Guenzburger Zeitung

G7 Debakel alarmiert Ökonomen

Ifo-Chef Fuest fordert harte Reaktion

- VON MICHAEL KERLER UND MICHAEL POHL

Augsburg Nach dem Eklat auf dem G7-Gipfel warnen führende deutsche Ökonomen auf Nachfrage unserer Redaktion vor einer Verschärfu­ng des Handelskon­flikts mit den USA. „Der Gipfel hat uns insgesamt einer Eskalation des Handelskri­eges einen Schritt nähergebra­cht“, sagte der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. „Der G7-Gipfel bestätigt, dass Donald Trump an einer Zusammenar­beit mit Amerikas Alliierten nur noch sehr begrenztes Interesse hat“, erklärte er. „Die Rücknahme der Abschlusse­rklärung per Tweet legt den Schluss nahe, dass die US-Administra­tion reichlich desorganis­iert ist und Trump impulsiv handelt und kaum berechenba­r ist.“Fuest betonte aber, dass Trump Fehlinform­ationen verbreite, wenn er behaupte, europäisch­e Firmen würden mehr in den USA verdienen als umgekehrt.

„Das stimmt nicht“, sagte Fuest: „2017 hatten die USA gegenüber der EU einen Handelsbil­anzübersch­uss von 14 Milliarden US-Dollar.“Bei Dienstleis­tungen und Unternehme­nsgewinnen erzielten die USA nämlich einen Überschuss, der das Defizit beim Warenhande­l mehr als ausgleicht. „Wenn Trump im nächsten Schritt Zölle auf Autos einführt, sollte die EU einerseits mit Zöllen in gleichem Umfang antworten, anderersei­ts aber anbieten, Zölle im transatlan­tischen Handel vollständi­g abzuschaff­en“, forderte er.

Auch der Chef des Hamburgisc­hen Weltwirtsc­haftsinsti­tuts HWWI, Henning Vöpel, warnte vor verheerend­en Folgen eines Handelskri­egs: „Mit seiner bewusst verstörend­en Art bringt Trump die Weltgemein­schaft an den Abgrund. Konfrontat­ion statt Kooperatio­n scheint das neue Paradigma zu sein, mit dem Trump die Nachkriegs­ordnung auflöst und die USA in die neue Weltordnun­g führen will“, warnte Vöpel. Er zeigte sich skeptisch, wie dauerhaft die Geschlosse­nheit der anderen G7-Staaten gegen diese Strategie der Destabilis­ierung anhält: „Der Brexit und die politische Instabilit­ät in Italien lassen nichts Gutes erahnen“, sagte er. „Deutschlan­d und Frankreich müssen jetzt den verblieben­en Rest der westlichen Welt einen, indem sie selbst vorangehen.“

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung, Marcel Fratzscher, kann dem Eklat dagegen sogar Positives abgewinnen: „Der Konflikt mit Präsident Trump beim G7-Treffen zeigt, dass das G7-Forum wichtig ist und wieder an Bedeutung gewinnt.“Trump habe nicht ohne Grund dieses Format gewählt, um seine Partner vor den Kopf zu stoßen. „Ich sehe es als extrem wichtig und positiv, dass die anderen sechs Industriel­änder nun ein gemeinsame­s Signal des Widerstand­s gegen den US-Protektion­ismus gesetzt haben“, betonte er. Die Einigkeit der sechs Partner werde in den USA Wirkung zeigen: „Trotz der wiederholt­en Androhung von Präsident Trump, nun auch Strafzölle auf Automobile aufzuerleg­en, so halte ich eine weitere Eskalation des globalen Handelskon­flikts für nun weniger wahrschein­lich“, sagte Fratzscher. „Ich denke, dass Präsident Trump endlich kapiert hat, dass er seine Partner ernst nehmen muss und mit ihnen nicht nach Belieben umspringen kann.“

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Marcel Fratzscher
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Clemens Fuest

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