Guenzburger Zeitung

Ein neues Haus für Schätze der Menschheit

Bei den Pyramiden entsteht das neue Ägyptische Museum – mit deutscher Hilfe

-

Kairo Der Ausblick von der wichtigste­n Baustelle Ägyptens könnte schlechter sein. Über der vor Hitze flirrenden Sahara erhebt sich das Weltwunder Stufe für Stufe. Die Seiten der mächtigen Cheops-Pyramide laufen zu einer Spitze zusammen, die schon mehr als 4500 Jahre über der Wüste, dem Nil und seit einigen Jahrzehnte­n über dem Kairoer Moloch thront.

Zwei Kilometer entfernt rennen unzählige Menschen in gelben Westen durcheinan­der, um ein neues Wunder fertig zu bekommen. Das Piepen rückwärts fahrender Laster schrillt über die halbfertig­e Anlage, auf der das Große Ägyptische Museum gebaut wird. Hier sollen bald einige der größten Kulturschä­tze der Menschheit ausgestell­t werden. Noch dieses Jahr – so zumindest der offizielle Plan – sollen die Galerien mit den Schätzen aus der Grabkammer von Pharao Tutanchamu­n sowie eine riesige Treppe voller antiker Statuen eröffnen.

Das scheint ambitionie­rt: An der Betonfassa­de des neuen Gebäudes türmen sich Sandhaufen, die den Blick auf Rohre und Kabel im tiefen Erdreich eröffnen. Überall lehnen Baugerüste, das Gebäude ist teilweise eher ein Stahlgerip­pe. Im gewaltigen Atrium steht zwar schon Ramses II. Doch statt der gigantisch­en Treppe in die Galerien überblickt der Elf-Meter-Koloss nur eine unfertige Konstrukti­on. Hat da jemand was von einer Eröffnung 2018 gesagt?

„Die Arbeiten an dem Museum gehen nach Plan. Es sollte machbar sein“, meint Museumsdir­ektor Tarik Taufik, klingt dabei aber selbst zögerlich. Wenn es dieses Jahr nicht mehr klappe mit der Eröffnung des ersten Teils, dann halt zu Beginn des nächsten Jahres, sagt er. Bis 2022 soll dann das Große Ägyptische Museum komplett fertig sein.

Doch am Ende soll sich das Warten lohnen. Erstmals in der Geschichte werden die sensatione­llen Schätze genug Platz haben. Bis jetzt verstauben sie – didaktisch mangelhaft aufbereite­t – im Ägyptische­n Museum im Zentrum Kairos. Diese Indiana-Jones-Dachbodenr­omantik soll durch eine moderne Ausstellun­g abgelöst werden. Jedes Exponat – von kleinen Grabbeigab­en bis zum Granitkolo­ss – soll in seinen umfassende­n historisch­en Kontext eingebunde­n werden. Das gilt auch für das Herzstück des Großen Ägyptische­n Museums, der Ausstellun­g um Kindskönig Tutanchamu­n, dessen Grabkammer 1922 von Howard Carter in Luxor entdeckt wurde: „Wir wollen den Menschen hinter der goldenen Maske vorstellen“, erklärt Taufik.

Der Museumsdir­ektor stützt sich dabei auf deutsche Hilfe: das Stuttgarte­r Atelier Brückner hat die Ausstellun­g zum Pharao entworfen. Geschäftsf­ührerin Shirin FrangoulBr­ückner sagt, es gehe bei ihrem Konzept darum, nicht nur Artefakte, sondern auch Inhalte endlich zugänglich zu machen. Dafür haben die deutschen Planer beste Voraussetz­ungen: „Wir haben Ausstellun­gsgalerien, die enorm groß sind. Also Flugzeugha­ngar-groß“, so Frangoul-Brückner. So misst einer der Säle für die Grabbeigab­en Tutanchamu­ns 230 Meter.

Diese Ausmaße braucht es aber auch: Wenn alle Hallen komplett eröffnet sind, sollen sie 50 000 Artefakte in der ständigen Ausstellun­g beherberge­n. Mehr als die Hälfte davon wurde Direktor Taufik zufolge noch nie gezeigt.

 ?? Foto: Gehad Hamdy, dpa ?? Überall noch Sand und Stahl. Nur Ram ses II. steht schon im neuen Ägyptische­n Museum.
Foto: Gehad Hamdy, dpa Überall noch Sand und Stahl. Nur Ram ses II. steht schon im neuen Ägyptische­n Museum.

Newspapers in German

Newspapers from Germany