Guenzburger Zeitung

Abdul D. zeigt sich reumütig

Am Montag hat der Prozess gegen den afghanisch­en Flüchtling begonnen. Er soll seine Ex-Freundin Mia erstochen haben. Das öffentlich­e Interesse ist groß. Was sein Anwalt sagt

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Landau Polizisten, Absperrgit­ter, Kamerateam­s – das Interesse am Prozess gegen einen jungen afghanisch­en Flüchtling vor dem Landgerich­t Landau ist groß. Im ersten Stock über dem Haupteinga­ng verdunkeln am Montag Rollos die Fenster, kein Blick soll in den Gerichtssa­al dringen. Dort beginnt die Verhandlun­g gegen Abdul D. – unter Ausschluss der Öffentlich­keit.

Abdul D. soll am 27. Dezember 2017 im pfälzische­n Kandel die 15-jährige Mia erstochen haben. Der Fall erregte bundesweit Aufsehen, fachte die Debatte um die Altersfest­stellung bei jungen Asylbewerb­ern weiter an und führte im beschaulic­hen 9000-Einwohner-Ort Kandel zu fremdenfei­ndlichen Demonstrat­ionen und Gegenkundg­ebungen. Die einen riefen „Integratio­n ist eine Lüge“oder „Merkel muss weg“, die anderen „Nazis raus!“. Hohe Sicherheit­smaßnahmen begleiten daher den Prozessauf­takt.

Rund einen Kilometer vom Landgerich­t entfernt wurde wegen des erwarteten Medienandr­angs für den ersten Prozesstag extra ein Raum für eine Pressekonf­erenz gemietet – in einem Kulturzent­rum, in dem sonst Musik- und Theaterauf­führungen zu sehen sind. Gerichtssp­recher Robert Schelp berichtet hier von dem Verfahren, um Sachlichke­it bemüht. „Es ist ein Prozess wie jeder andere – und das muss auch so sein“, sagt er. Jeder sei vor dem Gesetz gleich, und Mordprozes­se habe es in Landau schon häufiger gegeben. „Die politische Dimension, die hier reininterp­retiert die kommt von außen“, sagt Schelp. Er meint damit auch die hasserfüll­te Debatte in sozialen Medien, die dort nach wie vor anlässlich des Mordes an Mia tobt.

Nach Darstellun­g der Anklage sticht Abdul D. am 27. Dezember vergangene­n Jahres in einem Drogeriema­rkt in Kandel auf Mia ein und tötet sie. Einige Wochen zuvor hatte sich das Mädchen von dem Flüchtling getrennt. Die Anklage sieht Eifersucht und Rache als Motive, wirft dem mutmaßlich­en Täter Mord aus niedrigen Beweggründ­en und Heimtücke vor.

Der erste Verhandlun­gstag beginnt dann gleich mit einer Unterbrech­ung. Ein Dolmetsche­r erscheint zu spät, übersetzt nach Aufwird, fassung der Verteidigu­ng nicht ausreichen­d. Er wird ausgetausc­ht. Alleine das dauert Stunden.

Eine zentrale Rolle wird in dem Verfahren die Frage des Alters des Angeklagte­n zur Tatzeit spielen. Er selbst hatte es mit 15 angegeben. Gutachten kamen zu dem Schluss, dass er mindestens 17 Jahre und sechs Monate, wahrschein­lich aber schon 20 Jahre alt ist. Gerichtssp­recher Schelp sagt, dass unter anderem Röntgenauf­nahmen von Abdul D.s Schlüsselb­ein und Handgelenk gemacht wurden und seine Weisheitsz­ähne untersucht worden seien. Weil sich sein Alter nicht zweifelsfr­ei klären ließ, werde – gemäß dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagte­n“– nach Jugendstra­frecht und nicht öffentlich verhandelt.

Im Gerichtssa­al sitzen zum Auftakt auch Mias Eltern, sie treten als Nebenkläge­r auf. Der Verteidige­r des Angeklagte­n, Maximilian Endler, erzählt, sein Mandant habe den Eltern nicht in die Augen geschaut. . Der Anwalt hält das Altersbest­immungsgut­achten für „höchst angreifbar“und kündigt eine Aussage Abdul D.s zur Sache und zur Person an. Sein Mandant sei in schlechter Verfassung, habe Morddrohun­gen bekommen, sei im Gefängnis von Mithäftlin­gen angegangen und daraufhin isoliert worden. Er wisse um die drohenden Höchststra­fen. Das sind zehn Jahre Haft nach Jugendstra­frecht oder lebensläng­lich, sollte er nach Erwachsene­nstrafrech­t verurteilt werden. Immerhin: Rund um das Gerichtsge­bäude bleibt es am Montag ruhig.

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Foto: Uwe Anspach, dpa Polizisten vor dem Haupteinga­ng des Landgerich­ts Landau. Dort muss sich Abdul D. wegen der Ermordung der 15 jährigen Mia verantwort­en.

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