Kann sich Europa behaupten?
Die Wirtschaft sorgt sich um die Zukunft des Kontinents. Weshalb Frankreichs Botschafterin deshalb gerade auf Deutschland setzt
Augsburg Ungarn, Polen, jetzt auch Italien … In vielen Ländern Europas haben immer mehr national denkende oder populistische Regierungen das Ruder übernommen. In der Wirtschaft betrachtet man dies mit Sorge: „Europa ist ein Friedensprojekt. Was ist dann aber ein zerfallendes Europa?“Das gab IHK-Präsident Andreas Kopton auf dem internationalen Sommerfest der Industrieund Handelskammer Schwaben zu bedenken, das wegen heftigen Regens dieses Jahr in das Gebäude ziehen musste. Wie es gelingen kann, „Populismus zu bekämpfen“und den „Bürgern Sicherheit zu gewährleisten“, dafür zeigte Frankreichs Botschafterin AnneMarie Descôtes eine Strategie auf, bei der Deutschland eine entscheidende Rolle spielt.
Descôtes, die zuvor Gast unserer Redaktion war, baut stark auf die deutsch-französische Freundschaft, um Europa in eine bessere Zukunft zu führen. „Die deutsch-französische Freundschaft ist mehr als nur ein Teil der Aufbauarbeit Europas“, sagte sie bei der IHK. Sie sei das „schlagende Herz der Neugründung Europas“. Für die Botschafterin ist eine erste große Herausforderung die Flüchtlingskrise, die zweite ist die Festigung der Wirtschafts- und Währungsunion. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten dafür auf ihrem Treffen kürzlich auf Schloss Meseberg wichtige Dinge auf den Weg gebracht, beispielsweise den Vorschlag, ein Budget für die Eurozone zu schaffen.
Frankreich wolle aber „keine Transferunion“, betonte sie – und keine Vergemeinschaftung alter Schulden. „Unsere beiden Länder haben beschlossen, die Zusammenarbeit innerhalb Europas zu vertiefen.“ Wichtige Beschlüsse seien zum Beispiel die Kooperation im Bereich der Forschung zur künstlichen Intelligenz, die Gründung eines Netzwerks zwischen den Universitäten und der Plan, gemeinsam einen neuen Militärjet für die Zukunft zu entwickeln.
Doch aus Sicht der Botschafterin genügt es nicht, wenn nur Deutschland und Frankreich zusammenarbeiten. Jetzt müsse man auch andere europäische Länder überzeugen. Sie bezog sich dabei vor allem auf die Flüchtlinge und die Wirtschaftsund Währungsunion. „Wie können wir gegenüber Amerika stark sein, wenn Europa nicht stark ist?“, fragte sie in der Podiumsdiskussion.
Ähnlich sah es Schwabens CSUChef Markus Ferber: „Wenn wir nicht stärker in Europa zusammenstehen, werden uns andere Kräfte auseinanderdividieren und uns zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen verschlingen“, meinte er. „Diese Leute sitzen in Washington, Moskau und Peking.“Ferber warnte aber vor einer tieferen Spaltung der EU in Euro- und Nicht-EuroStaaten, wenn die Eurozone nun ein eigenes Budget einführe, wie es Merkel und Macron planen.