Darf Beyoncé neben Mona Lisa tanzen?
Spektakulärer Videodreh im Pariser Louvre entzweit Kunst- und Kulturkenner
Paris Ist es eine Hommage an einen der herausragendsten Orte der Kunst schlechthin, die diesem ein Millionenpublikum beschert? Oder ließ sich ausgerechnet das mit 8,1 Millionen Gästen im Jahr 2017 meistbesuchte Museum der Welt instrumentalisieren als bloße Kulisse für größenwahnsinnige Superstars, die damit zeigen, dass für sie alles käuflich ist – sogar der Louvre? Dass der Videoclip zum Song „Apes**t“( gesprochen: Apeshit) aus dem neuen Album „Everything Is Love“des US-amerikanischen Promi-Paars Beyoncé und Jay-Z im einstigen Sitz der französischen Könige gedreht wurde, spaltet die Pariser Kulturszene.
Bekleidet mit einem altrosa (sie) und mintgrün (er) schimmernden Kostüm und in statischer Pose in- szenieren sich die Popdiva und der Rapper in den altehrwürdigen Sälen, die menschenleer sind. Gedreht wurde in zwei Nächten hintereinander Ende Mai und Anfang Juni. Die Kamera nähert sich im Takt der Musik Beyoncé und Jay-Z, die zunächst mit dem Rücken zur Mona Lisa stehen.
Der folgende durchchoreografierte Film steckt voller Anspielungen, ob auf den Gegensatz zwischen klassischer Kunst und moderner Popkultur oder die schwarze Hautfarbe des Musiker-Paars. So imitiert Superstar Beyoncé das zuvor gezeigte Motiv des Gemäldes „Porträt einer schwarzen Frau“von MarieGuillemine Benoist: Es handelt sich um eines der wenigen Werke dieser Zeit um 1800, das eine schwarzhäutige Person nicht als Sklavin abbildet.
Doch über die Absichten der Mu- siker hinaus stellt sich die Frage, ob der sechsminütige Clip dem Louvre mehr schadet oder nützt. Ist er vulgär? Der künstlerisch-historischen Dimension des Museums nicht würdig? Oder beweist die Institution damit, dass sie mit der Zeit zu gehen und ganz neue Interessenten anzuziehen weiß? Zum ersten Mal sei der Louvre nicht nur Dekor, sondern Hauptdarsteller auf einer Ebene mit dem Sänger-Paar, befindet die Zeitung Le Monde.
Innerhalb kurzer Zeit wurde der Film Millionen Mal angesehen. Der Altersdurchschnitt der Fans dürfte deutlich unter jenem der klassischen Besucher im Louvre liegen, die zu 80 Prozent Touristen sind. Dementsprechend spürbar war der Einbruch nach den Pariser Terroranschlägen im Jahr 2015, der die Abhängigkeit der Museen von äußeren Faktoren aufzeigte. Umso mehr werden andere Einkommenskanäle gesucht, auch Leihgaben oder Kooperationen wie jene mit dem Louvre in Abu Dhabi gehören zum Beispiel dazu.
Was The Carters genau für den besonderen Drehort bezahlt haben, wird nicht bekannt gegeben, französische Medien sprechen von rund 20 000 Euro. Dreharbeiten auf der mehr als 70 000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche finden regelmäßig statt, ob zuletzt für den Film „Wonder Woman“oder 2003 für „The Da Vinci Code – Sakrileg“. Im vergangenen Jahr nahm das Museum mehr als 400 000 Euro durch Dreharbeiten ein, für die es seit 2014 eine extra Abteilung mit vier Mitarbeitern gibt.
Ob dies Zeichen von zunehmender Kommerzialisierung von Kunst ist oder von Modernität, das liegt im Auge des Betrachters.