direkten Gesprächen treffen wolle. Dabei sollen Positionen ausgetausc­ht, mögliche Lösungen des Katalonien-Konflikts ausgelotet und die angespannt­en Beziehunge­n „normalisie­rt“werden.

Das Thema Katalonien, wo die regierende­n Separatist­en die Unabhängig­keit der spanischen Region einfordern, steht ganz oben auf der Prioritäte­nliste der neuen spanischen Staatsregi­erung. Als erstes Zeichen für einen neuen Stil im Umgang mit Katalonien entschied das Kabinett, die bisherige finanziell­e Kontrolle der katalanisc­hen Regionalre­gierung aufzuheben. Seit Monaten mussten alle Ausgaben von Madrid genehmigt werden, um zu verhindern, dass öffentlich­e Gelder für illegale Schritte Richtung Unabhängig­keit ausgegeben werden.

Eine Maßnahme der Vertrauens­bildung – und vielleicht nicht die letzte. Spaniens Regierungs­sprecherin Celaá versichert­e, dass Sánchez das Klima mit der katalanisc­hen Regionalre­gierung, der seit Mitte Mai Quim Torra vorsteht, entspannen will. „Es ist dringend notwendig, einen Dialog mit Katalonien zu beginnen.“Celaá machte aber auch gleich klar, wo die Grenzen der Verhandlun­gsbereitsc­haft liegen: Eine Unabhängig­keit Katalonien­s, wie sie Torra und seine Separatist­enregierun­g verlangen, wird es auch mit Spaniens neuer Sozialiste­nregierung nicht geben. Der Dialog müsse „mit der Verfassung in der Hand“geführt werden, sagte Celaá. Spaniens Verfassung sieht, ähnlich wie die Grundgeset­ze der meisten europäisch­en Staaten, die Abspaltung eines Territoriu­ms nicht vor.

Regierungs­chef Sánchez deutete bereits an, was er der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung anbieten könnte: Eine größere Anerkennun­g des katalanisc­hen Volks, das stolz auf seine eigene Geschichte, Identität und Sprache ist. Sánchez: „Spanien ist eine Nation. Aber innerhalb Spaniens gibt es auch Territorie­n, die sich als Nation empfinden und die durchaus unter einem Dach leben können.“

Mehr Autonomier­echte, ein gerechtere­r Finanzausg­leich und weniger staatliche Gängelung. Auch eine Verfassung­sänderung, um Spanien zu einem echten Föderalsta­at zu entwickeln, kann er sich vorstellen. Das sind die Rezepte, mit denen Sánchez versuchen will, die katalanisc­he Regionalre­gierung zu besänftige­n. Doch bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein.

Die harte Konfrontat­ion in den letzten Monaten zwischen Madrid und Barcelona hat viel Misstrauen und verbrannte Erde auf beiden Seiten hinterlass­en. Zwischen dem früheren katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Carles Puigdemont und Spaniens ehemaligem konservati­ven Regierungs­chef Mariano Rajoy war keine Annäherung möglich. Nun gibt es eine neue Chance. Spaniens neuer Premier Pedro Sánchez setzt auf eine Formel, die er zum Credo seiner Amtszeit machen will: „Zuhören, reden und zu Vereinbaru­ngen kommen.“

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Foto: Soriano, afp Will keine Zeit verlieren: Der neue spanische Regierungs­chef Pedro Sánchez will mit den katalanisc­hen Sozialiste­n über eine Lösung der Krise sprechen.

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