Mehr Energie vom Dach
Der Landkreis möchte Menschen dazu animieren, mithilfe der Sonne Strom zu erzeugen. Dafür gibt es gute Argumente – aber auch Stolpersteine, die das erschweren
Der Landkreis möchte die Bürger dazu animieren, mithilfe der Sonne Strom zu erzeugen. Einiges spricht dafür, einiges dagegen.
Konzenberg/Landkreis Ist eine Solaranlage überhaupt noch rentabel? Bei den geringen Einspeisevergütungen wohl eher nicht, denken sich viele. Oder vielleicht doch? Tatsache ist: Nachdem die Preise für Solarmodule gesunken sind, lohnt es sich, zu rechnen. Mit dem Ende April eingeführten Solarkataster kann sich im Landkreis Günzburg jeder Hausbesitzer online informieren, inwieweit das Dach seines Hauses für eine Fotovoltaikoder eine Solarthermieanlage geeignet ist.
Seit 2012 gibt es im Landkreis den Energiepakt, ein Zusammenschluss nahezu aller Kommunen, die sich freiwillig zu verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet haben. Mit einem Infoabend im Gasthof Holzinger in Konzenberg startete am Mittwoch die Solaroffensive im Landkreis Günzburg. Nicht nur Bürgermeister und Gemeinderäte aus der Gemeinde Haldenwang und den umliegenden Kommunen, sondern auch einige Privatleute waren unter den Besuchern. In den nächsten Wochen sollen weitere Infoabende in anderen Orten des Landkreises stattfinden.
Eine Solaranlage rechne sich absolut, betonte Hans-Jörg Barth vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu (Eza). Habe es sich früher um Netzeinspeiseanlagen gehandelt, so gehe es heute vorrangig darum, den produzierten Strom selbst zu verbrauchen. Und genau darin liege der Gewinn. „Ich schaue, was ich an Strom brauche, und so wird die Anlage entsprechend dimensioniert.“
Bayern stehe auf der Sonnenseite Deutschlands, die Potenziale der vielen Dächer, auf denen sich eine Fotovoltaikanlage rechnen würde, seien gewaltig. Zwar sei tagsüber der Verbrauch des selbst produzierten Stroms am geringsten, dafür aber gebe es andere Möglichkeiten: Das Erzeugen von Warmwasser sei beispielsweise wirtschaftlicher als das Einspeisen. Mit einem am Verbrauch orientierten Batteriespeicher, dessen Größe von den Lastprofilen abhänge, lasse sich der mittags produzierte Strom dann, wenn man ihn benötige und was in der Regel abends der Fall sei, verbrauchen.
Ein wichtiger Baustein stelle der intelligente Verbrauch des in Spitzenzeiten produzierten Stroms dar – diesen also dann zu verbrauchen, wenn am meisten produziert wird. Das Fazit: Eine Solaranlage biete in jedem Falle mehr Rendite als das Sparbuch und verbessere die eigene Autarkie. Nicht zuletzt sei es eine gute Maßnahme, die Energiewende ein Stück weiterzubringen.
Zurück zum Solarkataster: Ziel sei es, dem Bürger ein OnlineWerkzeug an die Hand zu geben, mit dem dieser im Internet (www.solare-stadt.de/kreis-guenzburg) überprüfen kann, ob sich sein Dach für eine Fotovoltaikanlage zur Erzeugung elektrischen Stroms eignet, so Oliver Tuschinski, Klimaschutzmanager des Landkreises. Tuschinski demonstrierte bei der Infoveranstaltung, wie sich anhand des Wirtschaftlichkeitsrechners ermitteln lässt, wann sich das Vorhaben amortisiert und welchen Einfluss der Einsatz eines Batteriespeichers mit sich bringt.
Wie eine solche Anlage finanziert werden könne, darüber informierte Andreas Speinle von der Raiffeisenbank Aschberg: Einspeisevergütung ist gleich Tilgung, lautete seine Rechnung – durch die stark gefallenen Preise der Module lasse sich vieles einfacher handeln. Reinhard Uhl von den Lechwerken (LEW) zeigte verschiedene Konzepte auf, beispielsweise das einer Solar-Cloud des Versorgers: Kein physikalischer, sondern ein virtueller Speicher, bei dem Sonnenstrom abgegeben und anschließend wieder entnommen werden kann.
Bei der anschließenden Diskussion zeigten sich die Teilnehmer der Veranstaltung kritisch – nicht zu den Ideen und aufgezeigten Lösungen, sondern hinsichtlich wirtschaftlicher Interessen und vor allem der Politik: „Warum muss der Eigenverbrauch versteuert werden? Das ist genauso, wenn ich Radieschen pflanze und dafür bezahlen muss, wenn ich sie esse.“Aber auch der immens hohe Preis von Batteriespeichern kam zur Sprache: Warum sei man dabei noch so rückständig, wenn dennoch heutzutage nahezu jeder Gabelstapler mit Batterien fahre. Habe die Industrie da wirklich etwas verschlafen oder gelten da andere wirtschaftliche Interessen?
Winterbachs Bürgermeister Karl Oberschmid, zugleich Koordinator beim Energiepakt, brachte es letztlich auf den Punkt: „Es gibt noch viel zu tun im Bereich neuer Energien.“Man dürfe nicht alles pessimistisch sehen. Gerade, wenn man Rendite erwirtschafte und dann der „Kollege Staat“komme, der die Hand aufhalte und einen Teil davon wieder auffresse. Die Politik sei gefordert, die Weichen entsprechend zu stellen. „Der Norden hat den Wind, wir haben die Sonne. Wir sollten vor Ort unsere Möglichkeiten nutzen“, so Oberschmid.